Vier Milliarden Euro Erbschaftssteuer soll die Familie des verstorbenen Knorr-Bremse-Unternehmers Heinz Hermann Thiele bereits an ein Finanzamt in Bayern überwiesen haben. Offiziell gibt es dafür keine Bestätigung – es gilt das Steuergeheimnis. Dennoch: Die Summe steht im Raum. Und weckt Begehrlichkeiten.
Die Stadt Puchheim hat vergangene Woche die Haushaltssperre verhängt. Grund: Zu hoch die Ausgaben, zu gering die Einnahmen. Der Finanzausschuss suchte deshalb nach Ideen, wie die Stadt Geld generieren könnte. Und entschied dann einstimmig, man wolle sich darum bemühen, dass ein Teil des Erbes in Bayerns Städten und Kommunen ankommt.
Brief ans Finanzministerium wird demnächst formuliert
Einstimmig und über die Fraktionen hinweg habe der Finanzausschuss beschlossen, "dass wir ein Anschreiben an das Finanzministerium ausarbeiten und auch absenden. Das werden wir machen", sagt Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl im BR-Interview.
In dem Brief wolle man auf die kritische finanzielle Lage der eigenen Kommune hinweisen. Und auf die Lage der anderen Kommunen. "Es ist ja nicht so, dass wir hier alleine sind. Alle Kommunen haben wahnsinnig hohe Aufwendungen zu leisten", so Seidl. "Wir als Stadt Puchheim sind nicht das Armenhaus. Wir haben eine hohe Steuerkraft, aber wenn's uns schon trifft, dann trifft's andere noch mehr. Kommunen etwa, die die Krankenhäuser an der Backe haben, die sind nochmal ganz anders gefordert als wir".
Der Freistaat müsste Verantwortung dafür übernehmen, dass Kommunen weiterhin "funktionieren" können, so Seidl. Da gehe es auch um grundsätzliche Fragen – wie können Kommunen auf Dauer ihre Leistungen erfüllen?
Über wie viel Geld aus Thiele Erbe kann der Freistaat verfügen?
Zum konkreten Fall der möglicherweise milliardenschweren Erbschaftssteuer äußert sich das Bayerische Finanzministerium nicht. Ganz generell "stellen Einnahmen u.a. aus der Erbschaftsteuer nach § 7 Absatz 1 des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) ausgleichsrelevante Steuereinnahmen im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs dar", schreibt das Ministerium auf BR-Nachfrage in einer Mail. Heißt: Der Freistaat hat generell durch ein Milliardenerbe mehr Geld. Und das muss im Länderfinanzausgleich berücksichtigt und entsprechend umverteilt werden.
Wie viel von dem Geld dem Freistaat letztlich erhalten bleibt, ist zum jetzigen Zeitpunkt also völlig unklar. Denn: "Die konkreten Ergebnisse im Finanzkraftausgleich hängen im hochkomplexen Finanzausgleichssystem mit wechselseitigen Verflechtungen letztlich von den ganzjährigen Entwicklungen der Steuereinnahmen aller Bundesländer ab." Es bleibe also die abschließende Jahresabrechnung des dafür zuständigen Bundesministeriums der Finanzen abzuwarten.
Wunsch des Puchheimer Bürgermeisters: Rasen für Sportplatz
Ob und wie viel Geld von der Thiele-Erbschaftssteuer an Bayerns Städte und Kommunen verteilt werden könnte, ist zum jetzigen Zeitpunkt also unklar. Puchheims Bürgermeister Seidl hätte aber schon konkrete Ideen, wofür er zusätzliches Geld brauchen könnte: Eine Trafo-Station fürs Volksfest würde er gerne anschaffen. Und einen zusätzlichen Rasen für den Sportverein. Dinge, die aktuell finanziell nicht drin sind.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!