Eine Frau hatte in der Nähe der Münchner Theresienwiese mit einem Messer auf mehrere Menschen eingestochen und wurde von der Polizei erschossen.
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Eine Frau hatte in der Nähe der Münchner Theresienwiese mit einem Messer auf mehrere Menschen eingestochen und wurde von der Polizei erschossen.

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Tödliche Schüsse bei Messerangriffen – Wären sie vermeidbar?

Tödliche Schüsse bei Messerangriffen – Wären sie vermeidbar?

Nach tödlichen Schüssen auf eine Messerangreiferin in München wird erneut über das Vorgehen der Polizei diskutiert. Im Sommer des vergangenen Jahres war Ähnliches in einem Münchner Supermarkt passiert. Wären die Schüsse vermeidbar gewesen?

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Eine Frau verletzt Passanten mit einem Messer. Trotz Aufforderung durch die Polizei, das Messer abzulegen, hantiert sie laut Polizei weiter damit – die Beamten schießen und treffen die Frau tödlich. Nach diesem Vorfall am Samstagabend in München wird in den Kommentarspalten eifrig diskutiert: Waren die tödlichen Schüsse wirklich nötig?

Gesetz regelt den Schusswaffengebrauch

Um die Antwort vorwegzunehmen: vielleicht ja, vielleicht nein. In solchen Fällen untersucht das bayerische Landeskriminalamt (LKA), ob der jeweilige Einsatz von Dienstwaffen rechtmäßig war. Eine gesetzliche Vorgabe zur Abgabe von tödlich wirkenden Schüssen ist durch das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) vorhanden. Dort heißt es in Artikel 83:

"Schusswaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person ist."

LKA prüft die Fälle

Wie in solchen Fällen üblich, halten sich die Ermittler bei den tödlichen Schüssen von München mit Informationen bedeckt. Ob, und wenn welche anderen Mittel am Wochenende möglich gewesen wären, wird vom Landeskriminalamt geprüft.

Jemanden im Nahkampf zu entwaffnen, ist aber trotz vielleicht gegenteiliger Sehgewohnheiten oft keine Option. Fernsehkrimis zeigen gerne einen Messerangreifer, der durch ein paar schnelle Griffe überwältigt wird. Das Messer schlittert mehrere Meter weit über den Boden. Allein die Realität sieht anders aus. Es gibt kein Drehbuch, niemand weiß, was in den nächsten Sekunden passieren wird.

Im polizeilichen Einsatztraining werden solche Szenarien geübt. Dabei wird deutlich, dass ein Angreifer eine Strecke von sieben Metern in rund zwei Sekunden zurücklegen und einen Beamten verletzen kann, sofern der Polizist nicht schneller reagiert als der Angreifer. Dennoch gilt: Möglicherweise tödliche Schüsse sind nur dann erlaubt, wenn keine anderen Mittel einsetzbar waren, um einen Angreifer zu stoppen.

Neue Diskussion um sogenannte Taser

Bei einem ähnlichen Fall im vergangenen August in einem Münchner Supermarkt wurde bekannt, dass die Beamten Pfefferspray gegen die Frau mit dem Messer eingesetzt haben sollen. Das Spray habe den Angriff aber nicht gestoppt. Wäre in dieser Situation ein Impulsdistanzgerät, ein sogenannter Taser, hilfreich gewesen, um Schüsse aus den Dienstwaffen zu vermeiden?

Die Diskussion, alle Polizeistreifen damit auszurüsten, ist auch jetzt wieder neu entflammt. Die bayerische Polizei verfügt über 230 solcher Geräte, die vor allem Spezial- und Unterstützungskommandos bei sich führen. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte der Überlegung, alle Streifenbesatzungen mit Elektroschockern auszurüsten, nach den tödlichen Schüssen im Supermarkt eine Absage erteilt: Taser seien keine "Allheilmittel".

Tatsächlich verläuft der Einsatz eines solchen Geräts, das zwei Kabel auf einen Angreifer verschießt, nicht immer erfolgreich: Elektroschockpistolen wirken nur auf eine bestimmte Entfernung, die bei bis zu fünf Metern liegt. Außerdem gibt es keine Garantie, dass die Nadeln mit den Elektroden die Kleidung durchdringen und den Impuls auslösen, der einen Angreifer stoppen kann.

Gewerkschaften sind für mehr Taser

Im vergangenen Jahr sind von der bayerischen Polizei solche Distanzimpulsgeräte mehr als einhundertmal eingesetzt worden. In den meisten Fällen reichte das Ziehen eines Tasers, um eine Situation zu entschärfen, ausgelöst wurden die Geräte in rund 30 Fällen. Die Polizeigewerkschaften DPolG und GdP sprechen sich für eine breitere Ausstattung der Polizei mit Tasern aus. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will solche Geräte erstmals auch für die Bundespolizei anschaffen.

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