Ein Schalthebel mit fünf Gängen in einem Auto.
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Autos mit Gangschaltung werden immer seltener. Trotzdem wird der Führerschein für Schaltwagen noch nachgefragt.
Bildrechte: picture alliance / PIXSELL | Jurica Galoic/PIXSELL
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Autos mit Gangschaltung werden immer seltener. Trotzdem wird der Führerschein für Schaltwagen noch nachgefragt.

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Kompromiss in Fahrschulen: Schalten komplett im Simulator lernen

Kompromiss in Fahrschulen: Schalten komplett im Simulator lernen

Fahrprüfung check, ab ins Familienauto – mit Gangschaltung. Doch Fahren auf der Straße mit Schalthebel fühlt sich ungewohnt an. Denn laut Plan des Verkehrsministers darf Schalten künftig rein am Simulator erlernt werden. Riskant oder kein Problem?

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Simulator statt Schaltwagen: Wenn die Führerschein-Pläne von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) umgesetzt werden, würde es reichen, wenn Fahrschulen nur noch Pkw mit Automatikgetriebe vorhalten – Autos mit Gangschaltung könnten ausgemustert werden. Denn Gang einlegen und Kupplung kommen lassen, könnte komplett am Simulator erlernt werden. Prüflinge sitzen am Ende im Automatik-Fahrzeug, könnten aber nach Bestehen auch das Gangschalt-Auto der Eltern nutzen.

Wie gut das geht und wie kostensparend das ist, diskutierte die BR24-Community. User "herz" kommentierte: "Am Simulator kann man nicht vergleichen mit echtem Fahren. Außerdem muss eine Fahrschule auch den Simulator kaufen – der kostet auch was, gell! (...)"

"Zum Erlernen einiger Basics sind Simulatoren äußerst hilfreich (...)", hielt Nutzer "Wilbury" entgegen. Heißt aber: Braucht es am Ende doch "Auto UND Simulator", wie "herz" ansprach?

Simulator nicht gleich Simulator

Peter Bieber, Vizepräsident vom Verband innovativer Fahrschulen, war bei der Entwicklung der Reformpläne involviert. Er räumt ein: Ein vergleichsweise günstigerer Simulator von vor zehn Jahren erfülle "die Vorgaben nicht und reicht auch nicht aus, damit der junge Mensch von diesem Simulator ins Realfahrzeug einsteigen und dann das alles kann." Simulator sei aber nicht gleich Simulator: Bildschirme, Hydraulik und Funktionen unterschieden sich. "Es gibt Hochleistungssimulatoren, bei denen ist das Erlernen der Schaltkompetenz wirklich 1:1 so, wie es in einem Realfahrzeug ist." Gefühl, Abläufe, Aussehen: vergleichbar. "Dahingehend sehe ich hier keine Gefahr für die Verkehrssicherheit."

Auch Kay Schulte, Referatsleiter Unfallprävention beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat, kann sich sehr gut vorstellen, dass die aktuell nötigen zehn Stunden für die Schaltkompetenz in einem Simulator absolviert werden. Zwar sei etwa das erste Mal Anfahren am Berg im echten Schaltauto gefühlsmäßig schon ein bisschen was anderes, "aber darauf kann man sich relativ schnell einstellen".

Experte: Ein vertretbarer Kompromiss

Fahrten im echten Fahrschulauto bleiben, aber eben nur mit Automatik. "Grundsätzlich kann die reale Fahrt mit einem echten Fahrzeug nichts ersetzen, auch ein Simulator nicht." So sieht es Bernd Brenner. Er ist Geschäftsführer der DVPI Fahrlehrerfachschule in Frankfurt. "Man muss manchmal Kompromisse eingehen. Und ich denke, es ist vertretbar, auch unter Sicherheitsaspekten." Gerade das Schalten sei "einigermaßen lebensnah" nachstellbar.

Brenner sagt, auch beim Einführen der zehn Stunden in einem Schaltauto sei man einen Kompromiss eingegangen. Auch da gebe es Fälle, wo Schüler drei Wochen später das Auto nicht mehr vom Hof bekämen – trotzdem wurde ihnen bescheinigt, Schaltautos führen zu können. Bieber fügt an: Ein Gefühl fürs eigene Auto müsse man immer erst bekommen.

Mindeststandards nötig

Alle Experten sagen: Es braucht Mindeststandards, welche Simulatoren für Fahrschulen geeignet sind, sowie pädagogische Konzepte.

Wichtig ist aber auch: Nach den Plänen von Schnieder gibt es keine Verpflichtung für Fahrschulen, sich einen Simulator zuzulegen.

Markus Dill, ebenfalls von der Fahrlehrerfachschule in Frankfurt, erwartet bei der Simulator-Entwicklung einige Fortschritte: "Die Anbieter haben aufgrund der gesetzlichen Situation jahrelang nicht viel investiert. Da werden jetzt sehr viele Investitionen fließen und die Technik wird besser werden."

Die Fahrausbildungsreform ist auch angedacht, um Kosten zu senken. Doch BR24-User sind teils skeptisch: "(...) Ein Simulator, der das wirklich realistisch kann, wird definitiv mehr kosten als ein Auto mit Schaltgetriebe", befürchtete "HabdamalneFrage". "(...) Erstmal müssten alle Fahrschulen in Fahrsimulatoren investieren. Das werden die auf den Preis umlegen (müssen)? Zumindest muss sich das erst amortisieren", kommentierte Nutzer "Fix".

Die Kosten für ein neues Auto oder einen guten Simulator seien recht ähnlich, so die Experten. Laut einer Untersuchung des Instituts für Automobilwirtschaft [externer Link] verlangen Fahrschulen aber für Simulator-Stunden weniger als für Pkw-Fahrstunden. Im Simulator braucht es keine 1:1-Betreuung des Fahrlehrers, Personal- und Betriebskosten sind niedriger. "In 1,5 bis zwei Jahren, wenn man das von den Personalkosten gegenrechnet, hat sich ein Fahrsimulator amortisiert, wenn er auch genutzt wird und fährt", sagt Bieber zu Berechnungen des Verbands innovativer Fahrschulen. Aber das Schaltauto müsse dafür weg.

Schaltgetriebe eh bald out?

Bleibt das Argument von BR24-User "Schlumpfi": "Das Schaltgetriebe wird schon in ein paar Jahren wie ein Relikt aus der Steinzeit anmuten. (...)"

Tatsächlich werden Schaltgetriebe wohl aussterben. Doch gerade junge Leute schauen sich häufig auf dem Gebrauchtwagenmarkt um. Mietwagen im Ausland haben auch oft eine Gangschaltung.

Um auch künftig eingesetzt werden zu können, besitzen viele Simulatoren eine Umschaltfunktion zwischen Automatik und Gangschaltung. Am Ende soll der Simulator auch nicht nur für die Schaltkompetenz zum Tragen kommen. Gerade nicht-alltägliche Situationen, wie Überholen auf Landstraßen, Einsatz mit Martinshorn oder Notbremsassistenten, könnten in Simulatoren trainiert werden.

Im Video: Was können Simulatoren – und was nicht? (November 2024)

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