Nach einem Parteitag, der eigentlich Aufschwung nach der schwachen Bundestagswahl bringen sollte, erleben die Sozialdemokraten stattdessen den nächsten Tiefschlag: Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl, käme die SPD laut ARD-DeutschlandTrend auf 13 Prozent und verliert damit zwei Prozentpunkte gegenüber Juni. Damit nähert sie sich ihrem historischen Tief von 12 Prozent im Jahr 2019 an.
Die Union kann um einen Punkt anwachsen und liegt nun bei 30 Prozent. Dahinter folgen die AfD (23 Prozent) und die Grünen (12 Prozent), beide ohne Veränderungen gegenüber dem ARD-DeutschlandTrend im Juni. Die Linke kann einen Prozentpunkt dazugewinnen und kommt auf 10 Prozent. BSW (4 Prozent) und FDP (3 Prozent) liegen weiterhin unterhalb der 5-Prozent-Hürde.
Interaktive Grafik: Die Sonntagsfrage seit Januar 2021
Politikerzufriedenheit: Klingbeil sackt ab, Merz verbessert sich
Auch bei der Politikerzufriedenheit muss Lars Klingbeil nach seinem schwachen Abschneiden bei der Wiederwahl zum SPD-Parteivorsitzenden den nächsten Dämpfer einstecken: Im Vergleich zum Vormonat sind 30 Prozent der Wahlberechtigten mit dem Vizekanzler sehr zufrieden oder zufrieden - ein Minus von 9 Prozentpunkten. Damit rutscht Klingbeil vom zweiten auf den sechsten Platz unter den aktuell abgefragten Politikern. Seine neue Co-Parteivorsitzende Bärbel Bas steht vor ihm auf Platz drei in der Liste - mit einem Zufriedenheitswert von 32 Prozent.
Kanzler Merz (CDU) konnte seine Zustimmung verbessern - mit seiner Arbeit sind derzeit 42 Prozent (+ 3) der Wahlberechtigten zufrieden. Vor ihm bleibt Boris Pistorius (SPD) mit 61 Prozent der Politiker mit dem höchsten Zufriedenheitswert. Platz 4 belegt Außenminister Johann Wadephul (CDU, 32 Prozent), Platz 5 Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU, 31 Prozent).
Drei Viertel für Rückkehr zum Wehr- und Zivildienst
Seit Monaten diskutiert Deutschland über die personelle Lage der Bundeswehr: Die Zahl der aktiven Soldatinnen und Soldaten stagniert seit Jahren bei rund 180.000 - um die Nato-Verpflichtungen zu erfüllen, müsste die Bundeswehr laut Verteidigungsminister Pistorius mit zusätzlich 60.000 Soldaten verstärkt werden.
Um die Lücke zu füllen, wird auch über die Wiedereinführung der Wehrpflicht gestritten. Eine diskutierte Möglichkeit ist das "schwedische Modell": In Schweden füllen alle 18-jährigen Männer und Frauen einen Fragebogen zu Motivation, Fähigkeiten und Interessen aus. Auf Grundlage der Ergebnisse werden geeignete Personen dann gemustert und gezielt für den Dienst ausgewählt.
Laut dem aktuellen ARD-DeutschlandTrend stimmen 73 Prozent der Befragten der Wiedereinführung eines Wehr- und Zivildienstes zu. 55 Prozent sind dabei für einen gleichberechtigten Dienst für Frauen und Männer (+ 10 Prozentpunkte gegenüber April 2025). Deutlich ist jedoch der Unterschied bei der Zustimmung je nach Alter: Während 78 Prozent der über 65-Jährigen für eine Wiedereinführung sind, stimmt bei den Jüngeren zwischen 18 bis 34 nur eine knappe Mehrheit von 51 Prozent zu.
Grafik: Wiedereinführung des Wehr- und Zivildienstes
ARD-DeutschlandTrend im Juli 2025: Wiedereinführung des Wehr- und Zivildienstes
Mehrheit optimistischer zur eigenen wirtschaftlichen Lage
Bei der Frage nach den derzeit wichtigsten Problemen landen zwar noch "Zuwanderung / Flucht" (33 Prozent) und "Wirtschaft" (21 Prozent) auf den ersten beiden Plätzen - beide verlieren jedoch an Wichtigkeit bei den Befragten (minus 9, bzw. minus 11 Prozentpunkte). Einen Anstieg gibt es bei den Fragen nach "Sozialer Ungerechtigkeit / Armut / Bürgergeld" (+5 Punkte auf 16 Prozent) und "Bewaffnete Konflikte / Frieden / Außenpolitik" (+4 Punkte auf 15 Prozent).
In wirtschaftlicher Hinsicht blicken die Deutschen optimistischer in die Zukunft als noch bei der letzten Abfrage im Dezember 2023: 12 Prozent (+3 Punkte) erwarten eine Verbesserung ihrer persönlichen wirtschaftlichen Lage in einem Jahr. Nur 21 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung – das sind 20 Prozentpunkte weniger als damals. Allerdings zeigt sich deutlich die Schere zwischen Arm und Reich: Während nur 15 Prozent der Menschen mit einem monatlichen Nettohaushaltseinkommen von über 4.500 Euro eine Verschlechterung ihrer finanziellen Lage erwarten, sind es bei Befragten mit weniger als 2.500 Euro Einkommen mehr als doppelt so viele – nämlich 32 Prozent.
Dies macht auch einen Teil des wachsenden Ungerechtigkeitsempfindens unter den Befragten aus: Sechs von zehn Deutschen (60 Prozent) sind aktuell der Meinung, dass es in Deutschland eher ungerecht zugeht – noch einmal drei Punkte mehr als unmittelbar vor der Bundestagswahl im Februar. Einen so hohen Wert gab es zuletzt Anfang 2010 – vor mehr als 15 Jahren.
Grafik: Persönliche wirtschaftliche Lage in einem Jahr
ARD-DeutschlandTrend im Juli 2025: Persönliche wirtschaftliche Lage in einem Jahr
Der ARD-DeutschlandTrend
Für den aktuellen ARD-DeutschlandTrend befragte das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap vom 30. Juni bis 2. Juli 2025 insgesamt 1.312 Wahlberechtigte in Deutschland (782 Telefoninterviews und 530 Online-Interviews). Es handelt sich um eine repräsentative Studie unter den Wahlberechtigten in Deutschland.
Infratest dimap weist darauf hin, dass die Sonntagsfrage zur Bundestagswahl aktuelle Parteipräferenzen misst und kein tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag final abgeschlossen ist. Rückschlüsse auf den Wahlausgang sind damit nur bedingt möglich. Viele Wähler legen sich kurzfristig vor einer Wahl fest.
- Zum Artikel: Wie funktionieren Studien und Wahlumfragen?
Im Audio: ARD-DeutschlandTrend im Juli
ARD-DeutschlandTrend im Juli
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