Friedrich Merz hält seine umstrittenen Äußerungen rund um Migration und Probleme im "Stadtbild" für nicht weiter erklärungsbedürftig. "Und was ich mit diesem Wort gemeint habe - in der letzten Woche in Potsdam so gesagt, gestern nochmal wiederholt in einer Pressekonferenz - ist deutlich geklärt worden", sagte er auf eine entsprechende Frage bei seinem offiziellen Antrittsbesuch bei der baden-württembergischen Landesregierung.
Wie ist Merz' Aussage einzuordnen? Antworten von BR-Korrespondent in Berlin, Mario Kubina und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Schroeder (externer Link) von der Uni Kassel - im Video über dem Artikel.
Merz wiegelt ab: "Thema wird heute keine Rolle mehr spielen"
Allerdings erweckte Merz am Dienstag auch den Eindruck, dass die Debatte um seine Äußerungen, bei denen sich insbesondere ein großer Teil der rund 25 Millionen Menschen in Deutschland mit Migrationshintergrund angesprochen fühlen könnten, gerne beenden würde. "Wenn Sie mir das nachsehen, dieses Thema hat heute keine Rolle gespielt, und es wird auch im weiteren Verlauf des Tages keine Rolle spielen", so Merz.
Merz hatte Anfang vergangener Woche gesagt, dass die Bundesregierung frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und Fortschritte mache. "Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen."
Töchter wollen sich nicht "vor den Karren spannen lassen"
Am Montag hatte er Kritik daran zurückgewiesen. "Ich habe gar nichts zurückzunehmen", sagte er. Wer seine Töchter frage, werde vermutlich "eine ziemlich klare und deutliche Antwort" darauf bekommen, was er mit seinen Äußerungen gemeint habe, hatte er gesagt.
Nun melden sich die "Töchter" auch zu Wort. Die Umwelt- und Klimaaktivistin Luisa Neubauer ruft zum Protest auf. "Wir sind plusminus 40 Millionen Töchter in diesem Land. Wir haben ein aufrichtiges Interesse daran, dass man sich mit unserer Sicherheit beschäftigt", sagte die 29-Jährige in einem Beitrag auf Instagram. "Worauf wir gar keinen Bock haben, ist als Vorwand oder Rechtfertigung missbraucht zu werden für Aussagen, die unterm Strich einfach diskriminierend, rassistisch und umfassend verletzend waren", sagte Neubauer und fügte hinzu: "Keine Sekunde lang haben wir vor, uns vor diesen Karren spannen zu lassen."
Frauenrechtlerin: "Gefährlichster Ort für Frauen ist immer noch Zuhause"
Auch die Frauenrechtsorganisation "Terre des Femmes" übt scharfe Kritik am Bundeskanzler. "Der gefährlichste Ort für eine Frau ist immer noch ihr eigenes Zuhause", sagte die Bundesgeschäftsführerin von Terre des Femmes, Christa Stolle, der Deutschen Presse-Agentur. "Frauenrechte gelten für alle Frauen, und Gewalt von Männern muss gesehen, benannt und bekämpft werden, egal wo der Täter geboren wurde oder wie er aussieht."
Bereits am Sonntagabend hatte es auf dem Münchner Marienplatz und am Brandenburger Tor Kundgebungen gegen die Stadtbild-Aussage von Merz gegeben. Dabei demonstrierten insgesamt mehrere Hundert Menschen für Vielfalt und gegen Rassismus. Zugleich warfen Redner Merz eine mangelnde Abgrenzung zur AfD vor.
Söder nennt Schwimmbäder als Beispiel
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der die Formulierung "Stadtbild" im vergangenen Monat zuerst bemüht hatte, bezeichnet die Debatte als "verzerrt" und "Wortklauberei". Letztlich sei es "eine linke Kampagne", die mit bestimmten Begriffen "von der Realität abzulenken" versuche, so CSU-Chef am Dienstag nach der Kabinettssitzung in München. Er nahm Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Schutz. Merz müsse diese Entwicklungen als Bundeskanzler selbstverständlich "benennen können".
Söder sagte, es sei "natürlich" so, dass es an bestimmten Stellen vor allem in Städten Herausforderungen gebe, weil die "Integration nicht gelungen ist". Er verwies etwa auf die Situation an Hauptbahnhöfen, aber auch in Schwimmbädern. Dass dort in der Vergangenheit mehrfach Polizeikräfte einschreiten mussten und künftig Security gebraucht werde, sei Fakt.
[Transparenzhinweis: In einer früheren Version hatten wir hier von 25 Millionen Deutschen mit Migrationshintergrund gesprochen. Gemeint waren 25 Millionen Menschen in Deutschland mit Migrationshintergrund. Etwa die Hälfte von ihnen besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. Wir haben den Artikel an der entsprechenden Stelle korrigiert.]
Mit Informationen von dpa
Zum Nachhören: Kritik aus den eigenen Reihen an Merz
CDA-Chef Dennis Radtke.
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