Wie gut lassen sich mögliche Interessenskonflikte in einer Beziehung zwischen einer Bundeswirtschaftsministerin und einem Unternehmer vermeiden? Katharina Reiche (CDU) und ihr Lebensgefährte, Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), sehen sich gerade verschiedenen Vorwürfen ausgesetzt. Guttenberg ist Investor eines Münchner Start-Ups, das Fördermittel des Bundeswirtschaftsministeriums erhält. Darüber hat zuerst "Der Spiegel" (externer Link, möglicherweise Bezahlinhalt) berichtet. Außerdem soll Reiche an einem von Guttenberg organisierten Netzwerktreffen zwischen Politik und Wirtschaft teilgenommen haben. Wie erklären die Ministerin und ihr Partner das?
Förderung für Start-Up, in das Guttenberg investiert hat
Es klingt brisant. Das Bundeswirtschaftsministerium sagt dem Münchner Unternehmen GovRadar im Herbst eine Förderung von knapp 290.000 Euro zu. Guttenberg ist an dem Unternehmen beteiligt, zu knapp einem Prozent. Das hat der ehemalige Verteidigungsminister dem ARD-Hauptstadtstudio bestätigt.
Guttenberg: Vorwürfe "vollkommen grotesk"
Den Bericht des "Spiegels", wonach die Förderung in direktem Zusammenhang mit der Beziehung zwischen Guttenberg und Reiche stehen könnte, bezeichnet Guttenberg jedoch als "vollkommen grotesk". Und weiter: "Als passiver Anteilseigner (…) hatten weder ich noch eine meiner Firmen Kenntnis von irgendwelchen Förderanträgen, noch waren wir in diese in irgendeiner Form involviert." Diese Darstellung bestätigt auch das Unternehmen.
Bundeswirtschaftsministerium: Ministerin hatte mit Förderung nichts zu tun
Auch das Bundeswirtschaftsministerium widerspricht dem Eindruck, bei der Start-Up-Förderung gebe es einen Interessenskonflikt. GovRadar habe schon vor dem Amtsantritt von Katharina Reiche eine Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums erhalten, wie das Ministerium auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios schreibt.
Das Förderprogramm "Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand" werde außerdem von einem externen Projektträger verwaltet. Dazu heißt es von einer Sprecherin: "Es besteht grundsätzlich kein direkter Kontakt der Unternehmen mit dem Ministerium und keine Befassung des Ministeriums mit einzelnen Anträgen – so auch in diesem Fall."
Nahm Reiche an von Guttenberg organisiertem Netzwerktreffen teil?
Bei einer anderen mutmaßlichen Unternehmung Guttenbergs ist das Ministerium aber weniger auskunftsfreudig. Nach Recherchen des "Spiegel" und verschiedener österreichischer Medien hat Guttenberg zusammen mit dem österreichischen Ex-Kanzler Sebastian Kurz ein Treffen zwischen hochrangigen Regierungs- und Wirtschaftsvertretern organisiert. Das Treffen soll Anfang Oktober in einem Hotel in Tirol stattgefunden haben. Unter dem Titel "Moving Mountains" soll es dabei unter anderem um den Einsatz von Dual-Use-Produkten gegangen sein. Also um Produkte, die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können.
Ministerium will sich nur zu dienstlichen Terminen äußern
Dabei soll laut dem österreichischen Nachrichtenmagazin "profil.at" auch eine "deutsche Ministerin" anwesend gewesen sein. Auf die Frage, ob es sich bei dieser Ministerin um Katharina Reiche gehandelt habe, schreibt eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums: "Ich bitte um Verständnis, dass das BMWE sich nur zu dienstlichen Terminen der Ministerin äußern kann. Einen entsprechenden dienstlichen Termin kann ich Ihnen nicht bestätigen."
Grüne sehen viele offene Fragen
Eine ähnliche Antwort erhielten auch die Grünen vom Ministerium. Daraufhin wandten sie sich Ende November mit einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung. Mit dem Fragenkatalog wollen sie klären, ob Katharina Reiche an dem Treffen teilgenommen hat, wer den Aufenthalt gegebenenfalls bezahlt und was auf dem Treffen besprochen wurde.
Zu den Fragestellern gehört auch die niederbayerische Abgeordnete Marlene Schönberger. Sie wirft Katharina Reiche gegenüber BR24 vor, die Ministerin scheitere daran, Berufliches und Privates sauber zu trennen. Guttenberg wiederum hat angekündigt, gegen die Berichterstattung des "Spiegel" juristisch vorzugehen.
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