Ehrenamtliche Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) bei einer Katastrophenschutzübung.
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Ehrenamtliche Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) bei einer Katastrophenschutzübung.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Daniel Karmann
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Ehrenamtliche Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) bei einer Katastrophenschutzübung.

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Werden ehrenamtliche Retter in Bayern ungleich behandelt?

Werden ehrenamtliche Retter in Bayern ungleich behandelt?

Technisches Hilfswerk, Feuerwehr, Rettungsdienste – alle drei sind auf viele Ehrenamtliche angewiesen. Doch bei Großübungen kommt es in Bayern zur Ungleichbehandlung – die einen werden im Job freigestellt, andere nicht. Kritik kommt vom Roten Kreuz.

Wenn irgendwo in Bayern der Katastrophenfall geübt wird, erhalten Ehrenamtliche des Technischen Hilfswerks THW und der Freiwilligen Feuerwehr vom Arbeitgeber eine Freistellung und Lohnfortzahlung – nicht aber Ehrenamtliche der Wasserwacht oder der Rettungsdienste. Engagierte der Johanniter, Malteser, des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) oder des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) müssen bei Großübungen, die nicht vom Landkreis, sondern von ihnen selbst oder gemeinsam organisiert werden, eigens Urlaub nehmen. Das Gleiche gilt für Termine in der Aus- und Fortbildung. Hier sieht das BRK Nachholbedarf in Bayern.

Auf BR-Anfrage schreibt ein BRK-Sprecher: "Es kann nicht sein, dass Einsatzkräfte der Feuerwehr oder des Technischen Hilfswerk bei derselben gemeinsamen Übung einen gesetzlichen Freistellungsanspruch haben, Einsatzkräfte des Bayerischen Roten Kreuzes jedoch nicht." Übungen und Ausbildung seien Garanten für qualifizierte Einsatzkräfte, so der Sprecher. Er fordert: "Wir drängen hier auf eine zeitnahe Lösung innerhalb Bayerns – und sind überzeugt: Dieses Thema muss in dieser Legislaturperiode des Bayerischen Landtags gelöst werden."

THW und Feuerwehr rechtlich besser gestellt als Rettungsdienste

Tatsächlich ist das Ehrenamt in Deutschland nicht einheitlich gesetzlich geregelt: Bund, Länder und Kommunen haben teilweise eigene rechtliche Vorgaben. Im THW-Bundesgesetz ist etwa garantiert, dass die Engagierten für technisch-humanitäre Hilfeleistungen bei einem Einsatz oder einer Übung der THW vom Arbeitgeber freigestellt und weiter bezahlt werden. Das Gleiche gilt für die Ehrenamtliche Feuerwehr, festgehalten im bayerischen Feuerwehrgesetz.

Anders ist es bei den Rettungsdiensten: Hier kommt es nach Vorgabe des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes zur zeitlichen Freistellung und Lohnfortzahlung für Ehrenamtliche nur bei tatsächlichen Einsätzen und bei vom Landratsamt angeordneten Rettungsübungen.

Grüne und SPD: Ehrenamtliche Helfer in Bayern endlich gleichstellen

Die Grünen im Landtag fordern deshalb, alle Helfer gesetzlich gleichzustellen, sie legten bereits einen Gesetzesentwurf vor. Dieser fand im Landtag allerdings keine Mehrheit. Der Grünen-Abgeordnete Florian Siekmann kritisiert die Staatsregierung: "Unsere ehrenamtlichen Einsatzkräfte in Bayern leisten tagtäglich unverzichtbare Arbeit – ob bei Hochwasser, großen Unfällen oder anderen Katastrophen. Die derzeitige Benachteiligung ist ungerecht und muss endlich beendet werden." Auch die SPD fordert gleiche Bedingungen für die Ehrenamtlichen im Rettungsdienst oder bei Schnell-Einsatz-Gruppen. Die innenpolitische Sprecherin der SPD, Christiane Feichtmeier, findet: "Die einen müssen Urlaub opfern, wenn sie sich weiterbilden, andere aber nicht. Dafür gibt es überhaupt keinen Grund."

CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek dagegen findet, dass Bayern die gesetzlichen Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsansprüche in den letzten Jahren erheblich ausgeweitet habe: "Seit 2008 auf alle Helfer der freiwilligen Hilfsorganisationen im Katastrophenfall, seit 2013 auf alle Ehrenamtlichen im Rettungsdienst, seit 2017 auf die Mitglieder der Schnell-Einsatz-Gruppen, also auch unterhalb der Katastrophenschwelle."

Ehrenamts-Beauftragte: Kaum Beschwerden aus "Blaulichtfamilie"

Auch die Ehrenamts-Beauftragte der Staatsregierung, Gabi Schmidt (Freie Wähler), sieht keine Defizite in Bayern. Man müsse mit allen Menschen in der "Blaulichtfamilie" sprechen, so Schmidt, ob sie sich tatsächlich ungleich behandelt fühlten. Sie bezweifle das. Auch bei den letzten größeren Einsätzen in Bayern wie dem Hochwasser im Allgäu und Oberbayern habe es kaum Beschwerden gegeben, sagt Schmidt. "Das gehört zu unserer bayerischen DNA: Helfen und Hilfe zulassen." Für zu viele Menschen sei es jedoch eine Selbstverständlichkeit, dass Ehrenamtliche im Notfall mithelfen, findet Schmidt. Diese schenkten der Gesellschaft Zeit und Mühe, das müsse immer wieder neu betont werden. Mit Blick auf andere Bundesländer wünsche sie sich einen ähnlich hohen Standard wie in Bayern.

Die Debatte angestoßen hatte die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Gerda Hasselfeldt (CSU). In einem Interview mit der Funke Mediengruppe sagte sie: "Das ist seit Jahren ein riesiges Problem und ich werde zunehmend ungeduldig. Ich sehe nicht ein, dass die Helferinnen und Helfer, die von anerkannten Hilfsorganisationen kommen und dieselbe Arbeit machen und bei denselben Großlagen wie etwa bei der Flut im Ahrtal tätig sind, unterschiedlich behandelt werden, was zum Beispiel die Ausbildung, die Freistellung vom Arbeitsplatz und die Lohnfortzahlung betrifft", so Hasselfeldt. In einem Bundesländer-Vergleich des DRK steht Bayern in Sachen Gleichstellung der Helfer bundesweit im Mittelfeld: Ehrenamtler der Hilfsorganisationen werden zwar bei Einsätzen bezahlt freigestellt, für die Ausbildung gelte das aber nicht.

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