Olaf Scholz bei seiner Rede im Bundestag.
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Scholz kündigt 100 Milliarden Euro zusätzlich für Bundeswehr an

Scholz kündigt 100 Milliarden Euro zusätzlich für Bundeswehr an

Kanzler Olaf Scholz will künftig über zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Landesverteidigung ausgeben. Zusätzliche 100 Milliarden Euro will er einmalig in die Bundeswehr investieren, erläuterte er in einer Regierungserklärung im Bundestag.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine eine massive Aufstockung der Wehrausgaben angekündigt. Der Bundeshaushalt 2022 solle einmalig mit einem Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für "notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben" ausgestattet werden, sagte Scholz am Sonntag im Bundestag. Er ergänzte: "Wir werden von nun an – Jahr für Jahr – mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren." Das Ziel sei eine leistungsfähige, hochmoderne und fortschrittliche Bundeswehr.

Der 24. Februar 2022 – eine "Zeitenwende"

Der 24. Februar 2022 markiere eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents, so Scholz in seiner Regierungserklärung. Die Welt danach werde eine andere sein als die Welt davor.

"Im Kern geht es um die Frage, ob Macht das Recht brechen darf." Kanzler Olaf Scholz

Mit dem Überfall auf die Ukraine habe Putin kaltblütig einen Angriffskrieg vom Zaun gebrochen – "aus einem einzigen Grund: Die Freiheit der Ukrainerinnen und Ukrainer stellt sein eigenes Unterdrückungsregime infrage." Das sei menschenverachtend und völkerrechtswidrig: "Das ist durch nichts und niemanden zu rechtfertigen" sagte Scholz und bekam Applaus der Abgeordneten.

Scholz über Russland im UN-Sicherheitsrat: "Was für eine Schande!"

Russlands Präsident Wladimir Putin warf Scholz vor, sein Land mit dem Angriff auf die Ukraine "ins Abseits der gesamten internationalen Staatengemeinschaft" zu stellen. "Nur mit der Notbremse seines Vetos konnte Moskau – immerhin ein ständiges Mitglied des Sicherheitsrats – die eigene Verurteilung verhindern. Was für eine Schande!"

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) rief zu einer internationalen Kraftanstrengung auf, um Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden. Es sei nun der "Handlungsauftrag, Putin von seinem Kriegskurs abzubringen", betonte Scholz und rechtfertigte die Entscheidung seiner Regierung, der Ukraine Verteidigungswaffen zu liefern: "Auf Putins Aggression konnte es keine andere Antwort geben."

Putins Krieg für ein neues russisches Imperium

Putin, nicht das russische Volk, habe sich für den Krieg entschieden, erklärte Scholz. Diese Differenzierung sei wichtig, denn die Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen Deutschen und Russen sei und bleibe "ein wichtiges Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte". Scholz lobte den Mut der Demonstranten, die in Russland gegen den Krieg auf die Straße gingen.

Olaf Scholz bei seiner Regierungserklärung.
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Olaf Scholz bei seiner Regierungserklärung.

Putins Krieg dürfe nicht auf andere Länder übergreifen. "Ohne Wenn und Aber stehen wir zu unserer Beistandspflicht in der Nato", so Scholz. Putin wolle ein neues russisches Imperium errichten und schrecke dabei nicht vor militärischer Gewalt zurück.

Scholz will neue Kampfflugzeuge und Panzer bauen lassen

Die Freiheit müsse verteidigt werden, und es sei nötig, die nächste Generation von Kampfflugzeugen und Panzern gemeinsam mit Frankreich und anderen europäischen Ländern in Europa zu bauen. "Diese Projekte haben oberste Priorität für uns." Bis die Flugzeuge einsatzbereit seien, werde der Eurofighter gemeinsam weiterentwickelt. Die Verträge zur "Eurodrohne" seien in dieser Woche unterzeichnet worden. "Auch die Anschaffung der bewaffneten Heron-Drohne aus Israel treiben wir voran", sagte der Kanzler. Für die nukleare Teilhabe werde rechtzeitig ein moderner Ersatz für die veralteten Tornado-Jets beschafft. Da sich nicht alle Bedrohungen der Zukunft mit den Mitteln der Bundeswehr einhegen ließen, sei auch eine starke Entwicklungszusammenarbeit nötig, sagte Scholz. Technisch und gesellschaftlich müsse man sich auch gegen Cyberangriffe und Desinformationskampagnen wappnen und gegen Angriffe auf die kritische Infrastruktur und Kommunikationswege.

"Wir werden nicht ruhen, bis der Frieden in Europa gesichert ist", betonte Scholz gegen Ende seiner Rede. Scholz dankte allen, die "in diesen Zeiten einstehen für ein freies und offenes, friedliches und gerechtes Europa. Wir werden es verteidigen."

Friedrich Merz: Putin ist ein Kriegsverbrecher

Auch Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) drückte die Solidarität Deutschlands mit der Ukraine aus. "Wir bewundern den Mut und den Willen dieses Volkes, um seine Freiheit zu kämpfen". Russlands Präsident Putin habe sich als "Kriegsverbrecher" entlarvt, sagt Merz im Deutschen Bundestag. Putins Propaganda gegen die Ukraine zeige "ein Ausmaß an Niedertracht und Menschenverachtung, wie wir es in den letzten Jahrzehnten auf diesem Kontinent nicht erlebt haben", so Merz. "Genug ist genug, das Spiel ist aus", erklärte Merz mit Blick auf die gegen Russland verhängten Sanktionen.

Friedrich Merz.
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Friedrich Merz.

Die Nato habe Putin und Russland nie bedroht, das wisse auch der russische Präsident. Die einzige Bedrohung für Putin und sein System seien das eigene Volk und das Streben der Menschen nach Freiheit und Demokratie. Putin sei der einzige Verantwortliche für diesen Krieg. "Aus diesem lupenreinen Demokraten, der er nie war, ist nun endgültig und für alle Welt sichtbar ein Kriegsverbrecher geworden." Aber diesen Krieg befehle auch nicht er allein, sondern "ein Geflecht von Geheimdienstoffizieren und erprobten Meistern der Propaganda, wie etwa sein Außenminister Lawrow, ein Geflecht einer großen Gruppe hemmungsloser Oligarchen, die sich die Ressourcen dieses Landes unter den Nagel gerissen haben, und vor allem aus einem repressiven Staatsapparat, der ohne jeden Anflug von Rechtsstaatlichkeit beliebig verhaftet, vergiftet, in Lager steckt, Familien zerstört und auch nicht davor zurückschreckt, mitten in den Ländern Westeuropas Auftragsmorde zu vollstrecken."

Die umfassenden Sanktionen gegen Putins Land seien richtig und würden die tatkräftige Unterstützung der Union finden, versprach er.

  • Zum Artikel "Extrem limitiert": Das Ausrüstungs-Dilemma der Bundeswehr

Außenministerin Baerbock: Dieser Krieg wird Russland ruinieren

Außenministerin Annalena Baerbock (Grün) betonte in ihrer Rede, dieser Krieg sei ein Angriff auf das internationale Völkerrecht und auf das menschliche, friedliche Miteinander: "Putin wollte diesen Krieg, whatever it takes." Zu den gestern erst beschlossenen deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine sagte Baerbock: "Wenn unsere Welt eine andere ist, dann muss auch unsere Politik eine andere sein", Putins Krieg mache es nötig, "dass wir die Grundfesten unseres außenpolitischen Handels neu ziehen", sagte Baerbock.

Die Sanktionen gegen Russland müssten langfristig angelegt sein. Mittel- und langfristig werde der Krieg Russland ruinieren, so Baerbock im Bundestag. Aber: "Wir müssen sicherstellen, dass uns nach drei Monaten nicht die Puste ausgeht." Die fliehenden Ukrainerinnen und Ukrainer dürften jetzt nicht im Stich gelassen werden.

Finanzminister Lindner: "Wir stehen in Solidarität an der Seite der Ukraine"

FDP-Chef Christian Lindner sagte: "Putin hat die Ukraine angegriffen, weil sich ein souveräner Staat in freier Selbstbestimmung dafür entschieden hat, den Weg nach Westen zu gehen." Die Ukraine sei ein souveräner Staat und habe sich gegen Autoritarismus und für die Demokratie und Rechtstaatlichkeit entschieden, sagte Lindner im Bundestag. Sie habe das Recht, über ihre Zukunft selbst zu entscheiden. Deshalb sei der Angriff auf die Ukraine ein Angriff auf unsere Werteordnung - "ein Angriff auf uns alle". Es gehe jetzt darum, Russland zu isolieren – "wirtschaftlich, finanziell und politisch". Es werde mit Russland "kein Business as usual mehr" geben.

Lindner: "Wir stehen in Solidarität an der Seite der Ukraine." Die Sanktionen hätten auch negative Auswirkungen auf uns selbst, prophezeite der Finanzminister, "aber wir sind bereit, diese Auswirkungen zu tragen, denn sie sind der Preis der Freiheit."

Alice Weidel gibt Westen Mitschuld an Russlands Einmarsch

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel warf in ihrem Redebeitrag dem Westen eine Mitverantwortung für den Angriff Russlands auf die Ukraine vor. Die Hardliner hätten starr an der Nato-Beitrittsperspektive für die Ukraine festgehalten und dabei überheblich Russland den Großmachtstatus abgesprochen, sagte Weidel: "Das ist das historische Versagen des Westens: die Kränkung Russlands." Dies ändere aber nichts an der "Verwerflichkeit des russischen Einmarsches", fügte sie hinzu. "Deutschland hat in seinem gegenwärtigen Zustand nichts aufzubieten, um den Worten auch Tagen folgen zu lassen", sagte Weidel weiter. Sanktionen, die den eigenen Bürgern mehr Schaden zufügten als denen, gegen die sie sich richten, könnten den Krieg nicht beenden. Sie seien letztendlich Alibipolitik – "so wie das Anstrahlen des Brandenburger Tores in den ukrainischen Nationalfarben".

Deutschland sei ein Leichtgewicht geworden: "Eine heruntergewirtschaftete Armee und eine marginalisierte Rüstungsindustrie, das ist das Erbe von 16 Jahren Angela Merkel." Deutschland solle hier eine wichtige Rolle als ehrlicher Makler spielen und sich "bloß nicht unreflektiert in einen Krieg hineinziehen lassen", warnte die AfD-Politikerin. Weidel sprach sich zugleich für den Wiedereinstieg in die Atomkraft aus, um die Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen zu beenden. "Noch mehr Windräder" seien der falsche Weg.

Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali: Russischer Angriff ist durch nichts zu rechtfertigen

Für die Fraktion "Die Linke" nahm Fraktionschefin Amira Mohamed Ali Stellung. Sie räumte ein, "dass wir die Absichten der russischen Regierung falsch eingeschätzt haben" und betonte: "Putin ist hier der Aggressor." Und weiter: "Dieser russische Angriff ist durch nichts zu relativieren, durch nichts zu rechtfertigen."

Auch die Linkspartei stehe geschlossen an der Seite der Ukraine. Aber die Folge könne jetzt nicht sein, dass aufgerüstet werde. Hochrüstung und Militarisierung werde die Linkspartei nicht mitmachen. Die Linke habe die "tiefe Überzeugung, dass Abrüstung und Demokratie der Weg zu Frieden sind", sagte Mohamed Ali. "Daher können wir niemals zustimmen, dass Waffen in Krisengebiete geliefert werden und aufgerüstet wird", sagte sie mit Blick auf die deutschen Waffenlieferungen und die von Bundeskanzler Scholz angekündigten zusätzlichen Mittel für die Bundeswehr.

(mit Material von Reuters, dpa und epd)

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