Bundeskanzler Friedrich Merz beim Antrittsbesuch in Baden-Württemberg.
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Von "Stadtbild" bis Feindbild – Merz und die AfD

Von "Stadtbild" bis Feindbild – Merz und die AfD

Wie sicher sind deutsche Städte? Diese Frage ist spätestens seit der Äußerung des Bundeskanzlers zum "Stadtbild" in den Fokus gerückt. Merz bekam dafür Unterstützung, aber auch Kritik. Was steckt hinter den Äußerungen und wem nützen sie? Eine Analyse

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Es ist eine der zentralen Fragen der Union: In welche Richtung wird sich die Partei, werden sich CDU und CSU bewegen? Eines scheint klar: Die Flüchtlingspolitik der Merkel-Jahre will dieser Bundeskanzler so schnell wie möglich vergessen machen. Auch wenn er mit dem Erbe noch lange zu kämpfen haben wird.

Der Kampf um das "Stadtbild"

Der Umgang mit der AfD ist in diesem Kontext entscheidend. Und hier wiederum die Frage des Umgangs mit irregulärer Migration, die Friedrich Merz mit seiner "Stadtbild"-Äußerung andeutete.

Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat eine ähnliche Aussage schon getätigt. Auf die Frage, ob er sich dafür einsetze, dass auch nicht straffällige Syrer und Afghanen Deutschland verlassen müssen, sagte Söder: "Das muss zwingend passieren. Das Stadtbild muss sich wieder verändern. Es braucht einfach mehr Rückführungen."

Die Innenstadt als migrationspolitischer Notfall – das ist seit jeher zentrale Rhetorik der AfD. Und auch wenn die Unionspolitiker mit ihren Aussagen nicht direkt einen Zusammenhang zwischen Migration, Verfall und Gefahr herstellen, ist es der Subtext, der einige verstört. So demonstrieren auch heute wieder mehrere tausend Menschen vor der CDU-Parteizentrale gegen Merz‘ Rhetorik.

Wem nutzt die "Stadtbild-Rhetorik" wirklich?

Teresa Völker vom Berliner Wissenschaftszentrum forscht über politische Kommunikation mit einem besonderen Fokus auf die extreme Rechte. Grundsätzlich wisse man aus der wissenschaftlichen Forschung, dass Effekte von solchen "scheinbar kleinen" Aussagen große Wirkung entfalten: Vorurteile verstärken und Ängste schüren. Völker sagt BR24: "Es kann dazu führen, dass diejenigen, die ein negatives Empfinden vom Stadtbild haben, sich bestärkt fühlen; aber auch dazu, dass diejenigen, die das anders wahrgenommen haben, auf einmal Ängste oder Vorurteile entwickeln und Migration nur als Sicherheitsproblem wahrnehmen."

Die AfD wiederum könne das nutzen, so Völker, indem sie behauptet: "Seht her, die CDU hat die gleiche Problemwahrnehmung wie wir". Damit würden die AfD-Forderungen weniger radikal erscheinen und die Partei selbst eher wählbar.

Merz wollte die AfD halbieren – lange her

"Wir können wieder bis zu 40 Prozent erzielen und die AfD halbieren. Das geht! Aber wir selbst müssen dafür die Voraussetzungen schaffen. Das ist unsere Aufgabe." Bislang jedenfalls hat Friedrich Merz entgegen seinen Ankündigungen aus dem Jahr 2018 die AfD weder halbiert noch in irgendeiner Weise klein regiert. Im Gegenteil: Im jüngsten ARD-Deutschlandtrend liegt die AfD mit 26 Prozentpunkten gleichauf mit der Union.

Politikwissenschaftlerinnen wie Teresa Völker und Julia Reuschenbach von der Freien Universität Berlin sind sich einig: Wähler werden durch Aussagen wie die jüngste Merz-Äußerung nicht zurückmobilisiert. "Am Ende profitiert das 'Original', in dem Fall die AfD, weil sie schon viel früher Migration als Sicherheitsproblem dargestellt hat und die öffentliche Debatte dazu dominiert hat", so Teresa Völker zu BR24.

Im Video: "Stadtbild" - Kontroverse um Merz-Äußerungen

Deutschland debattiert über das Stadtbild – konkret über das Zitat des Bundeskanzlers rund um Migration und die Probleme im Stadtbild.
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Deutschland debattiert über das Stadtbild – konkret über das Zitat des Bundeskanzlers rund um Migration und die Probleme im Stadtbild.

Stadtbild-Debatte hat Spaltpilz-Potenzial

Und was machen solche Äußerungen mit der Union? Es gab durchaus Zuspruch, unter anderem von Daniel Günther (CDU). "Wir haben ein Problem damit, dass Menschen sich nicht sicher fühlen", sagte der Ministerpräsident aus Schleswig-Holstein. Darunter litten auch Menschen mit Migrationshintergrund.

Dann meldete sich Dennis Radtke vom linken Flügel der CDU: Merz sei nicht mehr "der launige Kommentator am Spielfeldrand, der einen raushaut", sagte Radtke der Funke-Mediengruppe. Als Kanzler habe er eine besondere Verantwortung für den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Debattenkultur. Sich von der AfD treiben zu lassen, ist in keinem Fall eine gute Idee.

Wohin das führen kann, haben Merz und die CDU erst jüngst im Fall der gescheiterten Richterinnen-Wahl zum Bundesverfassungsgericht gesehen. Die Strategie von Merz, zwischen einem formalen Umgang mit der AfD ("Abgrenzung, Brandmauer") und einem inhaltlichen Umgang ("hart rechte Positionierung in der Migrationspolitik") zu trennen, hält die Politikwissenschaftlerin Anna-Sophie Heinze von der Universität Trier für fahrlässig. Merz begebe sich damit in eine Diskurs-Falle. Sie sehe keine übergeordnete Strategie in der CDU, sagt Heinze BR24. Friedrich Merz sei mit seiner Übernahmestrategie "auf dem Holzweg".

Im Video: Umfrage zum Stadtbild

Im Video: Umfrage zum "Stadtbild"
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