Hat Donald Trump seine republikanische Partei fest im Griff? Bisher hieß die Antwort in Trumps zweiter Amtszeit praktisch immer: ja. Im Fall der Epstein-Akten heißt sie erstmals deutlich: nein.
Bis zuletzt hatte sich Trump mit Macht gegen die Freigabe der Epstein-Akten gewehrt. Er nannte die immer lauteren Rufe nach Veröffentlichung einen "Schwindel" der Opposition. Die Demokraten wollten damit nur von den "Erfolgen" seiner Regierung ablenken.
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Freigabe der Epstein-Akten: Kehrtwende in letzter Minute
Doch am Wochenende machten ihm Parteifreunde offenbar klar: Auch die üblichen Drohungen gegen Abweichler in den eigenen Reihen nützen hier nichts, Trump würde eine Abstimmung im Repräsentantenhaus krachend verlieren. Der Präsident schwenkte im letzten Moment um. Er empfahl seinen Republikanern die Zustimmung zur Akten-Freigabe – schließlich habe er nichts zu verbergen.
Noch sind die Akten nicht veröffentlicht. Nach dem Repräsentantenhaus muss auch der Senat zustimmen. Trump selbst könnte seine Unterschrift verzögern oder verweigern, auch wenn er jüngst vor Reportern sagte, er werde ein solches Gesetz "sicher" unterzeichnen.
Niemand weiß derzeit wirklich, ob das Justizministerium die Akten umfänglich freigeben wird und welche Passagen im Fall der Freigabe geschwärzt bleiben – etwa mit der Begründung des Opferschutzes.
Trump hat die Basis nicht mehr eisern im Griff
Doch eins zeigt die Entwicklung schon jetzt: Der Zugriff des Präsidenten auf die eigene Partei ist nicht mehr so eisern wie bisher. So haben sich auch zwei früher besonders treue Unterstützerinnen des Präsidenten vom MAGA (Make America Great Again)-Flügel der Republikaner gegen Trump gestellt: Marjorie Taylor Greene, Abgeordnete aus Georgia, spricht sich seit Monaten für vollständige "Transparenz" bei den Epstein-Akten aus, Präsident Trump zelebrierte seinerseits den öffentlichen Bruch mit Greene.
Lauren Boebert, Abgeordnete aus Colorado, wurde nach einem Bericht des "Wall Street Journal" vergangene Woche eigens in den "Situation Room" des Weißen Hauses einbestellt. Doch auch sie blieb im Anschluss bei ihrer Position, für die Freigabe der Epstein-Akten zu stimmen.
Dazu kommt: Trumps Popularitätswerte sind in Umfragen deutlich gesunken. Die Preise, etwa für Lebensmittel, bleiben hoch – trotz gegenteiliger Versprechen Trumps im Wahlkampf. Als der Präsident vor kurzem forderte, die sogenannte "Filibuster"-Regel abzuschaffen, die im Senat häufig eine 60 Stimmen-Mehrheit erfordert und der Opposition so Mitspracherecht verschafft – schlug ihm von den eigenen republikanischen Senatoren Widerstand entgegen.
Großer Schlag oder nur vorsichtiger Widerstand?
Bröckelt Trumps Machtbasis? Wird die Abstimmung zu den Epstein-Files im Repräsentantenhaus mit parteiübergreifender Mehrheit zum ersten großen Schlag gegen Trumps Autorität als Präsident? Das konservative "Wall Street Journal", das Trump bisher in Einzelfällen scharf kritisiert, aber immer wieder auch die Erfolge des Präsidenten hervorhebt, schreibt von "ersten Anzeichen" eines Kontrollverlusts.
Die Zeitung zitiert aber auch den parteiunabhängigen Politikberater Charlie Cook mit den Worten, die Republikaner würden nur "vorsichtig" den Widerstand wagen – der Fall sei eher die Ausnahme als die Regel. Die stets Trump-kritische "New York Times" wagt sich etwas weiter vor: Der Fall Epstein könne der Beginn eines Dammbruchs sein, lautet hier das Fazit des Kommentars.
Klar scheint: Die Epstein-Akten legen Risse in Trumps Machtbasis offen. Der Präsident wird viel Zeit und Energie aufwenden müssen, um die Risse wieder zu kitten.
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