Urteilsverkündung am Landgericht Ingolstadt
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Versuchte Vergewaltigung und Pfeilschuss: Mann muss in Haft

Versuchte Vergewaltigung und Pfeilschuss: Mann muss in Haft

Ein Cabrio-Fahrer verhindert eine Vergewaltigung, nachdem ein Mann eine ihm unbekannte Frau mit einem Elektroschocker angreift. Daraufhin schießt der Angreifer einen Pfeil auf den Fahrer. So passiert in Ingolstadt. Welche Konsequenzen das nun hat.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Vergewaltigungen, bei denen Frauen in der Dunkelheit von fremden Männern überfallen werden, seien äußerst selten - in diesem Fall sei es aber genau so gewesen, meinte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung am Landgericht Ingolstadt. Die Kammer verurteilte einen 43-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten, wegen versuchter, besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung.

Cabrio-Fahrer verhindert Vergewaltigung und wird beschossen

Nach Auffassung des Gerichts, hatte der 43-jährige Angeklagte im September 2023 eine ihm unbekannte Fußgängerin in Ingolstadt nachts am Arm gepackt und ihr gesagt, dass sie Sex mit ihm haben werde. Die Frau habe laut Nein gesagt und sich gewehrt, weshalb er zweimal ein Elektroschockgerät bei ihr eingesetzt habe, um sie zu vergewaltigen, so das Gericht.

Die Hilferufe habe ein Autofahrer in seinem offenen Oldtimer-Cabrio bemerkt und neben den inzwischen am Boden liegenden Personen angehalten. Die Frau konnte sich auf den Beifahrersitz retten. Der Angeklagte habe dann mit einem pistolenartigen Pfeilschussgerät auf den Cabrio-Fahrer geschossen, allerdings nur den Kotflügel getroffen. Anschließend sei er geflohen, erklärt das Gericht weiter.

Entgegen der Anklage kein versuchter Mord

Die Staatsanwaltschaft hatte den 43-Jährigen zusätzlich wegen versuchten Mordes angeklagt. In ihrem Plädoyer war sie allerdings bereits davon zurückgetreten, da in der Beweisaufnahme nur eine bedingte Tötungsabsicht nachweisbar gewesen sei. Das sah auch das Gericht so: In dem Pfeilschussgerät hätte noch ein zweiter Pfeil Platz gehabt, den der Angeklagte ebenfalls auf den Cabrio-Fahrer hätte abschießen können. Dass er das nicht tat, wertete das Gericht als "freiwilligen Rücktritt" vom Tötungsversuch.

Deshalb wurde der Angeklagte nur für den beim Pfeilschuss entstandenen Sachschaden am Oldtimer-Cabrio verurteilt. Dieser läge wohl im vierstelligen Bereich, sei aber noch nicht endgültig ermittelt, so der Vorsitzende Richter.

Indizien: DNA-Spuren, Handydaten, beschlagnahmte Schusswaffe

Für die versuchte, besonders schwere Vergewaltigung sah das Gericht dagegen ausreichend Indizien: So seien etwa auf dem Pullover und an den Händen der geschädigten Frau zehn DNA-Spuren des Angeklagten nachgewiesen worden. Auf der Tonspur einer Überwachungskamera des benachbarten Grundstücks seien laute Hilferufe und ein Knall zu hören gewesen.

Das Handy des Angeklagten habe sich zum Tatzeitpunkt in der Funkzelle des Tatorts befunden, nur fünf Minuten vorher waren damit noch Fotos ganz in der Nähe aufgenommen worden. Ein Pfeil, der am Tatort gefunden wurde und Spuren des Autolacks aufwies, passte zudem zu einem pistolenartigen Gerät, das die Ermittler beim Angeklagten zu Hause sicherstellten.

Videos auf seinem Handy und Zeugenaussagen legten nahe, dass der Angeklagte Elektroschockgeräte mit einem 3D-Drucker selbst gebaut habe.

Angeklagter: "Ich habe die Taten nicht begangen"

Die Verteidigung plädierte auf Freispruch wegen mangelnder Beweise: Die Indizien seien zu schwach und zu wenige, um zu belegen, dass nur ihr Mandant und niemand anderes die Tat habe ausüben können. Der Angeklagte selbst sagte: "Ich kann nur sagen, dass ich die Taten, die mir hier vorgeworfen werden, nicht begangen habe." Das Gericht sieht das anders. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine höhere Freiheitsstrafe gefordert: acht Jahre und sechs Monate. Dem hatte sich auch die Nebenklage angeschlossen, die die überfallene Frau und den Cabrio-Fahrer vertritt.

Das Gericht sicherte der Frau 3.000 Euro Schmerzensgeld zu, die Staatsanwaltschaft hatte 2.000 Euro gefordert. Ihr Anwalt betonte, dass sie seitdem unter Panikattacken leide und sich nachts nicht mehr alleine aus dem Haus traue. Auch der Cabrio-Fahrer sei traumatisiert, sagte seine Anwältin.

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