Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (Archivbild vom 25.3.)
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Immer wieder ein Aufreger – Julia Klöckner

Immer wieder ein Aufreger – Julia Klöckner

Erst kurz im Amt zieht Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) Kritik auf sich. Das ist ungewöhnlich für eine Parlamentspräsidentin – aber für Klöckner eher normal, wie eine Analyse ihrer politischen Laufbahn zeigt.

Der 13. März 2016 soll für Julia Klöckner der Tag des größten Triumphs werden. Es wird der Tag ihrer größten Niederlage. Klöckner und die CDU verlieren die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz, landen nur auf Platz 2 hinter der SPD von Ministerpräsidentin Malu Dreyer – obwohl die CDU monatelang in den Umfragen vorne lag, zeitweise mit zehn Prozentpunkten.

Klöckner und der Wein

Klöckner verkörpert Volksnähe, Lebensfreude und Heimat wie kaum jemand anders. Sie ist katholisch, und zwar nicht nur auf dem Papier, Theologie ist eines ihrer Studienfächer. Sie ist Winzertochter, Weinkönigin, und selbst ihre Magisterarbeit hat mit Weinbau zu tun. Mehr Rheinland-Pfalz geht kaum.

Zusätzlich hat Klöckner 2016 als stellvertretende CDU-Vorsitzende bundespolitisches Gewicht. Eine der Parteivizes ist sie seit 2012, immer gewählt mit dem besten Ergebnis. Wird Klöckner Ministerpräsidentin, kommt sie für die Zeit nach der Ära Merkel als Kanzlerin infrage.

Klöckner, Merkel und die Flüchtlingspolitik

Dass es nicht klappt, hat auch mit Pech zu tun. Die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Merkel wird immer kritischer gesehen und zieht die CDU in den Umfragen nach unten. Klöckners Problem ist, dass sie sich als Merkels Stellvertreterin nicht glaubhaft von der Kanzlerin distanzieren kann. Sie versucht es trotzdem, mit eigenen Vorschlägen: strengeren Regeln für Flüchtlinge. Doch den Bruch mit Merkel und deren Flüchtlingspolitik wagt sie nicht. Die Rheinland-Pfälzer wissen nicht, woran sie bei Klöckner sind.

2009 ist Julia Klöckner als Bundestagsabgeordnete Mitglied der Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten wählt. Noch bevor das Ergebnis der Wiederwahl von Horst Köhler bekannt gegeben wird, twittert Klöckner, damals Mitglied der Zählkommission: "Leute, ihr könnt in Ruhe Fußball gucken. Wahlgang hat geklappt." Es folgen harsche Kritik, eine Entschuldigung und der Rückzug vom Amt der Schriftführerin.

Klöckner und das Nestlé-Video

Bis heute unvergessen ist aber vor allem ein Video aus Klöckners Zeit als Bundeslandwirtschaftsministerin. In dem kurzen Clip tritt sie mit dem Deutschland-Chef von Nestlé auf und lobt das Unternehmen für weniger Salz, Zucker und Fett in dessen Lebensmitteln. Kritiker sprechen von einem "Werbevideo".

Vor wenigen Tagen dann sorgt ein Interview für Aufregung. Klöckner ist inzwischen Bundestagspräsidentin – ein Amt, in dem man zwar sein Parteibuch behält, aber weitgehend überparteilich agiert. Protokollarisch ist Klöckner nach dem Bundespräsidenten die Nummer 2 im Staat. Ihre Worte haben mehr Gewicht als je zuvor.

Klöckner kritisiert Kirche

In der "Bild am Sonntag" nimmt sich Klöckner zu Ostern die Kirche zur Brust. Diese werde "austauschbar", wenn sie "nicht mehr die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod im Blick" habe und "zu tagesaktuellen Themen Stellungnahmen abgibt wie eine NGO".

Ob das ein "Maulkorb" für die Kirchen ist, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD nahelegt, sei dahingestellt. Mindestens ungewöhnlich erscheint eine derartige Kritik an den Kirchen von einer Bundestagspräsidentin aber durchaus; kaum vorstellbar, dass Klöckners Vorgängerin Bärbel Bas (SPD) oder deren Vorgänger, die CDU-Männer Wolfgang Schäuble und Norbert Lammert, sich zu Ostern derart an die Kirchen gewandt hätten.

Kritik an Klöckner kommt jedenfalls auch aus der eigenen Partei: Die frühere Bundesbildungsministerin und Vatikan-Botschafterin Annette Schavan und Ex-NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sagen, das Christentum, bzw. die Kirche, seien immer schon politisch gewesen.

Klöckner, die andere Präsidentin

Klöckner bleibt also streitbar, auch als Bundestagspräsidentin. An ihre neue Rolle muss sie sich noch gewöhnen – und der Bundestag an sie. Auf den ersten Blick unterscheidet sich Klöckner von vielen ihrer Vorgänger deutlich: vom Intellektuellen Lammert, vom Elder Statesman Schäuble, von der zurückhaltenden Bas. Aber manchmal ist ja der zweite Blick entscheidend.

Im Video: Julia Klöckners Antrittsrede als Bundestagspräsidentin

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