Job, Kinderbetreuung und politische Krisen, zunehmend trifft Stress vor allem jüngere Menschen. Ältere sind laut Stressreport hingegen deutlich seltener Druck und Belastung ausgesetzt: Aktuell fühlen sich 38 Prozent der über 60-Jährigen häufig oder manchmal gestresst. In dieser Altersgruppe gibt es keine signifikanten Unterschiede zu vorangegangenen TK- Stressreports der Jahre 2013 bis 2021. Ganz anders ist das bei jüngeren Menschen.
Was macht Stress mit unserer Gesundheit? Darüber haben wir bei BR24 um 16 Uhr mit Hendrik Berth, Professor für Psychosoziale Medizin an der Technischen Universität Dresden (externer Link) gesprochen. Außerdem stellt Sophie Menner vom BR24-Data Team die exklusive Recherche zu diesem Thema live vor. Das Video finden Sie oben eingebettet über diesem Artikel.
Deutliche Stresszunahme bei jungen Menschen
2013 fühlten sich 71 Prozent der befragten 18- bis 39-Jährigen häufig oder manchmal gestresst, aktuell sind es 83 Prozent. Verpflichtungen in Familie oder Beruf scheinen laut TK eine große Rolle für das Stressempfinden zu spielen. Eher gestresst fühlen sich Eltern von minderjährigen Kindern (88 Prozent gegenüber 58 Prozent bei Personen ohne Kinder im Haushalt). Mehr Stress empfinden auch Erwerbstätige (81 Prozent gegenüber 49 Prozent bei Nichtberufstätigen). Menschen mit Abitur oder Studium fühlen sich häufiger gestresst (74 Prozent) als Menschen mit höchstens mittlerem Bildungsabschluss (61 Prozent).
Die Zahlen des Stressreports der Techniker Krankenkasse passen gut ins Bild der Jugendtrendstudie vom Institut für Generationenforschung in Augsburg. Demnach stieg von 2009 bis 2024 der empfundene Stress der Generation Z (Jahrgänge 1995-2010) um 9% und die Sorgen um 28%, so die Ergebnisse der diesjährigen Jugendtrendstudie.
Männer stresst die Arbeit, Frauen die hohen Ansprüche an sich selbst
Hohe Ansprüche an sich selbst sind laut TK die häufigste Ursache von Stress und belasten etwa sechs von zehn Menschen in Deutschland. Auf Platz zwei folgt mit 58 Prozent der Beruf beziehungsweise die Schule oder das Studium. Die neu aufgenommene Antwortmöglichkeit „politische und gesellschaftliche Probleme“ ist der dritthäufigste Grund für Stress.
Frauen und Männer unterscheiden sich deutlich: Im Vergleich zu Männern stellen sie höhere Ansprüche an sich selbst (68 Prozent gegenüber 51 Prozent) oder fühlen sich stärker belastet durch politische und gesellschaftliche Probleme (58 Prozent gegenüber 47 Prozent), soziale Konflikte (46 Prozent gegenüber 35 Prozent), Haushalt (42 Prozent gegenüber 29 Prozent), Kinderbetreuung (33 Prozent gegenüber 14 Prozent) oder die Pflege eines Angehörigen (27 Prozent gegenüber 16 Prozent). Männer nennen hingegen häufiger die Arbeit als Ursache von Stress (65 Prozent gegenüber 53 Prozent bei Frauen).
Mehr als 60 Prozent der gestressten Menschen belastet das Thema Krieg
Dem TK-Stressreport zufolge belastet das Thema "Kriege und internationale Konflikte" die Befragten, die zumindest manchmal gestresst sind, am meisten. Dabei fühlen sich Frauen stärker gestresst als Männer (68 Prozent gegenüber 54 Prozent). Ähnlich belastend empfinden gestresste Personen die politische Polarisierung (59 Prozent) oder die Gefährdung der inneren Sicherheit durch Kriminalität, Terrorismus und Extremismus (52 Prozent).
Durch mögliche Auswirkungen des Klimawandels und Umweltprobleme fühlen sich 44 Prozent gestresst. Auch hier liegt der Anteil bei Frauen höher als bei Männern (52 Prozent gegenüber 35 Prozent).
Warum beeinflussen uns externe Krisen so sehr?
Psychologin und Glücksforscherin Judith Mangelsdorf sieht bei externen Krisen das Problem der mangelnden Möglichkeiten zur Einflussnahme. „Der große Unterschied zwischen persönlichen Krisen, wie zum Beispiel dem Verlust des Arbeitsplatzes, und den großen politischen Themen ist das Kontrollerleben“, so Mangelsdorf. Persönliche Krisen könne jeder als Individuum beeinflussen, auch seien sie zeitlich überschaubarer.
Themen wie der gesellschaftliche Rechtsruck oder der Klimawandel hingegen seien nicht in demselben Maße von einzelnen Menschen beeinflussbar, sagt die Glücksforscherin: „Wir sind evolutionspsychologisch nicht dafür gemacht, uns den ganzen Tag mit den Krisen des gesamten Planeten auseinanderzusetzen. Das heißt, wir müssen wieder lernen zu steuern, wann informiere ich mich aus welchem Grund“. Helfen könnten dabei digitale DetoxZeiten, Social-Media-Plattformen nur am Laptop und nicht auf dem Handy nutzen und den Einsatz von Graustufenfilter, um Nachrichten und Social-Media für das Gehirn deutlich unattraktiver zu machen, so die Psychologin und Glücksforscherin Mangelsdorf.
Mit Blick auf die Zukunft gehen 57 Prozent der Befragten davon aus, dass das Leben in den nächsten Jahren im Vergleich zu heute noch stressiger werden wird. Diese Einschätzung ist unabhängig vom persönlichen Stressempfinden. 38 Prozent meinen, dass sich die Situation nicht wesentlich verändern wird. Nur drei Prozent der Befragten erwarten laut Techniker Krankenkasse in Zukunft ein entspannteres Leben.
Im Video: Jeder dritte Deutsche leidet unter Stress
Zwei von drei Menschen in Deutschland empfinden häufig oder manchmal Stress, so das Ergebnis des aktuellen Stress-Reports der TK.
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