Söder bestaunt in China die Magnetschwebebahn des bayerischen Unternehmers Max Bögl und will so eine Bahn auch für den Nürnberger Nahverkehr. Aber wie sinnvoll ist das?
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Peter Kneffel
Audiobeitrag

Söder bestaunt in China die Magnetschwebebahn des bayerischen Unternehmers Max Bögl und will so eine Bahn auch für den Nürnberger Nahverkehr.

Audiobeitrag
>

Vollgas oder Vollbremsung? Söders Magnetschwebebahn-Traum

Vollgas oder Vollbremsung? Söders Magnetschwebebahn-Traum

In zehn Minuten sollte ein Transrapid zum Münchner Flughafen fahren. Bekanntlich wurde nichts daraus. Nun hat Markus Söder das Thema wieder auf die Agenda gesetzt, mit einer Magnetschwebebahn in Nürnberg. Innovativ, durchaus. Aber auch sinnvoll?

Vom Münchner Hauptbahnhof direkt in den Flieger – eine Rede, die im Jahr 2002 ins kollektive Gedächtnis eingeht. "Sie steigen in den Hauptbahnhof ein", sagt Edmund Stoiber, damals bayerischer Ministerpräsident. Wenn man's mit den Präpositionen nicht so streng nimmt, dann hört man in diesem Satz die pure Begeisterung. In "zehn Minuten" sollte es mit dem Transrapid an den Flughafen Franz Josef Strauß gehen, beinahe unwirklich innovativ, denn: "Dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen, am Hauptbahnhof in München, starten Sie Ihren Flug."

Auch der damalige bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) sieht sich schon "zufrieden, fast glücklich" mit der Bauschaufel beim Spatenstich. Da kommt, unbarmherzig wie sie ist, die Realität dazwischen. Die errechneten Kosten von über drei Milliarden Euro – zu hoch. Der Münchner Transrapid: ausgebremst.

Söder will Magnetschwebebahn für Nürnberger Nahverkehr

Aber so ganz raus aus den Köpfen der bayerischen Ministerpräsidenten war er vielleicht doch nie, der Traum vom Transrapid. "Moderne Technik", sagt Söder 22 Jahre später. Er will den magnetbetriebenen Hochgeschwindigkeitszug wieder nach Bayern holen. Diesmal aber nicht von Bahnhof zu Flughafen, sondern innerhalb des Nürnberger Nahverkehrs. Durch das Nürnberger Stadtquartier Lichtenreuth, das derzeit entsteht. Also dort, wo theoretisch auch eine Trambahn fahren könnte.

Ob die Magnettechnik grünes Licht bekommt – ungewiss. Es kommt auf den Nürnberger Stadtrat an. "Regierungserklärungen aus München sind ja schön und gut", sagt dazu die SPD-Fraktionsvorsitzende Christine Kayser. "Aber wir sind ja der zuständige Stadtrat." Und der entscheide am Ende, welche Strecke im öffentlichen Nahverkehr ausgebaut wird und welche nicht. Könnte der Magnetschwebe-Technik in Bayern also wieder eine Vollbremsung drohen?

Stadtrat hat jahrelang für Trambahn gekämpft

Seit sieben Jahren kämpft Kayser in Nürnberg für den Ausbau einer Tramlinie in den Nürnberger Süden. Bisher war sie nicht förderfähig. Aber jetzt, wo im Südosten das neue Viertel Lichtenreuth mit Uni und Wohngebiet entsteht, unterstützt der Bund den Trambahn-Bau. "Endlich", sagt Kayser. Schon in zwei Jahren soll die Tram durch das neue Stadtviertel bis zum Klinikum Süd rattern.

Doch dann kommt Söder vor drei Monaten mit seiner Regierungserklärung und der Idee einer Magnetschwebebahn um die Ecke. Auch sie soll vom neuen Stadtquartier Lichtenreuth bis zum Klinikum Süd fahren, mit mehreren Haltestellen. Diese Woche bekräftigte Söder seine Idee. Der Münchner Transrapid sei zwar "gescheitert", sagt er, als er mit einer bayerischen Magnetschwebebahn durch China fährt. Aber "diese Bahn" der Oberpfälzer Firma Max Bögl "könnte die Zukunft sein". Beides, der Transrapid wie auch das Bögl-System, sind Magnetschwebebahnen, haben aber etwas andere Antriebsformen.

Tram oder Magnetschwebetechnik – welche Bahn macht das Rennen?

Aber wie sinnvoll ist eine Magnetschwebebahn in Nürnberg, die beinahe die gleiche Strecke fährt wie die geplante Tram? Bummeln am Ende zwei Züge nebeneinander in den Nürnberger Süden? Eine Machbarkeitsstudie soll herausfinden, ob sich der Kosten-Nutzen-Aufwand lohnen würde. "Die Frage ist, ob man parallel zwei geförderte Strecken kriegt. Wir halten das für unwahrscheinlich", so Kayser. Pluspunkt für die Tram: Mit ihr könnten die Nürnberger bis zum Südklinikum durchfahren. Bei der Magnetschwebebahn müssten sie am U-Bahnhof Bauernfeindstraße umsteigen.

Magnetschwebebahn fährt "schneller, sicherer, öfter als ICE"

Gut möglich, sagt Johannes Klühspies, dass die Magnetschwebebahn am Ende nicht wirklich nützlicher ist als die Tram. Doch langfristig, findet der Professor für Verkehrsträgermanagement in Deggendorf und Präsident eines Fördervereins für Magneteschwebetechnik, seien Magnetbahnen schon "eher zu bevorzugen". Vor allem auf langen Strecken würden sie schneller, öfter, sicherer und gleichzeitig verschleiß- und wartungsärmer fahren als ICEs. "Weil es keine Berührung gibt, die Fahrzeuge schweben." Dadurch gebe es keine Reibung, Wärme und Staubentwicklung, was eine Wartung "deutlich günstiger" mache.

Scheuer gab Transrapid-Technik den Todesstoß

Mit Blick auf die Mobilitätswende sei es ein Fehler gewesen, nur auf ICEs zu setzen. Was Klühspies einen "Fehler" nennt, war eine Entscheidung aus dem Jahr 2021. Getroffen vom damaligen Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer (CSU). Warf der im Jahr 2007 noch dem damaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) vor, "Totengräber der Magnetschwebetechnik" zu sein, wurde er als Minister selbst zu eben diesem.

Eine von der EU beauftragte Studie stufte im Jahr 2007 eine mögliche Magnetschwebe-Verbindung von Hamburg nach Budapest als "sinnvoll" ein. Doch Scheuer vereinbarte vierzehn Jahre später mit Tschechien den Bau einer ICE-Trasse von Berlin nach Prag. Scheuer habe damit dem EU-weit wichtigsten Magnetschwebe-Projekt den Todesstoß versetzt – es gab erstmal keine großen Magnetbahn-Projekte mehr.

So heiß wie Markus Söder heute auf die Magnettechnologie ist, so "ahnungslos oder schlecht beraten" war sein Parteikollege damals, sagt Klühspies. Jetzt müsse mitten durch das bröselige Elbsandsteingebirge ein teurer Tunnel gebaut werden, den es mit der Magnetschwebebahn nicht gebraucht hätte. "Die kann ja Hänge rauf und runter fahren und schafft mühelos zehn Prozent Steigung, der ICE maximal vier Prozent."

Echte Mobilitätswende statt nur hin und zurück

"Sinnvolle" Transrapid-Entscheidungen erwartet die Nürnberger SPD-Stadträtin Christine Kayser zumindest jetzt. Verkehrsinnovationen, sagt sie, sind ja "grundsätzlich total sinnvoll und wichtig". Aber wenn, dann dürfe die Magnetschwebebahn nicht einfach nur von der U-Bahn Bauernfeind zum Südklinikum und wieder zurückfahren. "Die Stationen sind mit einer Trambahn gut abgedeckt." Die Magnetschwebebahn müsse anschluss- und ausbaufähig sein für längere Strecken. "Damit wir eine echte Mobilitätswende bekommen."

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!