Die EU-Kommission hat einen Plan für einen vollständigen Stopp russischer Gasimporte vorgelegt. Damit will die Brüsseler Behörde erreichen, dass von 2028 an kein Gas mehr aus Russland in die Staatengemeinschaft eingeführt wird. 2024 machten Gaslieferungen aus Russland Angaben der EU-Kommission zufolge knapp 19 Prozent aller Importe aus.
Schrittweise Umsetzung des Verbots
Die Importe sollen dem Vorschlag zufolge schrittweise verboten werden, "um Markt- und Versorgungsstabilität zu gewährleisten". Für langfristige Lieferverträge soll das Verbot demnach ab dem 1. Januar 2028 greifen. Gasimporte im Rahmen von kurzfristigen Verträgen will die Kommission schon in einem Jahr verbieten, also ab dem 17. Juni 2026. Auf Basis von ab nun noch abgeschlossenen, neuen Verträgen soll ab dem 1. Januar kein russisches Gas mehr eingeführt werden dürfen.
In Deutschland würde ein solches EU-Gesetz eine Wiederaufnahme von Gaslieferungen durch die Nordsee-Pipeline Nord Stream 2 endgültig ausschließen. EU-Energiekommissar Dan Jørgensen versprach, kein EU-Land werde "infolge dieses Vorschlags ohne Energie bleiben".
Gasverbot soll mit Mehrheitsentscheidung kommen
Rechtlich sind die Brüsseler Vorschläge vom Dienstag keine neuen Sanktionen, anders als etwa eine bereits verhängte Einfuhrsperre auf russisches Öl. Die Kommission beruft sich stattdessen auf einen Artikel in den grundlegenden EU-Verträgen. Darin heißt es, die Gesetzgebung der EU solle "die Sicherheit der Energieversorgung in der Union sicherstellen".
Damit will die EU-Kommission ein mögliches Veto durch Ungarn und die Slowakei umgehen. Anders als im Falle von Sanktionen muss der neue Gesetzesvorschlag nicht einstimmig beschlossen werden. Im Rat der EU-Länder reicht stattdessen eine Mehrheit aus mindestens 15 Staaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung ausmachen. Außerdem muss das Europaparlament mehrheitlich zustimmen.
EU sieht russisches Gas als Gefahr
EU-Energiekommissar Jørgensen sagte: "Der Import von Gas aus Russland ist eine Sicherheitsbedrohung für Europa." Hintergrund des Vorhabens ist insbesondere der seit Februar 2022 andauernde russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. In Folge erließ die EU weitgehende Einfuhrverbote für russische Energieträger wie Kohle und Öl. Gas-Sanktionen gab es wegen Abhängigkeiten bislang aber nicht. Als Flüssigerdgas (LNG) und via der Pipeline Turkstream kommt derzeit weiter Gas in die Staatengemeinschaft.
Einer Analyse der Behörde zufolge könnten die verbleibenden Gasmengen ohne Risiken für die Versorgungssicherheit auslaufen. Auf dem globalen Gasmarkt gebe es genügend alternative Anbieter.
Ausnahmen bei Versorgungskrise möglich
Dennoch enthält der Kommissionsvorschlag eine Art Sicherheitsklausel "um plötzlichen und bedeutenden Entwicklungen auf dem Gasmarkt zu begegnen, die die Versorgungssicherheit eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ernsthaft gefährden". Unter diesen Umständen könnte die Kommission demnach einem oder mehreren betroffenen EU-Ländern erlauben, die Einfuhrverbote für Gas auszusetzen. "Eine solche Genehmigung sollte zeitlich begrenzt sein, und die Kommission kann zusätzliche Bedingungen auferlegen, um sicherzustellen, dass die Aussetzung strikt auf die Bewältigung der Bedrohung beschränkt ist."
Russisches Gas und Öl weiter in der EU
Das deutsche Unternehmen Sefe (Securing Energy for Europe GmbH) hat bei der Einfuhr von LNG in die EU eine wichtige Rolle. Einem Bericht von Anfang des Jahres zufolge importierte Sefe im vergangenen Jahr mehr als sechsmal so viel LNG in die Europäische Union wie noch 2023. Grundlage dafür sind Daten des Rohstoffanalyseunternehmens Kpler. Demnach kamen 5,66 Milliarden Kubikmeter von Sefe aus Russland importiertes Flüssigerdgas im französischen Dünkirchen am Ärmelkanal an.
Darüber hinaus legte die Kommission Pläne für einen vollständigen Stopp russischer Öleinfuhren bis Ende 2027 vor. Denn trotz eines deutlichen Rückgangs der Importe seit Kriegsbeginn kamen 2024 den Angaben nach 13 Millionen Tonnen russisches Rohöl auf den europäischen Markt.
Mit Informationen von dpa und AFP.
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