Syrische Christen halten Kerzen und protestieren nach dem Selbstmordattentat in der Kirche in Damaskus.
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Nach Attentat in Damaskus: Wie sicher sind Christen in Syrien?

Nach Attentat in Damaskus: Wie sicher sind Christen in Syrien?

Bei dem Attentat auf eine christliche Kirche in Damaskus sind viele, die dort gebetet haben, getötet oder verletzt worden. Syrische Christen, auch in Bayern, befürchten: Die neuen Machthaber schützen Minderheiten nicht gut genug.

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Es sind verstörende Bilder, die Alber Kori auf seinem Handy zeigt: zerbröselte Kirchenbänke, Blutlachen am Boden, umherrennende Rettungskräfte. Alber Kori ist Geschäftsführer der antiochenisch-orthodoxen Kirche in München und hat ein Handyvideo aus seiner Heimat Syrien bekommen, dass kurz nach dem Selbstmordanschlag in der St. Elias Kirche aufgenommen worden ist: "Das ist die Kirche in Damaskus, die Menschen sind in Stücken auf dem Boden", beschreibt Kori.

Islamischer Staat wohl für Attentat verantwortlich

Die syrische Übergangsregierung ist überzeugt, das Selbstmordattentat auf die Kirche St. Elias am Sonntag in Damaskus wäre mutmaßlich von der Terrorgruppe "Islamischer Staat" begangen worden. Das wird mittlerweile jedoch angezweifelt, da sich die Terrorgruppe "Saraya Ansar al-Sunna" zum Anschlag bekannt hat, wie etwa der britisch-irakische Blogger und Syrien-Experte Aymenn Jawad Al-Tamimi (externer Link) schreibt. Al-Tamimi zufolge wird angenommen, dass sich diese neue Terrorgruppe auch aus Teilen der HTS speist, die mit deren Kurs unzufrieden sind. HTS ist die Bewegung, die den syrischen Machthaber Assad gestürzt hat. Sie ist eine einstige al-Quaida-Abspaltung, die sich heute gemäßigt gibt.

Den Angaben zufolge verübte ein Selbstmordattentäter ein Massaker unter den betenden Gläubigen. Mindestens 25 Menschen wurden bei dem Selbstmordanschlag getötet, mehr als 60 Personen verletzt – unter ihnen auch Kinder, Frauen und Geistliche. Wie in Damaskus unterseht auch die Gemeinde von Alber Kori in München dem griechisch-orthodoxen Patriarchen von Antiochien. Die syrischen Gläubigen in Deutschland stünden unter Schock, sagt Kori: "Vor allem tiefe Trauer für die Menschen, die ihr Leben gegeben haben. Was haben die getan? Das sind friedliche Menschen, die wollen nur in Frieden leben. Und man zerreißt sich gedanklich: Was kann ich dafür tun, dass wir in Frieden leben können? Das ist die große Frage", sagt Alber Kori.

Seit Machtwechsel: Christen leben in Angst

Seit der Machtübernahme der Übergangsregierung unter Präsident Ahmed al-Scharaa lebten die Christen in Syrien in großer Angst, sagt der Kirchenvertreter. "Wo kommen die Waffen her? Die Sicherheitskräfte haben nicht alles im Griff im Land, und wir erbitten die Regierung, uns Christen Schutz zu gewähren. Sie haben uns Schutz versprochen und wir verlangen das", sagt Alber Kori.

Auch die maronitische Gemeinde in München trauert. Rund ein Drittel der Mitglieder kommt aus Syrien. Ihr Priester Pater Gaby Geagea steht mit vielen Gläubigen in Damaskus in Kontakt und kann das Leid kaum fassen: "Die ersten Worte, die ich hörte, waren nicht Zahlen oder politische Schlagzeilen, sondern das Weinen eines Angehörigen, das mir per Sprachnachricht zugeschickt wurde. Es ist ein Moment, in dem man den Atem anhält."

"Zwischen Resignation und Hoffnung"

Die Christen stünden im Fadenkreuz der Gewalt, beklagt der maronitische Priester. "Die Menschen leben zwischen Resignation und Hoffnung. Viele klammern sich an ihren Glauben wie an einen letzten Halt. Man fragt sich: Wie viel Leid kann ein Land noch tragen? Und vor allem: Wie lange noch wird der christliche Glaube dort inmitten solcher Dunkelheit leuchten?"

Kirchen und Menschenrechtler drängen nun auf einen besseren Schutz von Christen in Syrien. Papst Leo XIV. bittet in einem Schreiben um Trost, Heilung und Frieden für Syrien. Die Morde sendeten die Botschaft aus, dass die Christen in Syrien an Leib und Leben gefährdet seien, erklärte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. "Und es ist zu befürchten, dass viele dies als Aufruf verstehen, dem Heimatland den Rücken zu kehren."

Missio-Präsident: Regierung muss Minderheiten schützen

Das katholische Hilfswerk Missio München setzt sich seit Jahren für Christen im Nahen Osten ein, fördert etwa in Syrien Schulen, Gesundheitsstationen und Flüchtlingslager. Missio-Präsident Wolfgang Huber fordert: "Diese neue Regierung muss schauen, das vor allen Dingen den Minderheiten und dazu gehören die Christen, die Möglichkeit gegeben wird, ihr Leben zu entfalten. Dass gerade beim Gebet Menschen angegriffen und getötet werden, das ist ein Schock."

Rund 300.000 Christen in Syrien

Bis zum Beginn des syrischen Bürgerkriegs im März 2011 sei Syrien mit rund zwei bis drei Millionen Gläubigen nach Ägypten das Land mit der größten christlichen Minderheit im Nahen Osten gewesen, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker. Heute werde ihre Zahl auf etwa 300.000 geschätzt, was etwa zwei Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht.

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