Oberstes Landesgericht in Nürnberg
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Von Wirecard bis Pater-Urteil: 400 Jahre Oberstes Landesgericht

Von Wirecard bis Pater-Urteil: 400 Jahre Oberstes Landesgericht

Bayern hält seit 400 Jahren an seinem eigenen Obersten Landesgericht fest. Zweimal wurde es in der Zeit aufgelöst und wieder neu gegründet. Seit 2018 gibt es einen Standort in Nürnberg.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Über das "Söder-Graffito" wurde hier entschieden, und auch über das Revisionsverfahren gegen Pater Alt, der sich bei einer Klima-Demo auf die Straße geklebt hatte. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat seinen Stammsitz zwar in München, in Nürnberg gibt es aber auch zwei Strafsenate. "Und das müssen wir natürlich feiern", sagt Andrea Schmidt, Präsidentin des Bayerischen Obersten Landesgerichts.

"Ein Zeichen bayerischer Eigenständigkeit"

Das Gericht gibt es seit 400 Jahren. Zu diesem Anlass hielt Schmidt am Montag im Saal 600 im Rahmen der Jubiläumsfeier eine Rede und hieß dort auch Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) willkommen. Der kam erst in den Genuss eines Ständchens des Nürnberger Justizchors und erklärte im Anschluss, warum sich Bayern als einziges Bundesland überhaupt ein eigenes Oberstes Landesgericht leistet: "Das ist ein Zeichen bayerischer Eigenständigkeit und von bayerischem Selbstbewusstsein."

Wechselhafte Geschichte unter Kurfürsten und Ministerpräsidenten

Das Bayerische Oberste Landesgericht blickt auf eine 400-jährige Geschichte zurück. Seine Wurzeln reichen bis zum 17. April 1625, als Kurfürst Maximilian I. das sogenannte "Revisorium" errichtete. Von 1809 bis 1879 trug es den Namen "Oberappelationsgericht", ehe es erstmals offiziell das "Bayerische Oberste Landesgericht" wurde.

1935 wurde das Gericht aufgelöst, seine Zuständigkeiten gingen damals zum größten Teil an das Oberlandesgericht München über. Nach der NS-Zeit wurde das Bayerische Oberste Landesgericht 1948 wiederbelebt und bestand bis 2006. Damals fiel das Gericht Reformen der bayerischen Staatsregierung unter Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) zum Opfer, die zur "Verschlankung" von Staat und Verwaltung beitragen sollten. "Um die Eigenständigkeit der bayerischen Justiz zu stärken", erklärte der 2018 frisch gewählte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die erneute Wiedergeburt des Bayerischen Obersten Landesgerichts.

Oberste Landesgericht in München, Bamberg und Nürnberg

Im Aufbau der ordentlichen Gerichte steht das Bayerische Oberste Landesgericht teilweise neben dem Bundesgerichtshof, zum Teil nimmt es einheitliche Aufgaben der drei bayerischen Oberlandesgerichte wahr. Seine Zuständigkeiten liegen im Zivilrecht, Vergaberecht, Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Berufsrecht.

Im Zuge der Wiedererrichtung im Jahr 2018 hat das Gericht neben seinem Stammsitz in München jeweils zwei Außensenate in Bamberg und Nürnberg erhalten. Die zwei Außensenate in Nürnberg sind für Revisionsverfahren aus dem Oberlandesgerichtsbezirk Nürnberg und bayernweit für Rechtsbeschwerden aus dem Bereich des Justizvollzugs zuständig.

Urteile, die für Schlagzeilen sorgten

So wurden am Bayerischen Obersten Landesgericht auch in der jüngeren Vergangenheit Revisionsfälle verhandelt, die bundesweit für Schlagzeilen sorgten. Anfang April 2025 bestätigte das Gericht eine Verurteilung wegen Nötigung gegen den Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt, der sich im Rahmen von Klimaprotesten auf die Straße geklebt hatte. Die Folge: Der Pater wollte seine Strafe nicht zahlen und ging für 25 Tage in den Knast.

In einem anderen Fall mit landesweiter Brisanz sprach das Gericht einen Nürnberger Künstler frei, der zuvor vom Amtsgericht Nürnberg zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. Konkret ging es in dem Fall um ein Graffito des Künstlers, das im Stil einer Postkarte Polizeigewalt zeigte und zudem eine Person, die Ministerpräsident Markus Söder (CSU) äußerst ähnlich sah und eine Uniform trug, die an eine SS-Uniform erinnerte. Sowohl das Nürnberger Amtsgericht als auch das Landgericht Nürnberg-Fürth sahen den Tatbestand der Beleidigung Söders sowie die Verwendung verbotener Nazi-Symbolik als erfüllt an. Das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil hingegen ein und begründete das unter anderem so: "Abbildungen, die lediglich den Anschein eines verfassungswidrigen Kennzeichens erwecken, erfüllen jedoch nicht den Tatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen."

Und auch der Wirecard-Skandal wird zum Teil vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht in einem sogenannten Kapitalanleger-Musterverfahren verhandelt. Tausende ehemalige Wirecard-Aktionäre hoffen, für Verluste entschädigt zu werden, mussten Ende Februar aber bereits einen ersten Dämpfer hinnehmen.

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