Die verschärften Kontrollen und Zurückweisungen von Asylsuchenden an der deutschen Grenze sind laut Gewerkschaft der Polizei (GdP) personell nicht lange durchzuhalten. Dass sie bald wieder zurückgefahren werden, ist jedoch laut Bundesinnenministerium nicht zu erwarten.
Bundesinnenministerium: Polizei kann "Kraftakt" bewältigen
"Wir wissen, dass das ein großer Kraftakt für die Bundespolizei ist, für die Organisation und für die Einzelnen", sagte ein Ministeriumssprecher. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) halte die verstärkten Kontrollen dennoch für nötig. Auch habe die Bundespolizei in der Vergangenheit unter Beweis gestellt, dass sie große und auch länger andauernde Lagen bewältigen könne.
GdP: Intensive Kontrollen nur noch "einige Wochen" möglich
Die Gewerkschaft der Polizei hatte zuvor vor einer personellen Überlastung der Einsatzkräfte wegen der verstärkten Grenzkontrollen gewarnt und eine klare zeitliche Begrenzung der Maßnahmen gefordert. "Das schaffen wir nur, weil Dienstpläne umgestellt wurden, die Fortbildungen der Einheiten aktuell auf Eis liegen und derzeit der Abbau von Überstunden gestoppt ist", sagte der Vorsitzende der Bundespolizei in der GdP, Andreas Roßkopf, den Funke-Zeitungen. "Klar ist: Die intensiven Kontrollen kann die Polizei nur noch einige Wochen aufrechterhalten."
"Wir fahren im roten Bereich"
Neben den 11.000 Bundespolizisten an den deutschen Landgrenzen seien seit Tagen weit mehr als 1.000 Bereitschaftspolizisten, die normalerweise Risiko-Fußballspiele oder Großdemonstrationen absichern, an den Grenzen im Einsatz, sagte Roßkopf. "Wir fahren jetzt auf Kante, wir fahren im roten Bereich", erklärte er dem ARD-Hauptstadtstudio.
Roßkopf hob zugleich aber hervor, dass die Polizeigewerkschaft hinter dem Bemühen der Politik stehe, die "irreguläre Migration nach Deutschland auch mit Grenzkontrollen durch die Bundespolizei zu reduzieren".
Söder hält Aufstockung der Bundespolizei für nötig
Bundesinnenminister Dobrindt hatte kurz nach seiner Amtsübernahme die verstärkten Kontrollen an den deutschen Landgrenzen angeordnet. Dadurch solle die Zahl der Zurückweisungen "nach und nach steigen". Dobrindt machte aber auch bereits deutlich, dass diese Maßnahmen nicht auf lange Dauer angelegt seien. Binnen einer Woche stieg dem Minister zufolge die Zahl der Zurückweisungen um fast die Hälfte.
Der innenpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Alexander Throm, betonte ebenfalls, dass die Grenzkontrollen bereits Wirkung zeigten. "Deutschland ist nicht mehr der Magnet für Migration in Europa."
CSU-Chef Markus Söder sprach nach einer Sitzung des CSU-Vorstands im Zusammenhang mit den verschärften Grenzkontrollen und den Zurückweisungen an den deutschen Grenzen von einer Rückkehr zu "Recht und Ordnung". Zugleich betonte er, das Personal der Bundespolizei müsse verstärkt werden.
SPD-Experte sieht politisches Risiko
Der SPD-Innenexperte Lars Castellucci verwies hingegen darauf, dass der deutsche Weg auch Gefahren berge. "Mit verschärften Grenzkontrollen und unabgestimmten Zurückweisungen auch von Asylsuchenden gehen wir allerdings ein Risiko ein, dass unsere europäischen Nachbarn den gemeinsamen Kurs der Asylreform in Europa verlassen und auf nationale Maßnahmen setzen", sagte Castellucci den Funke-Zeitungen. In der Migration könne Deutschland aber "nur gemeinsam mit unseren Nachbarn erfolgreich sein".
Grüne sorgen sich um Überforderung der Polizei
Die Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic äußerte Verständnis für die Klagen der GdP. Sie verwies auf Zwölf-Stunden-Dienste und gestrichene Fortbildungen für die Beamten. Diese seien bereits an der Belastungsgrenze angelangt. Sie gehe davon aus, dass sich die Lage rasch zuspitzen werde, sagte Mihalic in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv: "Wenn das noch zwei bis drei Wochen gut geht, dann geht es lange gut."
Der Landtagsabgeordnete Toni Schuberl aus Passau hält die Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze für "verantwortungslos" und "gefährlich". Dabei geht es dem Grünen-Politiker vor allem um die Sicherheit der Polizeibeamten: "Wenn jemand gegen die Kontrollen Widerstand leistet, wäre er im Recht, weil er sich gegen eine unrechtmäßige Maßnahme wehrt."
Der niederbayerische Politiker fordert, die Kontrollen zu beenden. "Wir haben keine Krisensituation, die das Aussetzen des Schengen-Abkommens und den Verschleiß unserer Beamtinnen und Beamten rechtfertigt. Zumal das Personal dann im Inland fehlt, um dort Verbrechen zu bekämpfen", so Schuberl.
Mit Informationen von DPA und AFP
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!