Wollen als Mediziner in Deutschland arbeiten: Maksym Boltonosov und seine Frau Yuliia aus der Ukraine.
Wollen als Mediziner in Deutschland arbeiten: Maksym Boltonosov und seine Frau Yuliia aus der Ukraine.
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Maksym Boltonosov und seine Frau Yuliia aus der Ukraine sind beide Fach-Ärzte und ringen seit vier Jahren in Deutschland um ihre Anerkennung.
Bildrechte: Katrin Küx BR
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Maksym Boltonosov und seine Frau Yuliia aus der Ukraine sind beide Fach-Ärzte und ringen seit vier Jahren in Deutschland um ihre Anerkennung.

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Ukrainisches Ärzte-Paar bangt um Arbeitserlaubnis

Ukrainisches Ärzte-Paar bangt um Arbeitserlaubnis

In Deutschland herrscht Medizinermangel. Vor allem auf dem Land. Viele ausländische Ärzte warten lang auf ihre Zulassung. Wie hoch die bürokratischen Hürden sind, zeigt das Beispiel eines ukrainischen Fachärztepaares aus dem Landkreis Aschaffenburg.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Vor vier Jahren sind Maksym Boltonosov und seine Frau Yuliia mit ihren beiden Kindern aus der Ukraine ins unterfränkische Alzenau im Landkreis Aschaffenburg geflohen. Sie haben in Donezk Medizin studiert und 15 Jahre Berufserfahrung. Weil sie aus einem Nicht-EU-Land kommen, wird ihr Abschluss in Deutschland nicht anerkannt.

Bisher keine Anerkennung der Berufsausbildung in Deutschland

Nun wollen sie eine Kenntnisprüfung absolvieren. Die hat es in sich. "Sie umfasst alle medizinischen Bereiche, also für mich als HNO-Arzt, das ist auch Gynäkologie und Kardiologie, Chirurgie, alles, was wir an der Uni studiert haben", so Maksym Boltonosov.

Seine Frau und er bereiten sich gerade auf die Prüfung vor. Sie brauchen sie, um eine Approbation in Deutschland zu bekommen und als Arzt eigenverantwortlich arbeiten zu dürfen. Die Sprachkurse B1 und B2 sowie eine Fachsprachenprüfung in München haben die beiden bereits erfolgreich absolviert. Ein Schreiben der Regierung von Oberbayern brachte ihre berufliche Zukunft aber ins Wanken. Die Behörde ist in ganz Bayern für das Erteilen von Approbationen an nicht-EU-Bürger zuständig.

Ukrainer sollten polizeiliches Führungszeugnis bringen

Sie forderte die Ukrainer auf, ein polizeiliches Führungszeugnis aus ihrer Heimat zu besorgen. Das ist generell in Deutschland für eine Approbation nötig. Weil Maksym das aber vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges unmöglich erschien, wandte er sich an seinen Vorgesetzten in der Hals-Nasen-Ohrenpraxis. Der setzte sich ein. Seit einem Jahr arbeiten die beiden Fachärzte in Aschaffenburg - Yuliia Boltonosova als Gynäkologin in der Frauenklinik, Maksym Boltonosov in einer HNO-Gemeinschaftspraxis.

Sie sind als Assistenzärzte angestellt, befristet auf zwei Jahre, und dürfen nur unter Aufsicht eines Kollegen behandeln. "Ich hab unsere Landkreisabgeordnete, Judith Gerlach, angeschrieben, die Gesundheitsministerin von Bayern, damit sie sich einsetzt, um dieses Verfahren zu beschleunigen. Insbesondere das Problem mit seinem polizeilichen Führungszeugnis, was er besorgen sollte aus den besetzten Gebieten, wo er zuletzt tätig war", sagt Dr. Tobias Stripf.

Stripf ist Maksyms Vorgesetzter in der HNO-Gemeinschaftspraxis. Das Schreiben verfasste Stripf im Oktober. Anfang Dezember – als der BR im Rahmen der Recherche mit dem Gesundheitsministerium Kontakt aufnahm – bekam er Antwort: "Die Regierung von Oberbayern wird […] im Fall der Eheleute Boltonosov […] um die Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen zur persönlichen und beruflichen Zuverlässigkeit bitten. Damit dürfte das Problem gelöst sein."

Verfahren ziehen sich über Monate oder Jahre

Damit ist eine Hürde genommen. Doch Stripf – Bezirksvorsitzender des Berufsverbandes der HNO-Ärzte - kritisiert: "Dass sich die Verfahren über Monate oder Jahre hinziehen, ist inakzeptabel. Und: Nach der Approbation muss ja noch die Anerkennung des Facharztes durch die Landesärztekammer folgen. In der Praxis haben wir zudem das Problem, dass wir bei Anstellungen einen Antrag bei der kassenärztlichen Vereinigung stellen müssen. Also, sprich, eine dritte Institution!" Er habe das Gefühl, dass jede Institution die Sachlage erneut prüfe.

Dabei ist "unser Gesundheitssystem auf Fachkräfte aus dem Ausland dringend angewiesen", schreibt die Bundesärztekammer in einem Positionspapier. Die Medizinervereinigung Marburger Bund und die Deutsche Krankenhausgesellschaft fordern eine Entbürokratisierungsoffensive.

"Ohne Arbeit sind wir unvollständig"

In Bayern waren zum 1. Dezember 527 ukrainische Ärztinnen gemeldet – so die Landesärztekammer auf BR-Nachfrage. 127 warten noch auf ihre Approbation und haben eine befristete Arbeitserlaubnis. Dazu gehört das Fachärzte-Paar aus Alzenau.

Maksym Boltonosov hat Verständnis: "Das muss geprüft werden und das dauert und das verstehe ich auch." Seine Frau Yuliia sagt: "Ohne Arbeit fühle ich mich nicht als vollständiger Teil der Gesellschaft."

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