Züge, U-Bahnen, Aufzüge – alles steht still: In Spanien und Portugal gibt es seit 12.30 Uhr MESZ einen massiven Blackout. Millionen Menschen sind ohne Strom. "Pläne zur Wiederherstellung der Stromversorgung" seien in die Wege geleitet worden, hieß es vom spanischen Stromnetzbetreiber Red Eléctrica. "Die ganze iberische Halbinsel" sei betroffen, teilte der portugiesische Netzbetreiber mit. Auch Teile Südfrankreichs waren Berichten zufolge teilweise ohne Strom. Inzwischen wurde in "mehreren Gebieten im Norden, Süden und Westen" Spaniens die Versorgung wiederhergestellt, so Red Eléctrica. An der Wiederherstellung im ganzen Land werde gearbeitet.
Derzeit keine Hinweise auf Cyberangriff
Die Ursachen für den massiven Stromausfall würden noch analysiert. Spaniens nationale Cybersicherheitsbehörde INCIBE untersuche, ob ein Hackerangriff hinter dem Stromausfall stecken könnte, schrieb die spanische Zeitung "El País". Doch derzeit gebe es keine Hinweise auf einen Cyberangriff, erklärte der aus Portugal stammende EU-Ratspräsident António Costa auf der Plattform X. Die EU-Kommission ist im Kontakt mit den Behörden in Spanien und Portugal, "um die Ursache und die Auswirkungen der Situation zu verstehen", teilte eine Sprecherin in Brüssel mit.
Der Stromausfall in Portugal sei durch eine Störung im spanischen Stromnetz verursacht worden, die auf ein "seltenes atmosphärisches Phänomen" zurückzuführen sei, meldete der portugiesische Stromnetzbetreiber REN. Details wurden nicht genannt. Nach Angaben des spanischen Netzbetreibers könnte es sechs bis zehn Stunden dauern, bis die komplette Stromversorgung wieder hergestellt ist. Von portugiesischer Seite heißt es, die vollständige Normalisierung des Netzes könnte "aufgrund der Komplexität des Phänomens" bis zu einer Woche dauern.
Drei Atomkraftwerke im Notstrombetrieb
In Spanien laufen die Reaktoren der drei in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke im Notstrombetrieb. Der Nukleare Sicherheitsrat des Landes teilte mit, die Reaktoren der drei AKW seien automatisch entsprechend des Sicherheitsprotokolls heruntergefahren worden und würden durch Dieselgeneratoren versorgt. Die Kraftwerke Almaraz II, Ascó I und II sowie Vandellós II befänden sich damit in einem "sicheren" Zustand. Auf die Beschäftigten der Kraftwerke, Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Umwelt habe der Vorgang keine Auswirkungen gehabt, erklärte der Sicherheitsrat weiter.
Öl-Raffinerien unter anderem in Bilbao mussten ihren Betrieb einstellen. Die Notfallpläne seien in Kraft, die Sicherheit von Anlage und Mitarbeitern sei gewährleistet, teilten die Betreiber mit.
"Alles ist stehen geblieben"
"Alles ist stehen geblieben", sagt Julia S., eine Fränkin, die seit Februar im portugiesischen Ponte de Sor lebt und arbeitet zu BR24. "Es herrscht Verkehrschaos. Wir können keinen Kaffee kochen, nicht das Auto aus der Garage fahren, weil die Tür nur elektrisch aufgeht. Wir haben kein Internet. Es herrscht Chaos."
Verkehr massiv beeinträchtigt
"El País" (externer Link) sprach von einem "massiven Stromausfall". In Spanien seien unter anderem Züge, Flüge und öffentliche Verkehrsmittel betroffen. Teile der U-Bahn in Madrid seien evakuiert worden, berichteten Radiosender. Spaniens Eisenbahngesellschaft Renfe meldete, dass um 12.30 Uhr (Ortszeit) an allen Bahnhöfen die Züge stehen geblieben und nicht abgefahren seien.
Auch Spaniens Flughafenbetreiber Aena meldete "Zwischenfälle" wegen des Blackouts. Notfallgeneratoren seien aktiv. Passagiere sollten sich mit Fragen an ihre jeweilige Fluggesellschaft wenden, da es möglicherweise Probleme bei der Weiterreise am Boden gebe. Es gebe Flugverspätungen im ganzen Land.
Ampeln fielen aus
Auf den Straßen fielen Ampeln aus, die Polizei regelte den Verkehr. Es bildeten sich kilometerlange Staus. Aufzüge blieben stehen, teilweise steckten Menschen fest. Verkäufer standen vor ihren dunklen Läden. Die Menschen wurden aufgefordert, möglichst nicht Auto zu fahren. Teilweise stellten auch Tankstellen ihren Betrieb ein.
Masters-1000-Tennisturnier unterbrochen
Betroffen war auch das Masters-1000-Tennisturnier in Madrid. Die Partie des Bulgaren Grigor Dimitrow gegen den Briten Jacob Fearnley musste beim Stand von 6:4, 5:4 unterbrochen werden. Die Seilkamera, die sogenannte Spider Cam, war direkt über dem Centre Court hängen geblieben.
Auf den Kanarischen oder Balearischen Inseln gab es dagegen laut Reportern Strom. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez habe sich zur Zentrale von Red Electrica begeben, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Er berief eine Krisensitzung der Regierung in Madrid ein, ebenso die portugiesische Regierung.
Blackout auch in Portugal
Im Nachbarland Portugal erstrecke sich ein Blackout über mehrere Gebiete – vom Norden bis in den Süden des Landes, berichtete der Sender RTP. Die Polizei erklärte, im ganzen Land seien Ampeln ausgefallen. In Lissabon und Porto sei die U-Bahn geschlossen. Züge verkehrten nicht mehr. "Alle Pläne zur Wiederherstellung der Energieversorgung wurden aktiviert – in Zusammenarbeit mit den europäischen Energieproduzenten und Betreibern", so der portugiesische Netzbetreiber REN.
Ein Insider von Portugals Fluglinie TAP berichtete, der Flughafen von Lissabon funktioniere aufgrund von Not-Generatoren.
Im in den Pyrenäen gelegenen Kleinstaat Andorra dauerte der Stromausfall dagegen nur wenige Sekunden, meldete der Energieversorger FEDA auf X. Der Ausfall sei auf spanischer Seite verursacht worden und die Elektrizität dank der "automatischen Wiederverbindung mit der aus Frankreich kommenden Leitung" umgehend wiederhergestellt worden.
Auch Frankreich war zwischenzeitlich vom Blackout betroffen. Der Stromnetzbetreiber RTE schrieb, dass Haushalte im französischen Teil des Baskenlandes einige Minuten lang ohne Strom waren. Die Versorgung sei aber wiederhergestellt worden.
Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP
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Reisende im Bahnhof von Valencia
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Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) empfiehlt eine Notstromversorgung für daheim.
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