"Die zeigen seine Leiche doch nicht im Ernst! Wtf?", schreibt ein User unter dem Foto des verstorbenen Papst Franziskus. Viele Menschen irritiert der Anblick des Leichnams in den sozialen Netzwerken. Der Vatikan selbst veröffentlichte das Bild, das nun um die Welt geht: Friedlich sieht Franziskus darauf aus, die Augen geschlossen, in den Händen ein Rosenkranz.
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"Irgendwie will ich keine toten Menschen sehen", kommentiert jemand. "Das muss man nicht zeigen", schreibt ein anderer. "Ganz schrecklich" und "creepy" finden manche. Einige Reaktionen werfen im Netz grundsätzlich die Frage auf: "Muss man einen toten Menschen so zur Schau stellen?"
Nicht nur Papst Franziskus: Queen Elizabeth und Pelé auch öffentlich aufgebahrt
Immer wieder sorgen öffentliche Aufbahrungen für Empörung. Nach dem Tod von Franziskus Vorgänger Papst Benedikt XVI. kommentierten User das Foto mit dem aufgebahrten Leichnam mit "krass", "gruselig" und "pietätlos". Weniger extreme Reaktionen löste die öffentliche Aufbahrung von Queen Elizabeth aus, da ihr Sarg geschlossen blieb.
Viele Personen des öffentlichen Lebens werden nach ihrem Tod öffentlich aufgebahrt, vom ehemaligen britischen Premierminister Winston Churchill bis zum brasilianischen Fußballstar Pelé, dessen Körper allerdings mit weißen Blumen überdeckt war. Der Leichnam des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Il, der 2011 starb, ist dauerhaft in einem Glassarg ausgestellt und das Mausoleum mit dem aufgebahrten Lenin gehört zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Moskau. Auch Mutter Teresa, Elvis Presley und der Preußenkönig Friedrich II. wurden offen aufgebahrt.
Insgesamt ist es nach katholischer Tradition durchaus üblich, Tote zu Hause aufzubahren, damit sich Familie und Freunde verabschieden können. Aufbahrungen sind in Deutschland grundsätzlich in zwei Formen zulässig: Es gibt die offene Variante, wie bei den Päpsten und die geschlossene, wie bei der Queen. Auch die Ausstellung einer Urne mit der Möglichkeit Abschied zu nehmen wird als "Aufbahrung" bezeichnet.
Aufbahrung wegen Angst vor Scheintod
Der Leichnam wird vorher noch einmal gewaschen und frisch eingekleidet und anschließend aufgebahrt - früher vor allem zu Hause, heute auch bei Bestattungsinstituten. Besonders die Angst vor dem Scheintod führte im 18. und 19. Jahrhundert zu der Überzeugung, dass eine längere Zeit zwischen dem Tod und der Beerdigung liegen muss, um sicherzugehen, dass der Verstorbene auch wirklich tot ist. In den meisten deutschen Bundesländern gilt laut Bundesverband der Bestatter daher eine Liegefrist von 36 oder sogar 48 Stunden.
Anders als seine Vorgänger hat Franziskus in seinem Testament festgelegt, mit weniger Protz und Pomp beerdigt werden zu wollen. Bereits im vergangenen Jahr hatte er den allgemeinen Ritus für Papstbeerdigungen vereinfacht. Ein Papst-Begräbnis solle mehr das eines "Hirten und Jüngers Christi" sein und nicht das eines mächtigen Mannes, wie der päpstliche Zeremonienmeister, Erzbischof Diego Giovanni Ravelli damals erklärte. Franziskus wird im Petersdom nicht auf dem Katafalk, einer erhöhten Totenbahre, ausgestellt, sondern lediglich in einem einfachen Holzsarg.
Aufbahrung zu Hause nur sehr selten
Ein Grund, warum manche Franziskus offene Aufbahrung "creepy" finden, könnte sein, dass der alte Brauch heute nicht mehr überall geläufig ist. Jahrelang beobachteten Bestatter einen Rückgang von Aufbahrungen zu Hause. Doch seit dem Ende der Corona-Pandemie sei die Nachfrage wieder "deutlich gestiegen", sagt Simon Walter, Kulturbeauftragter des Bundesverbands Deutscher Bestatter. "In bestimmten Fällen, bei schwerer Krankheit oder Unfällen, ist eine offene Aufbahrung jedoch nicht ohne Weiteres möglich."
Trotz der gestiegenen Nachfrage werde der Wunsch nach einer Aufbahrung – insbesondere zu Hause – in Deutschland aber weiterhin eher selten geäußert, sagt Walter. "Für viele hierzulande ist die Vorstellung, einen Toten im Haus zu haben oder ihn so darzustellen immer noch eher befremdlich."
Tod nicht als Ende, sondern Vollendung des Lebens
Hinzukommt: Benedikt und Franziskus sind die ersten beiden Päpste, deren Tod, Aufbahrung und Beerdigung von den Sozialen Medien begleitet wird. Als Papst Johannes Paul II. im April 2005 starb, existierten Instagram, TikTok, Snapchat und X noch nicht. Facebook ging gerade erst an den Start und war zu diesem Zeitpunkt noch kein Medium, das von der breiten Bevölkerung genutzt wurde.
Theologisch gesehen hat eine Aufbahrung eine größere Bedeutung als nur das Abschiednehmen: Nach christlichem Glauben ist der Tod nicht das Ende, sondern die Vollendung des Lebens. Die Aufbahrung soll auch eine Möglichkeit für ein persönliches Gebet für den Verstorbenen bieten.
Mit Informationen von KNA
Dieser Artikel ist erstmals am 23. April 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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