Alice Weidel nimmt sich Zeit an diesem Mittwoch. Die Rede der AfD-Fraktionschefin dauert rund 26 Minuten, Weidel überzieht ihre Redezeit um sechs Minuten. Auch in ihrer Wortwahl überzieht Weidel – zumindest aus Sicht von Friedrich Merz. Ein "Lügenkanzler" sei Merz für viele enttäuschte Bürger, schimpft Alice Weidel. Merz wehrt sich, nennt ihre Rede "nationalistisch" und betont: Halbwahrheiten, üble Nachrede und Herabsetzungen müsse niemand hinnehmen. Der Ton zwischen Regierung und AfD in dieser Generaldebatte im Bundestag ist also so scharf wie gewohnt.
Selbstlob der Koalition und Kritik von den anderen
Auch die Sicht auf die Regierungsarbeit unterscheidet sich, wie üblich, je nach politischem Lager. Der Kanzler sieht durch die Arbeit der von ihm geführten Koalition aus Union und SPD schon jetzt eine Wende in der Wirtschaftspolitik eingeleitet. Unionsfraktionschef Jens Spahn bescheinigt der Regierung einen "starken Start" und CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann spricht von der Rückkehr des Optimismus und wachsender Zustimmung in der Bevölkerung.
Die Opposition dagegen bescheinigt Schwarz-Rot eine falsche Schwerpunktsetzung, verfehlte Finanzpolitik und spart auch ansonsten nicht mit Kritik. Auch das kennt man aus Generaldebatten.
Merz-Rede: Viel Innenpolitik, viel Soziales
Aber es gibt auch Auffälligkeiten. Der Kanzler, der in den vergangenen Wochen sehr viel Außenpolitik betrieb, setzt den Schwerpunkt in seiner Rede auf innenpolitische Themen und hier auf die Frage nach Entlastungen für die Menschen im Land.
Nach der Entscheidung, doch nicht alle bei der Stromsteuer zu entlasten, wie es die Koalition eigentlich angekündigt hatte, hebt Friedrich Merz hervor, welche Erleichterungen im Energiebereich ansonsten für Familien kommen werden. Er redet auch über Vereinfachungen beim Wohnungsbau, über die beschlossene Verlängerung der Mietpreisbremse und darüber, dass trotz aller geplanten Änderungen beim Bürgergeld die sozial Schwachen in der Gesellschaft weiter unterstützt werden sollen.
Spahn nutzt Gelegenheit zur Verteidigung
Die Generaldebatte bestätigt auch, was schon in der Diskussion über die Stromsteuer deutlich wurde: Zwischen Union und SPD gibt es Spannungen. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf fordert von Unionsfraktionschef Spahn Geschlossenheit ein, weil dieser, so sieht es Klüssendorf, in seiner Rede auch der SPD eine Schuld am Erstarken der AfD gibt.
Viel Raum in Spahns Rede nimmt aber vor allem das Thema Maskenbeschaffung ein. Nachdem Redner von AfD, Linken und Grünen den ehemaligen Gesundheitsminister und jetzigen Fraktionsvorsitzenden von CDU und CSU scharf kritisiert hatten, nutzt Jens Spahn die Generaldebatte für eine ausführliche Stellungnahme und rechtfertigt den Einkauf sehr vieler Masken zu sehr hohen Preisen während der Corona-Pandemie. Dass Spahn sich in diesem Rahmen und Umfang äußert, zeigt, wie ernst er die Vorwürfe gegen seine Person nimmt.
Und trotzdem: Die Oppositionsparteien Linke und Grüne erneuern noch in der Debatte die Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss in der Masken-Affäre. Für Spahn ist das Thema sicher noch nicht ausgestanden.
Im Video: Politikwissenschaftler von Lucke zur Generaldebatte
Politikwissenschaftler von Lucke
Anmerkung der Redaktion: Im Video über dem Artikel heißt es bei Minute 1:45 "Die Stromsteuer für alle kommt nicht." Richtig ist: "Die Stromsteuersenkung für alle kommt nicht."
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