Die Bauarbeiten für die Stromautobahn Suedlink schreiten voran: Nach umfangreichen Schulungen und ersten Probebohrungen bei Tauberbischofsheim werden im niedersächsischen Landkreis Rotenburg (Wümme) die ersten Kabel für die Trasse verlegt. Die Stromautobahn, für deren Bau im Norden der Betreiber Tennet, weiter im Süden TransnetBW verantwortlich ist, soll künftig grünen Strom aus dem windreichen Norden nach Süddeutschland transportieren.
Über 2.400 Kilometer Kabel sollen in einen Erdgraben
Auf einer Strecke von rund zwölf Kilometern seien schon Leitungen verlegt worden, teilte ein Sprecher von Tennet mit. "Wir stehen momentan ganz am Anfang der Kabelinstallation, fahren die Aktivitäten Stück für Stück hoch." Mehr als 2.400 Kilometer Kabel sollen verlegt werden.
Dafür wird nach Angaben des Unternehmens erst Schicht für Schicht ein Graben ausgebaggert. Das Erdkabel wird mit einem Schwertransporter geliefert und mithilfe einer Seilwinde in den Graben gehoben. In der Regel werden die Kabel in einer Tiefe von 1,3 bis 1,5 Metern verbaut. Am Ende wird der Graben wieder mit der Erde aufgefüllt. Wenn die Trasse Bahnverbindungen, Straßen oder Flüsse kreuzt, wird für die Verlegung der Kabel ein spezielles Bohrverfahren angewendet.
Strom für zehn Millionen Haushalte
Die Trasse soll am Ende rund 700 Kilometer lang sein und zehn Millionen Haushalte mit Ökostrom versorgen. Sie führt durch sechs Bundesländer: von Schleswig-Holstein über Niedersachsen, Hessen und Thüringen bis nach Bayern und Baden-Württemberg. Genau genommen handelt es sich bei Suedlink um zwei Stromverbindungen: Sie beginnen in Wilster und Brunsbüttel in Schleswig-Holstein, vereinen sich unter der Elbe und verzweigen sich erst wieder in Süddeutschland.
Ein Kabel endet in Leingarten in Baden-Württemberg, das andere in Bergrheinfeld in Bayern, wo das Kabel nach langen Debatten um einen von der Gemeinde angelegten Klimawald herumgeführt wird. Nach der Abschaltung der Atomkraftwerke und dem Kohleausstieg sind diese beiden Bundesländer im Süden besonders auf Windkraft aus dem Norden angewiesen.
Der Trick mit dem Gleichstrom
Suedlink soll Gleichstrom transportieren. Dabei geht weniger Energie verloren als beim Transport von Wechselstrom. Konverter an den Endpunkten der Stromtrasse wandeln den Gleichstrom in Wechselstrom um.
Erster Strom ab Ende des Jahres 2028
Experten halten den Ausbau des Stromnetzes im Zuge der Energiewende für notwendig. Bürgerinitiativen und Aktionsbündnisse hatten in der Vergangenheit immer wieder Bedenken an dem Megaprojekt geäußert und mit Klagen gedroht. Sie fürchten unter anderem negative Auswirkungen auf Landwirtschaft und Umwelt.
Ursprünglich sollte die Nord-Süd-Trasse schon 2022 fertig sein. Nach derzeitiger Planung könnte der erste Strom Ende 2028 fließen. Der Zeitplan sei ambitioniert, aber realistisch, betonte der Tennet-Sprecher. Für Planung und Bau im Norden des Landes ist Tennet zuständig, TransnetBW verantwortet Mittel- und Süddeutschland.
Komplizierte Planungsverfahren, anspruchsvolle Bauarbeiten
Schon die Planungs- und Genehmigungsverfahren sind langwierig, weil die Stromkabel unter anderem durch private Grundstücke und Felder verlaufen. Die Leitungen müssen nun unter der Erde verlegt werden – teilweise unter Flüssen, Autobahnen und Infrastruktur.
Manche Straßen müssen verstärkt werden, damit die schweren Baufahrzeuge überall passieren können. Bei Glückstadt in der Nähe von Hamburg entsteht für die Trasse ein eigener Elbtunnel, ein anderes Teilstück wird 200 Meter unter der Erde in einem Salzbergwerk bei Heilbronn verlegt. Bei Bergrheinfeld fanden und sicherten Archäologen ein umfangreiches prähistorisches Gräberfeld.
Neuer Söder-Vorstoß für mehr oberirdische Leitungen
Bei der Verlegung von Erdkabeln wird weniger in das Landschaftsbild eingegriffen als bei Strommasten, es kostet allerdings mehr Geld. Die Betreiber rechnen nach eigenen Angaben mit etwa zehn Milliarden Euro.
Für Aufsehen sorgte zuletzt ein Vorstoß von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der das von seinem Vorgänger Horst Seehofer abgegebene Votum für unterirdische Stromtrassen zuletzt infrage stellte und nun für preiswertere Hochspannungsleitungen plädiert.
Auswirkungen auf den Strompreis noch unklar
Was die künftige Inbetriebnahme von Suedlink für die Strompreise bedeutet, ist unklar. Fest steht, dass die Kosten des Projekts über Jahrzehnte auf die Netzentgelte umgelegt werden und damit bei den Verbrauchern landen. Gleichzeitig soll die neue Trasse Engpässe in der Stromversorgung verhindern – das spart Geld. Im besten Fall muss weder Strom dazugekauft werden, noch müssen zusätzliche Kraftwerke hochgefahren werden.
Video: Tennet-Baustellentraining mit 3D-Video und Schauspielern in Nürnberg
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24