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Wassercent in Bayern: Ein paar Euro pro Person im Jahr

Wassercent in Bayern: Ein paar Euro pro Person im Jahr

Nach jahrelangen Debatten soll auch in Bayern eine Wasserentnahme-Gebühr kommen. Privathaushalte müssen mit Kosten von vier bis fünf Euro pro Person im Jahr rechnen. Für Betriebe mit Brunnen ist eine Freimenge geplant. Der Zeitpunkt ist offen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die Fraktionen von CSU und Freien Wählern im Bayerischen Landtag haben nach langem Ringen die Eckpunkte für die Einführung eines Wassercents vorgelegt. Die Abgabe für die Entnahme von Wasser, die es in unterschiedlicher Höhe schon in 13 der 16 Bundesländer gibt, solle im Freistaat "gerecht, fair, einfach, unbürokratisch und nachhaltig" umgesetzt werden, sagte CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek in München.

Das Konzept sieht vor, dass der Wassercent grundsätzlich für alle Verbraucher und Betriebe fällig wird. Das Entgelt soll im Freistaat einheitlich zehn Cent pro Kubikmeter betragen. Damit wird Bayern im Ländervergleich ungefähr im Mittelfeld liegen.

Mit welchen Mehrkosten müssen Haushalte rechnen?

Der durchschnittliche Wasserverbrauch in Privathaushalten liegt zwischen 40 und 50 Kubikmetern pro Person. Auf Privatpersonen kommen also Mehrkosten von vier bis fünf Euro jährlich zu. "Das ist heutzutage nicht mal ein Cappuccino", sagte Freie-Wähler-Umweltexpertin Marina Jakob.

Für den Wassercent sollen Haushalte keine extra Rechnung bekommen: Zahlungspflichtig werden die Wasserversorger sein, die dann die Kosten auf die einzelnen Nutzer umlegen können.

Welche Ausgaben kommen auf Bauern und Betriebe zu?

Firmen, die Wasser aus der Leitung verbrauchen, zahlen ebenfalls für jeden Kubikmeter zehn Cent. Für Unternehmen oder Landwirte, die nicht am Trinkwassernetz hängen und eigene Brunnen haben, soll es eine Freimenge von 5.000 Kubikmetern geben. Sie müssen nur für die Menge bezahlen, die sie über diese Grenze hinaus verbrauchen. Damit dürfte ein großer Teil der landwirtschaftlichen Betriebe um die Zahlung des Wassercents herumkommen.

Die Entnahme von Oberflächenwasser – zum Beispiel aus Flüssen und Teichen – kostet weiterhin nichts. Ebenfalls keine Gebühr wird fällig, wenn entnommenes Grundwasser wieder unverändert zurückgepumpt wird, beispielsweise bei Kühlung oder Geothermie.

Welche Ausnahmen sind geplant?

Vorgesehen sind wenige Ausnahmen, in denen kein Wassercent gezahlt werden muss: bei der Fischzucht und Teichwirtschaft sowie für Kur- und Heilbäder. Ebenfalls befreit von der Abgabe wird die Wasserentnahme für die Nutzung von erneuerbaren Energieträgern wie Wärmepumpen und Wasserkraft.

Wann soll der Wassercent eingeführt werden?

Ab wann der Wassercent gezahlt werden muss, ist offen. Geplant ist, dass zunächst der Entbürokratisierungsbeauftragte der Staatsregierung, Walter Nussel, einen Praxis-Check der Pläne vornimmt. Anschließend muss noch ein Gesetz auf den Weg gebracht werden. Wenn der Wassercent 2027 komme, "dann läuft alles sehr gut und sehr schnell", erläuterte Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl.

Müssen alle Betriebe Wasserzähler einbauen?

Ein neuer Zähler kann, muss aber nicht eingebaut werden. Der Wassercent soll "bürokratiearm" eingeführt werden. In vielen Fällen soll der Verbrauch jährlich geschätzt werden – zum Beispiel auf Grundlage von Richtwerten. Außerdem heißt es im Eckpunktepapier: "Zusätzliche Kontrollen und Überprüfungen, außer bei konkretem Anlass, lehnen wir ab."

Wie viel Geld soll der Wassercent einbringen – und wofür?

Die Koalition rechnet mit Einnahmen von etwa 60 bis 80 Millionen Euro im Jahr. Das Geld soll "streng zweckgebunden" verwendet werden: für den allgemeinen Wasser- und Trinkwasserschutz. Ziel sei, "das Trinkwasser für die Zukunft sicherzustellen", damit "auch unsere Enkelkinder und Urenkelkinder noch aus der Leitung Wasser trinken können", sagte Streibl.

Welche Kritik gibt es?

Der Bayerische Städtetag kritisierte die Freimenge für Landwirtschaft und Betriebe als "nicht zielführend". Geschäftsführer Bernd Buckenhofer betonte: Es dürfe nicht sein, dass Bürgerinnen und Bürger zahlen, "während aber gewerbliche Betriebe kostenlos Wasser entnehmen können".

Der Bund Naturschutz in Bayern hält die Freigrenze von 5.000 Kubikmetern für zu hoch. "Ganz viele industrielle und landwirtschaftliche Betriebe liegen bei ihrem Wasserverbrauch unter dieser Grenze – so kann der Wassercent keine echte Lenkungswirkung entfalten", sagt der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe.

Die AfD-Fraktion lehnt die Einführung des Wassercents grundsätzlich ab – anders als Grüne und SPD. Für Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze ist das Eckpunktepapier "nur ein winziges Schrittchen in die richtige Richtung", denn einen Gesetzentwurf gebe es noch nicht. "Das riecht nach Verzögerungstaktik." SPD-Umweltexpertin Anna Rasehorn zeigte sich erstaunt, dass die Koalition beim Wassercent "völlig auf den guten Willen aus Industrie und Landwirtschaft" vertrauen wolle. "Wir als SPD werden genau im Blick behalten, ob dieses erstaunliche Konzept so aufgeht."

Im Video: Wassercent - Bayern beschließt neue Abgabe

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