Montagmittag in Ingolstadt: Während ein Liter Benzin E10 innerorts 1,64 Euro kostet, zahlt man keine 20 Kilometer weiter an der A9 Richtung Denkendorf für den gleichen Kraftstoff 2,25 Euro – also 61 Cent mehr. Das Gleiche in Würzburg-Heidingsfeld: Zur selben Uhrzeit kostet der Liter E10 an einer gewöhnlichen Tankstelle 1,61 Euro – zwei Kilometer entfernt an der A3 wird er für 2,21 Euro verkauft – rund ein Drittel mehr. Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) bestätigt die Preisunterschiede und nennt die Aufschläge "extrem" und "inakzeptabel".
- Zum Artikel: Luxusgut Benzin: Warum tanken morgens so teuer ist
ADAC: Können Mehrkosten nicht nachvollziehen
Auch in seinen Stichproben bemerkt der ADAC, dass der Sprit an der Autobahn teurer wird. Eine Stichprobe des Automobilclubs im Sommer 2025 hat ergeben, dass die Differenz zwischen Tankstellen an und abseits von Autobahnen bei Super E10 bis zu 57 Cent pro Liter, bei Diesel bis zu 54 Cent pro Liter betrug. "Wir halten die Preisdifferenz für nicht akzeptabel", heißt es auf BR24-Anfrage. Der Rat des ADAC: "Wir empfehlen allen Autofahrern, sich über die Preise an den Tankstellen entlang und abseits der Autobahn zu informieren." Die Gründe für die Mehrkosten könne man nicht nachvollziehen, schreibt der ADAC.
Dachverband der Mineralölkonzerne bedauert Preisunterschiede
Der Dachverband der deutschen Mineralölindustrie "en2x" nennt die Preisunterschiede "in der Tat hoch". Als Grund gibt er die Versteigerungen der Betriebsrechte an Tankstellengesellschaften durch das Privatunternehmen "Tank & Rast" an. Diese Betriebsrechte werden nach dem Höchstbieterverfahren vergeben. "Das hat zu einer deutlich höheren finanziellen Grundlast für die Tankstellengesellschaften geführt. Die Tankstellenbranche bedauert diese Umstände", schreibt der Verband auf Anfrage BR24. In der Tat vergibt "Tank und Rast", das einem Konsortium deutscher und internationaler Investoren gehört, die Konzessionen für den Betrieb aller Tankstellen entlang deutscher Autobahnen. "Tank und Rast" war bis 1998 in staatlicher Hand, wurde dann privatisiert.
Verbraucherzentrale: Spritpreise an Autobahnen wohl kein Wucher
Ist der teilweise 1/3-höhere Preis an der Autobahntankstelle schon Wucher? Die bayerische Verbraucherzentrale ist skeptisch: "Eine genaue Definition dafür gibt es nicht", heißt es auf Nachfrage. Grundsätzlich sähen Gerichte Wucher als erfüllt an, wenn die ortsüblichen Preise für Leistungen oder Produkte doppelt so hoch seien. "Bei diesem Beispiel würde daher ein Tatbestand des Wuchers wohl noch nicht erfüllt sein", schreibt die Verbraucherzentrale mit Blick auf Spritpreise an den Autobahnen.
Bundeskartellamt: "Kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung"
Auch das Bundeskartellamt ist in der Beurteilung zurückhaltend. Der Grund: "Der Fall liegt so, dass mit Autohöfen und Tankstellen abseits der Autobahn ausreichend Alternativen für die Nachfrager zur Verfügung stehen", heißt es in einer schriftlichen Antwort auf BR24-Anfrage. Die Behörde prüfe keine Wucher-Preise, sagt ein Sprecher. Als Wettbewerbsbehörde prüfe man, ob eine marktbeherrschende Stellung missbraucht wird, ob verbotene Preisabsprachen oder andere Verstöße gegen das Kartellgesetz und das europäische Wettbewerbsrecht stattfinden.
Dazu habe es bisher trotz intensiver Befassung keine Hinweise gegeben, schreibt die Bundesbehörde. Dennoch habe die Problematik der hohen Preise an den Autobahntankstellen genau im Blick und prüfe sie weiter. Nach einer eigenen Datenerhebung des Bundeskartellamts lag der Preisunterschied am vergangenen Wochenende bundesweit für Benzin E5 bei 47,3 Cent/l und für Diesel 43,4 Cent/l.
Tankstellenbetreiber: "Haben keinen Einfluss auf die Preisgestaltung"
Die Tankstellenbetreiber indessen betonen, dass ihnen mit Blick auf den Spritpreis die Hände gebunden seien. "Unsere Mitglieder haben keinen Einfluss auf die Preisgestaltung der Mineralölgesellschaften", sagt der Vorsitzende des Verbands des Bayerischen Tankstellengewerbes, Günter Friedl. Denn die Betreiber seien gegenüber den Mineralölkonzernen in einem "Handelsvertreterverhältnis". Durch dieses Verhältnis seien die Betreiber an die Preisvorgaben der Konzerne gebunden, erklärt Friedl.
Mit Blick auf die hohen Konzessionsgebühren für Tankstellen entlang der Autobahnen wirft der Verbandsvertreter der Politik vor, vor rund 20 Jahren schwere politische Fehler bei der Privatisierung der Autobahnraststätten gemacht zu haben. Auch der ADAC sieht einen Mangel an Konkurrenz, die zu den hohen Preisen führe.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!
