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K.O.-Tropfen: Justizministerin Hubig plant höhere Mindeststrafe

K.O.-Tropfen: Justizministerin Hubig plant höhere Mindeststrafe

Wer K.O.-Tropfen einsetzt, um eine Vergewaltigung oder einen Raub zu begehen, muss aktuell mit mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe rechnen. Zu wenig, findet Bundesjustizministerin Hubig. Welche Verschärfung sie will – und wie es jetzt weitergeht.

Über dieses Thema berichtet: Bayern-2-Nachrichten am .

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig wählt deutliche Worte: "Vergewaltigungen unter Einsatz von K.O.-Tropfen sind besonders perfide und gefährlich. Die Täter machen ihre Opfer wehrlos und nutzen das niederträchtig aus." Solche Taten müssten hart bestraft werden, betont die SPD-Politikerin. "Deshalb müssen wir das Strafrecht anpassen und verschärfen."

Zum Artikel: K.O.-Tropfen: Wie wirken sie und wie kann man sich schützen?

Mindestens fünf Jahre statt mindestens drei Jahre Freiheitsstrafe

Was geplant ist, zeigt ein jetzt veröffentlichter Gesetzentwurf aus Hubigs Ministerium. Bisher gilt: Wer eine Vergewaltigung oder einen Raub begeht und dafür K.O.-Tropfen einsetzt, muss häufig mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren rechnen. Künftig sollen es grundsätzlich mindestens fünf Jahre sein – strafrechtlich gesehen immer ein besonders schwerer sexueller Übergriff oder ein besonders schwerer Raub. Dafür sollen K.O.-Tropfen als "gefährliches Mittel" eingestuft werden.

Zwar können Gerichte schon jetzt die verhängte Strafe verschärfen, wenn heimlich K.O.-Tropfen zum Einsatz gekommen sind. Aber: Sie gelten nicht als "gefährliches Werkzeug", wie das Bundesjustizministerium erläutert. "Damit handelt es sich nach geltendem Recht regelmäßig nicht um eine besonders schwere Form des sexuellen Übergriffs oder des Raubes, für den das Gesetz eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren vorsieht." Das werde "der besonderen Gefahr und Verwerflichkeit, die von dem Einsatz von K.O.-Tropfen ausgeht, nicht gerecht".

Unterstützung vom bayerischen Justizministerium

Aus Bayern kommt Lob für die Pläne. Man unterstütze das Gesetzesvorhaben, betont ein Sprecher des bayerischen Justizministeriums auf BR24-Anfrage.

"Das Verabreichen von K.O.-Tropfen ist ein perfides Mittel, um Frauen gegen ihren Willen zur Duldung oder zur Vornahme sexueller Handlungen zu veranlassen", sagt der Ministeriumssprecher. "Die Opfer sind in vielen Fällen dem Täter hilflos ausgeliefert und leiden danach an Gedächtnisverlust und Angstzuständen." Diesem besonderen Unrecht der Tat müsse das Strafrecht gerecht werden.

Rechtsanwälte üben Kritik: Strafrahmen reicht aus

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und der Deutsche Anwaltverein (DAV) sahen dagegen zuletzt keinen Anlass, das Strafrecht mit Blick auf K.O.-Tropfen zu verschärfen. Wie in einem ausführlichen LTO-Artikel (externer Link) dargelegt, finden BRAK und DAV: Schon jetzt sei beim Einsatz von K.O.-Tropfen eine angemessene Bestrafung des Täters möglich. Bei "höchststrafwürdigen Fällen" könne ein Gericht sogar bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe verhängen.

Außerdem sei unklar, ob die Fallzahlen tatsächlich gestiegen seien: "Nicht nur sind K.O.-Tropfen wegen der Abbauprozesse zeitlich nur begrenzt nachweisbar, sondern der typische bewusste Begleitkonsum von Alkohol oder Drogen verzerrt die Daten zusätzlich." In der polizeilichen Kriminalstatistik werde die Verwendung von K.O.-Tropfen nicht eigens erfasst.

Wie es jetzt mit dem Gesetzentwurf weitergeht

Der Gesetzentwurf, der das Strafrecht verschärfen soll, liegt jetzt bis 19. Dezember bei den Bundesländern und Verbänden wie BRAK und DAV. Bis dahin können sie Stellung nehmen. Voraussichtlich Anfang 2026 dürfte die finale Version des Gesetzentwurfs im Bundestag besprochen und im zuständigen Ausschuss weiter bearbeitet werden.

Zuletzt hatte bereits der Bundesrat, also die Vertretung der Bundesländer im Gesetzgebungsverfahren, einen ähnlichen Gesetzentwurf im Bundestag eingebracht. Angestoßen von Nordrhein-Westfalen hatte der Bundesrat das Vorhaben im Mai beschlossen. NRW-Landesjustizminister Benjamin Limbach (Grüne) erklärte damals: "K.O.-Tropfen entziehen den Opfern die Kontrolle über ihren Körper und jede Möglichkeit, sich zu wehren." Es sei an der Zeit, "dass unser Strafrecht der Schwere dieser Taten gerecht wird".

K.O.-Tropfen: Herstellung und Handel werden verboten

Vor knapp zwei Wochen hatte der Bundestag beschlossen, die Herstellung und den Handel mit zwei als K.O.-Tropfen einsetzbaren Substanzen zu verbieten. Noch ist das entsprechende Gesetz aber nicht in Kraft, Stand jetzt könnte es ab April 2026 gelten.

Der Sucht-und Drogenbeauftragte Hendrik Streeck (CDU) bezeichnete K.O.-Tropfen jüngst als "Mittel gezielter chemischer Gewalt". Landen solche Chemikalien im Getränk, erleiden viele Betroffene einen sogenannten Filmriss. Oft wird ihnen schummrig oder schwindlig, manche werden auch ohnmächtig.

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