Mit dem neuen Gesetz will die EU-Kommission den Mitgliedstaaten einen pragmatischen Weg aufzeigen, um den Ausstoß klimaschädlicher Gase weiter zu senken. So sollen die Emissionen bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Die Verantwortlichen sprechen von einem ehrgeizigen, aber flexiblen Plan.
Nächste Etappe
Die Kommission setzt damit ein weiteres Zwischenziel auf dem Weg zur angestrebten Klimaneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts – dann will die EU nicht mehr Klimagase ausstoßen, als durch Aufforstung oder CO₂-Speicherung eingespart werden. Durch die neue Vorgabe möchte die Kommission Menschen und Wirtschaft besser vor den Folgen extremer Wetterereignisse schützen. Überschwemmungen wie in Slowenien 2023 oder im Ahrtal zwei Jahre zuvor verursachten Milliardenschäden.
Mehr Investitionen in Batterienzellenfertigung, Wind- oder Solarparks sollen die EU zum Marktführer bei grünen Technologien machen. Durch den Umstieg von Kohle, Öl und Gas auf erneuerbare Quellen wird Europa außerdem unabhängiger von Energielieferungen aus Drittstaaten. Klimakommissar Wopke Hoekstra begründet den Gesetzentwurf mit Fortschritten bei Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität.
Neues Instrument
Um Haushalte und Firmen nicht zu überfordern, sollen Mitgliedstaaten in begrenztem Umfang Klimaprojekte in Partnerländern finanzieren und sich selbst die Emissionsminderung gutschreiben dürfen. Ab 2036 könnten drei Prozent der Emissionsmenge von 1990 über solche Zertifikate abgedeckt werden – zum Beispiel, indem ein EU-Land hilft, Wälder in Brasilien aufzuforsten.
Nach den Worten von Kommissar Hoekstra wird die EU zunächst eine begrenzte Menge "hochwertiger Emissionszertifikate" außerhalb der EU zulassen. Diese müssten überprüfbar und zertifizierbar sein, um wirklich helfen zu können. Ein geeignetes Regelwerk muss die EU dafür erst noch entwickeln, um sicherzustellen, dass unterm Strich wirklich etwas für den Klimaschutz herauskommt.
Der Gesetzentwurf sieht vor, auch heimische Zertifikate für die CO₂-Entnahme aus der Atmosphäre in den EU-Emissionshandel aufzunehmen. So könnte eine europäische Papierfabrik, die Kohlenstoff aus Biomasse speichert, Gutschriften verkaufen, was bisher nicht möglich ist.
Stärkerer Gegenwind
Das 2040-Ziel soll auch als Grundlage für die Klimapläne genutzt werden, welche die EU bei den Vereinten Nationen einreichen muss. Das soll bis zum Spätsommer erfolgen, rechtzeitig vor dem Weltklimagipfel in Brasilien. Deutschland stimmt dem Klimaziel für 2040 zu, solange flexible Maßnahmen enthalten sind. Andere Mitgliedstaaten wie Frankreich, Polen und Italien sind skeptisch. Grundsätzlich hat sich durch die neuen Mehrheiten nach der Europawahl vor gut einem Jahr die politische Großwetterlage für den Klima- und Umweltschutz verändert. Die Kommission nimmt erklärtermaßen mehr Rücksicht auf die Wirtschaft. Umweltvorhaben stehen unter Rechtfertigungsdruck, nicht die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen einzuschränken.
Auf Druck der christdemokratischen EVP-Fraktion hat die Kommission mehrere Gesetze abgeschwächt, verschoben oder Entwürfe ganz zurückgezogen. Klimakommissar Hoekstra zeigt sich trotzdem zuversichtlich, unter den EU-Ländern und im Europäischen Parlament eine Mehrheit für den Entwurf zu bekommen.
Gemischte Reaktionen
Die CDU im EU-Parlament steht grundsätzlich hinter dem Kommissionsvorschlag. Die Grünen sehen die geplanten Zertifikate skeptisch. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hält Brüssels Plan für unzureichend. Der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Verband der Chemischen Industrie begrüßen den Vorschlag, internationale Klimazertifikate anrechnen zu können und verlangen, das schnell umzusetzen. Der Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft verlangt dafür strenge Kriterien.
Im Video: CO2-Neutralität - EU stellt Etappenziel vor
Die EU will 2050 klimaneutral sein. Auf dem Weg dahin hat die EU-Kommission heute in Brüssel das nächste Etappenziel festgelegt.
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