In Assisi, der Heimatstadt des Heiligen Franz von Assisi, sind die Souvenirhändler der katholischen Kirche schon einen Schritt voraus: Es gibt bereits erste Figuren von Carlo Acutis mit Heiligenschein. Der Preis: 45 Euro pro Exemplar. Der 2006 verstorbene Teenager sollte ursprünglich am Sonntag heiliggesprochen werden. Doch wegen des Todes von Papst Franziskus musste die Heiligsprechung nun verschoben werden. Geplant war die Feier anlässlich des zweiten Sonntag der Osterzeit, dem sogenannten Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit. Ein neuer Termin wurde noch nicht bekannt gegeben.
Erster Heiliger aus Millennial-Generation
Acutis wird dann der erste Heilige aus der Generation der Millennials sein – also der Generation, die in den 1980ern und 90ern geboren wurden. Carlo Acutis wäre heute 33 Jahre alt. Der Vatikan misst der Aufnahme des Italieners in den Heiligenstand erhebliche Bedeutung zu. Eigentlich wollte Franziskus das am kommenden Sonntag sogar persönlich übernehmen.
In den amtlichen Verlautbarungen wird der Selige Carlo als "kleines Computergenie", "Influencer Gottes", "Cyber-Apostel", und "Heiliger unserer Zeit" betitelt. 1991 wurde Acutis in London geboren, die Familie zog dann nach Mailand um. In der Nähe von Assisi, mitten in Umbrien, hat die Familie heute noch ein Ferienhaus.
Vor allem über sein Kindermädchen, so die Erzählung, fand Carlo früh den Weg zum Glauben. Auf einer Jesuitenschule programmierte er für die Kirche Computerprogramme, entwarf Webseiten und eine Datenbank mit katholischen Wunderberichten. Auf dem Laptop installierte er ein Rosenkranz-Programm. Auch die Internetseite seiner Pfarrei betreute er.
Der Mutter erzählte er, dass er sich mit dem Gedanken trage, Priester zu werden. Freunde ermahnte er angeblich, im Internet nicht auf Pornoseiten zu surfen. Er selbst soll von sich gesagt haben: "Die einzige Frau in meinem Leben ist die Jungfrau Maria."
Carlo Acutis starb mit 15 Jahren an Leukämie
Anfang Oktober 2006 bekam er dann die Diagnose: akute Leukämie. Kurz darauf fiel er ins Koma. Schon kurz nach seinem Tod, am 12. Oktober, förderten die Kirche und seine Eltern den Weg zur Selig- und Heiligsprechung. Mehrfach wurde der Leichnam umgebettet, von einem Dorffriedhof bis in die Wallfahrtskirche Santa Maria Maggiore nach Assisi. Vergangenes Jahr pilgerten eine Million Menschen dorthin, auch viele Schulklassen. Seine sterblichen Überreste liegen nun in einem Sarkophag mit Glasscheibe, durch die man den verstorbenen Jugendlichen betrachten kann.
Selig- und Heiligsprechungen laufen nach einem komplizierten, mehrstufigen Verfahren ab. Einst begann das frühestens 50 Jahre nach dem Tod. Heute geht es manchmal sehr schnell. In der Regel ist erforderlich, dass dem potenziellen Heiligen ein Wunder zugeschrieben werden kann.
Bei Acutis wertete die zuständige Vatikan-Behörde die Heilung eines Kindes aus Brasilien und einer jungen Frau aus Costa Rica in diesem Sinne. Der Papst stimmte zu. Zu den bekanntesten Heiligen gehören der heilige Nikolaus und Sankt Martin. Aber auch Mutter Teresa und Papst Johannes Paul II. sind heiliggesprochen. Inzwischen gibt es mehr als 10.000 Heilige. Allein Franziskus zeichnete für fast 1.000 von ihnen verantwortlich.
Reliquien von Acutis werden teuer verkauft
Manchen geht die Heiligsprechung aber zu schnell. Zudem gibt es Zweifel, ob Acutis tatsächlich so fromm war. Einer seiner besten Schulfreunde erzählte der Wochenzeitung "The Economist", dass er mit Carlo kein einziges Mal über Jesus gesprochen habe.
In Assisi zumindest wird mit dem Heiligen in Spe schon jetzt Geld verdient: Jutebeutel, T-Shirts, Anhänger, Rosenkränze, sogar Kühlschrankmagneten gibt es mit seinem Konterfei. Mit dem ersten Heiligen des Internet-Zeitalters wird inzwischen aber auch online Geld gemacht. Auf Webseiten sind vermeintliche Reliquien im Angebot. Eine Locke, die angeblich von Acutis stammt, wurde kürzlich für 2.110 Euro verkauft. Das war der Kirche aber dann doch zu viel. Der Bischof von Assisi, Domenico Sorrentino, stellte Strafanzeige. Jetzt ermittelt der Staatsanwalt.
Mit Informationen von KNA
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