Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) glaubt, dass die Waffenruhe im Gazastreifen halten kann. "Ein dauerhafter Frieden ist möglich", sagte Merz in Jerusalem bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Dies gelte auch trotz vereinzelter Rückschläge bei dem vereinbarten Waffenstillstand. Man arbeite "mit an dem Ziel eines neuen Nahen Ostens", in dem auch der Staat Israel anerkannt werde. "Unsere Überzeugung lautet, die perspektivische Gründung eines palästinensischen Staats an der Seite Israels eröffnet vermutlich die beste Aussicht auf diese Zukunft."
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Merz für Zweistaatenlösung
Eine Zweistaatenlösung werde sich nur durch Verhandlungen verwirklichen lassen und sie werde "am Ende dieser Verhandlungen stehen". Solche Verhandlungen seien "eben jetzt notwendig". Mit Zweistaatenlösung ist gemeint, dass Israel und ein unabhängiger Palästinenserstaat friedlich Seite an Seite existieren.
Netanjahu: "Keinen Staat vor unserer Haustür"
Doch in diesem Punkt unterscheiden sich die Positionen: Zwar sprach auch Netanjahu von "Gelegenheiten für Frieden" in der Region, lehnt aber einen unabhängigen palästinensischen Staat weiter ab. "Die iranische Achse ist zerschlagen", sagte Netanjahu. "Wir glauben, dass es einen Weg gibt, einen umfassenderen Frieden mit den arabischen Staaten voranzubringen, und auch einen Weg, einen funktionierenden Frieden mit unseren palästinensischen Nachbarn zu schaffen." Aber: "Wir werden keinen Staat vor unserer Haustür schaffen, der sich unserer Zerstörung verschrieben hat."
Die erste Phase des Gaza-Plans von US-Präsident Donald Trump sei "fast vorbei", im Gazastreifen befinde sich noch die Leiche einer Geisel. Eine Entwaffnung der islamistischen Hamas sei eine Vorbedingung für eine friedliche Regelung. Die zweite Phase des Waffenruhe-Plans werde schwieriger sein.
Hamas unter Bedingungen zu Abgabe der Waffen bereit
Unterdessen erklärte sich die Hamas unter bestimmten Bedingungen zur Abgabe ihrer Waffen bereit. Voraussetzung sei ein Ende der "Besatzung", erklärte die Palästinensergruppe mit Blick auf die israelische Armee im Gazastreifen. Auch die Vermittlerstaaten Katar und Ägypten forderten den kompletten Abzug der israelischen Soldaten aus dem Palästinensergebiet.
Die Hamas hatte die Abgabe ihrer Waffen bisher stets abgelehnt. Am Samstag nun erklärte ihr Anführer im Gazastreifen, Chalil al-Hajja: "Unsere Waffen sind mit der Besatzung und der Aggression verbunden. Wenn die Besatzung aufhört, werden diese Waffen unter die Autorität des Staates gestellt." Wie sein Büro auf Nachfrage der Nachrichtenagentur AFP präzisierte, forderte er damit einen souveränen Palästinenserstaat, an den die Hamas bei einem Rückzug der israelischen Armee ihre Waffen übergeben könnte.
Merz sichert Israel Unterstützung zu
Merz bekräftigte bei seinem Antrittsbesuch zudem die besondere Verantwortung Deutschlands für das Existenzrecht des jüdischen Staates. "Es bleibt der unveränderliche Wesenskern der Politik der Bundesrepublik Deutschland, an der Seite dieses Landes zu stehen", sagte er bei einem Treffen mit Israels Präsident Isaac Herzog.
Merz betonte aber auch, dass er zu einer Zeit nach Israel komme, die "komplizierter kaum sein könnte". Das Vorgehen der israelischen Armee im Gaza-Krieg habe Deutschland "vor einige Dilemmata gestellt". Auf die habe man reagiert, sagte er offenbar auch mit Blick auf die vorübergehende Einschränkung von Rüstungsexporten, die inzwischen wieder zurückgenommen wurde.
Er sprach sich für eine kritische Auseinandersetzung mit der Politik der israelischen Regierung aus – solange diese Kritik nicht die Grenze zum Antisemitismus überschreitet. "Kritik an der israelischen Regierung ist möglich und manchmal vielleicht sogar notwendig", so Merz. "Das halten die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel auch aus. Aber Kritik an der Politik der israelischen Regierung darf nicht als Vorwand für Antisemitismus missbraucht werden."
Netanjahu: "Historischer Wandel" in Rüstungskooperation
Nach dem Treffen mit Merz sprach Netanjahu von einem "historischen Wandel" in den Beziehungen beider Länder und bezog sich dabei auf die Rüstungskooperation. Israel sei in der Lage gewesen, "unsere Feinde abzuwehren". Man habe Fähigkeiten entwickelt, mit denen man nun anderen helfen könne, sagte er mit Blick auf die Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 in Deutschland.
Am Vormittag besuchte Merz die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und gedachte der sechs Millionen während der Nazi-Diktatur ermordeten Juden. Außerdem trifft er sich mit freigelassenen Geiseln der Hamas und Hinterbliebenen.
Mit Informationen von Reuters und AFP
Im Audio: Kanzler Merz zu Besuch in Israel
Merz in Yad Vashem
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