Laura Legradi deckt die Voliere der Kanarienvögel mit einer dicken Decke ab, denn den Piepmätzen ist es im Tierheim Erlangen zu kalt. Zu schlecht ist das Gebäude isoliert. Mit Blick in Richtung Dachfenster erzählt sie: "Jetzt, wo da Schnee auf den Dächern liegt, kommt hier einfach von allen Seiten Kälte rein." Kälte und Wasser. Bei starkem Regen tropft es von oben in die Zimmer. Zwei undichte Stellen im Dach mussten sie zuletzt reparieren lassen. Immer wieder fällt die Heizung aus. Seit den 80er-Jahren wird das ehemalige Wohnhaus als Tierheim genutzt. Der Sanierungsstau ist riesig – und so wie in Erlangen sieht es in vielen Tierheimen in Bayern aus.
Kritik vom Deutschen Tierschutzbund
Die Erlanger vertrauten dem Versprechen im Koalitionsvertrag, dass es für Sanierungsmaßnahmen in Tierheimen einen Fördertopf vom Bund geben soll. Doch im aktuellen Haushaltsentwurf des Bundes für 2026, der Ende der Woche im Bundestag verabschiedet werden soll, ist keine finanzielle Unterstützung für Tierheime vorgesehen.
Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund kritisiert diese Entscheidung: "Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag versprochen, Tierheime bei Investitionen zu unterstützen. Dieses Versprechen muss gehalten werden. Außerdem braucht es gesetzliche Regelungen, die dafür sorgen, dass weniger Tiere in den Tierheimen landen. Es bräuchte zum Beispiel ein Verbot des Onlinehandels mit Tieren, dass also nicht jeder unüberlegt Tiere im Internet kaufen kann, und es bräuchte eine bundesweite Kastrationspflicht für Katzen." Sie schätzt, dass der Investitionsstau in deutschen Tierheimen im dreistelligen Millionenbereich liegt. Die Tierschutzbeauftragte des Bundes verweist auf das Sondervermögen, das den Ländern und Kommunen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität zur Verfügung gestellt wird. Das könnten diese auch für die Unterstützung von Tierheimen verwenden.
Erlanger Tierheim lebt "von der Hand in den Mund"
Auch die Erlanger ächzen unter den Kosten. Sie sind voll belegt – mit 17 Hunden, 60 Katzen, 40 Kleintieren wie Hasen oder Hamstern und mehr als 100 Wildtieren. Getragen wird das Erlanger Tierheim durch einen Verein, der sich zu 90 Prozent aus Spendengeldern finanziert. Etwa 10 Prozent der Kosten trägt die Stadt.
Wolf Pröschel ist ehrenamtlicher Vorstand. Er berichtet, dass allein 40.000 Euro jeden Monat für Gehälter der 13 Mitarbeiter, für Tierarztkosten, Futter und Heizung draufgehen. "Wir leben hier von der Hand in den Mund und haben praktisch keine Rücklagen", sagt er.
Bayerische Förderung reicht nicht aus
Seit 2019 können Tierheime beim Freistaat Bayern Fördermittel beantragen, zum Beispiel für Sanierungen. Gut 1,5 Millionen Euro hat Bayern in diesem Jahr schon bewilligt. Auch die Erlanger nutzen diese Möglichkeit für einen Umbau im Katzenbereich. 20.000 Euro kostet der – die Hälfte davon bezahlt der Freistaat. Die Erlanger hatten nun auf den im Koalitionsvertrag vereinbarten, zusätzlichen Fördertopf vom Bund gehofft. Denn ihren Anteil vom Umbau müssen sie rein aus Spendengeldern stemmen.
Neben dem Geld wünscht sich Tierpflegerin Laura Legradi aber vor allem Anerkennung. Schließlich würden sie nicht nur den Tieren helfen, sondern auch den Menschen, die diese einfach manchmal abgeben müssten. Zum Beispiel, wenn sie selbst ins Pflegeheim müssen oder wenn der Tierhalter den Job verliert und das Tier einfach zu teuer wird. Sie sagt: "Wir sind hier alles - ein bisschen Seelsorger, Therapeut, Pausenclown und versuchen für gute Laune zu sorgen, obwohl uns gar nicht danach ist. Ich will, dass das mehr gesehen wird."
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!
