Vor dem geplanten Treffen von US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin haben europäische Staats- und Regierungschefs erklärt, dass der "Weg zum Frieden" in der Ukraine nicht ohne Kiew entschieden werden kann. Verhandlungen können zudem nur im Rahmen eines Waffenstillstands oder einer Reduzierung der Feindseligkeiten stattfinden, teilten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und seine Amtskollegen aus Frankreich, Italien, Polen, Großbritannien, Finnland sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer gemeinsamen Erklärung am Sonntag mit.
Mehr Druck auf Russland gefordert
Internationale Grenzen dürften nicht gewaltsam verändert werden, hieß es in dem Statement weiter. Der derzeitige Frontverlauf könne lediglich "Ausgangspunkt für Verhandlungen sein". Zudem wird mehr Druck auf Russland zur Beendigung des Krieges gefordert. "Wir sind überzeugt, dass nur ein Ansatz erfolgreich sein kann, der aktive Diplomatie, Unterstützung für die Ukraine und Druck auf die Russische Föderation zur Beendigung ihres illegalen Krieges kombiniert", heißt es weiter.
Gebietsabtretungen sind für Selenskyj tabu
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnte Gebietsabtretungen an Russland erneut ab und fordert vehement, in Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine einbezogen zu werden. Am kommenden Freitag will sich Trump persönlich mit Putin im US-Bundesstaat Alaska treffen. In Kiew, Berlin und Brüssel wird befürchtet, dass beide auf Gebietsabtritte der Ukraine an die russischen Besatzer hinwirken könnten. Medienberichten zufolge hat Putin den USA entsprechende Forderungen übermittelt.
Trump-Vize Vance trifft Europäer und Ukrainer
Am Samstag kamen in Großbritannien hochrangige Regierungsvertreter und Sicherheitsberater aus den USA, der Ukraine und mehreren europäischen Staaten zusammen - darunter US-Vizepräsident JD Vance, der aus seiner kritischen Haltung gegenüber den traditionellen Verbündeten der USA in Europa keinen Hehl macht. Über den Inhalt der Gespräche, die Selenskyj als "konstruktiv" bezeichnete, wurde kaum etwas bekannt.
Ob Selenskyj ebenfalls eine Einladung nach Alaska erhält, ist ungewiss. Der russische Präsident bezeichnete einen Dreier-Gipfel zwar als möglich. Die Bedingungen dafür seien jedoch noch lange nicht erfüllt, erklärte er zuletzt. Der Kreml lud Trump derweil schon zu einem weiteren Treffen nach Russland ein.
Was fordert Putin - und was bietet er an?
Kurz vor Bekanntgabe seiner Zusammenkunft mit Putin in Alaska brachte Trump die Möglichkeit eines "Gebietstauschs" zwischen der Ukraine und Russland "zum Wohl beider Seiten" ins Spiel. Es solle auch etwas zurückgegeben werden, erklärte Trump. Moskau erhebt Anspruch auf weite Teile der Ost- und Südukraine und fordert einen Verzicht Kiews auf einen Nato-Beitritt.
Laut Berichten des "Wall Street Journal" und der "New York Times" soll Putin bei einem Treffen mit dem US-Unterhändler Steve Witkoff am Mittwoch in Moskau eine Einstellung der Kämpfe angeboten haben – unter der Bedingung, dass Russland unter anderem die Kontrolle über die gesamte ostukrainische Donbass-Region erhält. Das würde die Preisgabe mehrerer Tausend Quadratkilometer Fläche und strategisch wichtiger Städte durch die ukrainische Armee bedeuten.
Unklar bleibt den Berichten zufolge, welche Zugeständnisse der Kreml im Gegenzug machen würde. Laut "New York Times" gehen europäische Diplomaten davon aus, dass Putin einer Waffenruhe zustimmen würde, bei der die aktuellen Frontlinien unter anderem in den südukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja eingefroren werden. Befürchtet wird indes, dass er am Ende doch eine vollständige Abtretung dieser – und womöglich noch weiterer – Gebiete erzwingen will.
Niemand kann im Alleingang handeln - auch nicht Selenskyj
Tatsächlich kann in Alaska ohne ukrainische Beteiligung kaum etwas Verbindliches beschlossen werden. Die US-Regierung kann der ukrainischen Armee weder eine Feuerpause noch einen Rückzug aus eigenen Gebieten vorschreiben. Territoriale Fragen erfordern außerdem eine umfangreiche Verfassungsänderung. Weder Selenskyj noch das ukrainische Parlament – die Oberste Rada – können dies im Alleingang beschließen.
Trump verfügt allerdings über erhebliche Druckmittel: Neben Waffenlieferungen sind auch Geheimdienstinformationen aus den USA für die ukrainischen Verteidiger kaum zu ersetzen.
Mit Informationen von dpa und Reuters
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