Deutscher Personalausweis (Symbol- und Archivbild)
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Datenklau in Italien: Dürfen Hotels meinen Ausweis kopieren?

Datenklau in Italien: Dürfen Hotels meinen Ausweis kopieren?

Kriminelle haben in Form eines Hackerangriffs Daten von Urlaubern in italienischen Hotels abgegriffen. Laut Polizei erbeuteten sie Kopien von Ausweisdokumenten. BR24-User diskutieren über den Vorfall: Dürfen Hotels Ausweise kopieren?

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

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Die Reaktionen im Internet zum Datendiebstahl in italienischen Hotels reichen von Entrüstung über "Ich hab es euch doch gesagt" bis zu "Das ist mir egal – ich habe doch nichts zu verbergen". Viele User sind besorgt darüber, dass Hacker Kopien von Personalausweisen und Reisepässen abgegriffen haben.

Dürfen Hotels Ausweiskopien verlangen?

Auch bei BR24 diskutieren die Nutzer. So fragt etwa "JoeCool" nach rechtlichen Informationen zum Thema. "Kopieren oder Scannen von Ausweisdokumenten ist doch verboten, oder?"

"Ausweiskopien dürfen grundsätzlich nicht verlangt werden", erklärt Kirsten Bock von der Stiftung Datenschutz im BR-Gespräch. Bock ist Juristin mit Schwerpunkt Rechtsphilosophie und wissenschaftliche Leiterin der Stiftung. Wer einen Ausweis kopiert, erhebe personenbezogene Daten. Dafür brauche man eine Rechtsgrundlage und müsse die Anforderungen der europaweit geltenden Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfüllen. Das sei etwa in Deutschland nur in Ausnahmefällen erlaubt, etwa für Banken oder die Post.

Ausweiskopie: Hotel würde mehr Daten erheben als erlaubt

"In Europa gilt der Grundsatz der Datenminimierung. Wenn das Erheben von Daten nicht erforderlich ist, ist es unzulässig", erklärt Bock. Durch eine Ausweiskopie würde ein Hotel mehr Daten erheben, als das Hotel zum Datenabgleich benötigt. In der Regel müssten z.B. Hotels den Namen und die Adresse auf dem Pass mit den Daten aus der Buchung abgleichen. "Die auf dem Ausweis vermerkten Nummern oder auch das Passfoto sind Informationen, die das Hotel nicht erheben darf", erklärt die Juristin. "Da die DSGVO europaweit gilt, ist mir da gar keine Ausnahme bekannt."

Dürfen Ausweise überhaupt kopiert werden?

In der Kommentarspalte von BR24 verweisen User wie "SyncroX" darauf, dass das Scannen und Kopieren von Ausweisen nach einer Gesetzesänderung des Personalausweisgesetzes und des Passgesetzes nicht mehr verboten sei.

Seit dem Jahr 2017 sind Ausweiskopien in Deutschland, wie der User kommentiert, gesetzlich erlaubt [externer Link]. Allerdings dürfen sie nur vom Inhaber oder von der Inhaberin selbst oder mit deren Zustimmung erstellt werden, wie ein Sprecher der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit auf Anfrage erklärt. Außerdem müssten die Kopien als solche erkennbar und datenschutzkonform sein.

Bei diesem Punkt liegt laut Bock das Problem. "Eigentlich können die Kopien gar nicht datenschutzkonform sein." Hotels müssten, bevor sie die Kopie einholen, umfassend informieren und darauf hinweisen, dass sie mehr Daten erheben, als sie benötigen. Das sei in der Praxis nicht wirklich umsetzbar. Generell sei diese Gesetzesänderung bedenklich, erklärt Bock. "Sie verschiebt das Risiko auf den Personalausweisinhaber, der womöglich die Gefahren gar nicht bis ins letzte Detail kennt."

Ein direktes Recht oder eine Pflicht, solche Kopien anzufertigen oder anfertigen zu lassen, ergebe sich aus der Gesetzesänderung zudem nicht. Auf der Website des Bundesinnenministeriums heißt es dazu [externer Link], Ausweise dienten ausschließlich der Identifikation. Wenn man das Dokument im Original vorlegt und damit identifiziert wurde, genüge ein Aktenvermerk "Ausweis hat vorgelegen". Eine zusätzliche Kopie sei nicht erforderlich.

Sollte man Teile des Ausweises vor dem Kopieren schwärzen?

Die Nutzerin "Nele" verweist darauf, dass man im Zweifel entsprechende Teile des Ausweises wie die Ausweisnummer vor dem Kopieren abdecken könnte. "Wer seine Dokumente in Gänze kopieren lässt, ist selbst schuld."

Das Abdecken oder Schwärzen von gewissen Teilen des Ausweises sei eine Option, so Bock. Generell würde sie aber komplett davon abraten, Kopien zu machen oder zu verschicken. "Ein Ausweis ist für einen aktuellen Abgleich der Daten da, nicht für mehr."

Was passiert, wenn ich mich weigere?

In den Kommentaren bei BR24 diskutierten die User auch über mögliche Konsequenzen. Der Nutzer "Katastrophe" schreibt etwa: "Sicherlich kann man sich weigern, eine Kopie anfertigen zu lassen, dann übernachtet man da halt nicht." Damit spielt er darauf an, dass Hotels potenziellen Gästen, die eine Ausweiskopie verweigern, die Übernachtung untersagen könnten.

Das könnte im schlimmsten Fall passieren, erklärt Bock. Aber grundsätzlich müssten Hotels eigentlich nachweisen, wieso sie die Kopie bräuchten. Doch dafür gebe es eigentlich keinen Grund, so Bock. Natürlich sei es verständlich, dass man im Ausland eher davor zurückschrecken würde, in einem solchen Fall die Polizei zu rufen.

Was man auf jeden Fall tun sollte, sei, sich an die heimische Datenschutzaufsichtsbehörde zu wenden - etwa das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht [externer Link]. Diese würden den Fall dann an die Kollegen in Spanien oder Italien weitergeben und etwa eine Löschung der Daten verlangen.

Warum ist Datendiebstahl so gefährlich?

In der Kommentarspalte bei BR24 diskutieren User darüber, was Kriminelle mit den erbeuteten Daten anfangen könnten. So kommentiert "enigma", dass Betrüger unter Umständen ein Bankkonto zur Geldwäsche eröffnen oder im Internet falsche Bestellungen aufgeben könnten.

"In der Regel werden die Daten im Darknet verkauft", erklärt Bock. Im weiteren Verlauf könnten sie dann für Phishing, Schockanrufe oder Enkeltricks verwendet werden. Auch Identitätsdiebstahl sei möglich. "Wenn jemand an Ausweisdaten gelangt, können große finanzielle Schäden entstehen", erklärt Bock. Auf seiner Website bietet auch das Bundesamt für Informationstechnik Tipps für den Fall, wenn man von digitalem Identitätsdiebstahl betroffen ist [externer Link].

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