2024 haben die deutschen Behörden erneut hohe Zahlen von Sexualstraftaten gegen Kinder und Jugendliche registriert. Und das sind nur die Fälle, die den Sicherheitsbehörden ins Auge fallen, die Dunkelziffer liegt höher.
Missbrauch von Kindern und Jugendlichen: Tatort Internet
Im vergangenen Jahr registrierten die Strafverfolgungsbehörden 16.354 Fälle des Missbrauchs von Kindern und 1.191 Fälle von sexualisierter Gewalt gegen Jugendliche, wie aus den Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik hervorgeht. Die Zahl ist damit gegenüber dem Vorjahr nur leicht gesunken. 2023 waren es 16.375 Fälle bei Kindern. Bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren waren es 0,8 Prozent weniger als 2023.
Einen Höchstwert erreichte demnach die Anzahl der Fälle von Herstellung, Verbreitung, Erwerb und Besitz pornografischer Inhalte mit Bezug auf Kinder und Jugendliche. Ein wesentlicher Teil dieser Taten finde im Internet statt, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bei der Vorstellung des Lagebildes.
Spezialauswertung der Kriminalstatistik
In dem Lagebild wird die bereits im April veröffentlichte Polizeiliche Kriminalstatistik noch einmal gesondert ausgewertet. Die Statistik spiegelt nur die der Polizei bekannt gewordenen und durch sie bearbeiteten Straftaten wider, einschließlich sogenannter Versuchstaten. Daher ist von Tatverdächtigen die Rede.
Dobrindt nennt Zahlen "erschütternd hoch"
Dobrindt bezeichnete die Zahlen als "erschütternd hoch". "Wir dürfen uns damit nicht abfinden", so Dobrindt. Jeder Täter müsse konsequent verfolgt werden. Dazu müssten die Sicherheitsbehörden technisch so ausgestattet werden, dass sie Täter gerade im Netz identifizieren und laufenden Missbrauch stoppen könnten.
Der Minister bekräftigte das Ziel aus dem Koalitionsvertrag von Union und SPD, eine Speicherpflicht für IP-Adressen einzuführen. Die IP-Adresse ist so etwas wie die Anschrift eines Computers im Internet, mit der dieser identifiziert werden kann. Telekommunikationsanbieter sollen künftig dazu verpflichtet werden, diese Adressen für mögliche Ermittlungen drei Monate lang zu speichern, damit Täter besser ausfindig gemacht werden können.
Die meisten Opfer sind Mädchen
Wie das Lagebild "Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen" des Bundeskriminalamts (BKA) weiter zeigt, waren von den insgesamt 18.085 Opfern 13.365 Mädchen. Mit 4.720 Jungen waren es 200 mehr als im Vorjahr. In mehr als der Hälfte der Fälle (57 Prozent) bestand zwischen Opfer und dem oder der Tatverdächtigen dem Bericht zufolge nachweislich eine Vorbeziehung.
Auch bei den Jugendlichen ist der Anteil der Mädchen bei den Opfern von sexuellem Missbrauch deutlich höher als der der Jungen. Von den 1.259 Opfern waren 938 weiblich und 321 männlich. Auch hier ist der Anteil der Jungen leicht gestiegen.
Mehr registrierte Tatverdächtige
12.368 Tatverdächtige wurden registriert, ein Zuwachs von 3,9 Prozent gegenüber dem Jahr davor. Die Polizei zählte knapp 1.200 Fälle von sexuellem Missbrauch von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17. Die Zahl der Tatverdächtigen lag hier bei 1.018.
Opfer und Tatverdächtige meistens deutsch
Anders als in anderen Kriminalitätsbereichen sind Opfer und Tatverdächtige in den meisten Fällen deutsch. Beispiel sexueller Kindesmissbrauch: Gut 15.000 der Opfer waren Deutsche, nur knapp 3.000 waren ausländische Staatsbürger. Der Anteil ausländischer Verdächtiger lag in dem Bereich bei 19,7 Prozent, ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (18,8 Prozent).
BKA-Präsident Münch: Täter noch schneller identifizieren
Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, nannte es als Ziel, Täter künftig noch schneller und effektiver zu identifizieren und kriminelle Strukturen zu zerschlagen. Dazu solle gemeinsam mit den Polizisten der Länder regelmäßig gegen Betreiber von Plattformen im sogenannten Darknet vorgegangen werden, auf denen Abbildungen und Videos von sexualisierter Gewalt an Minderjährigen verbreitet werde.
Missbrauchsbeauftragte: Recht auf sicheres Aufwachsen
Die unabhängige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, betonte, Kinder und Jugendliche hätten ein Recht auf ein sicheres Aufwachsen - "offline wie online". Mit der digitalen Welt habe sich das Grundrisiko, Opfer sexualisierter Gewalt zu werden, deutlich verschärft. Politik und Plattformbetreiber müssten für Safe Spaces sorgen, so Claus.
Mit Informationen von KNA, dpa und AFP
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!