Kettenfahrzeug mit Bäumen als Drohnenabwehr
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Bizarre Szenen: Russischer Panzer bei Pokrowsk
Bildrechte: Dmitri Jagodkin/Picture Alliance
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Bizarre Szenen: Russischer Panzer bei Pokrowsk

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"Apokalypse wie bei Mad Max": Video blamiert Putins Armee

"Apokalypse wie bei Mad Max": Video blamiert Putins Armee

Abgerissene, schemenhafte Gestalten, die sich mit Hilfe von Motorrädern und provisorischen Buggys ihren Weg durch den Nebel nahe der ukrainischen Stadt Pokrowsk bahnen: Ein Netz-Video über den angeblichen Vormarsch empört russische Propagandisten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Informationen am Nachmittag am .

"Es wirkt wie aus dem postapokalyptischen Actionfilm Mad Max, wo Menschen mit Autos und Motorrädern durch die Einöde rasen", bemerkt der russische Propagandist Oleg Sarow über ein Video, das für viele irritierte Kommentare sorgt [externer Link]. Sarow ist dabei nicht der einzige, der sich an den bekannten australischen Filmklassiker von 1979 über einen brutalen Rockerbandenkrieg in der Wüste erinnert fühlt.

Auch die mit 243.000 Abonnenten höchst erfolgreiche Kreml-Propagandistin Anastasia Kaschewarowa schwärmte [externer Link]: "Es ist wie in Mad Max. Sie sind auf ihren Motorrädern, in gespendeten Fahrzeugen und in ihren eigenen, umgebauten Autos unterwegs."

Grund für die Aufregung: Der angebliche Vormarsch der russischen Soldaten sieht auf den Bildern alles andere als triumphal aus. Vielmehr bahnen sich offenbar ermüdete Männer in Kampfmontur den Weg durch dichten Nebel, teilweise auf Motorrädern, manche in offenen Fahrzeugen. Es sieht eher nach einer Guerilla-Truppe aus, die etwas orientierungslos unterwegs ist und passt in keiner Weise zu den Jubelberichten aus dem Kreml. Entsprechend widersprüchlich wird das Video kommentiert.

"So sieht der Krieg heute aus"

"Die Bilder dürften all jene bestärken, die am Ende des vierten Jahres der Spezialoperation immer noch von groß angelegten Frontdurchbrüchen mit Panzerkolonnen, dem Klappern der Ketten und einer scheinbaren Flut von Kavallerie träumen, begleitet von Hurra-Rufen und gezückten Säbeln", so Polit-Blogger Juri Barantschik (80.000 Follower) mit bitterer Ironie [externer Link]: "In der Realität sind Offensiven – genau wie im Video – eher unspektakulär. Man sieht Motocross-Maschinen, improvisierte Fahrzeuge der einfachsten Art und hier und da zerschossene Panzerfahrzeuge."

Wegen der zahlreichen Drohnen in der Luft seien keine größeren Truppenansammlungen mehr möglich, auch keine Panzerkolonnen. Die "Front" sei nicht mehr geometrisch erfassbar, Kontrollpunkte und Zonen hätten die einstige Hauptkampflinie abgelöst. Blogger Semjon Pegow ("Wargonzo", 850.000 Fans) spottete, es wäre nicht überraschend gewesen, wenn auf dem "beeindruckenden" Video ein Pferdekarren auftauchte: "So knirscht und mahlt die Geschichte."

Die "Zwei Majore", mit 1,27 Millionen Fans einer der größten Telegram-Kanäle, der sich mit dem Kriegsgeschehen befasst, versuchte aufgebrachte russische Leser, die ebenfalls "Mad Max" zitierten, zu beruhigen [externer Link]: "So sieht der Krieg heutzutage aus, selbst in einem Sektor, in dem bis zu 150.000 Soldaten operieren. Zahlreiche Drohnen machen ein Vorrücken großer Infanterie- und Fahrzeugverbände unmöglich."

"Drohnen sind gekommen, um zu bleiben"

Autos hielten an der Front zwischen "einem Tag und einer Woche", Mitleid sei unangebracht: Die Türen seien deshalb ausgebaut worden, damit die darin sitzenden Kämpfer bei einem Drohnenangriff jederzeit herausspringen könnten. Es war von "organisatorischen Problemen" die Rede, die Heftigkeit der Kämpfe lasse keine andere Wahl, als "alles Verfügbare" zu nutzen.

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Peter Jungblut

Auf dem Portal "Rybar" (1,41 Millionen Fans) hieß es [externer Link] lakonisch: "Drohnen sind gekommen, um zu bleiben. Und solange es keine wirksamen, massentauglichen Gegenmaßnahmen zur Abwehr kleiner Drohnen gibt, wird der Krieg in etwa so aussehen. Zumindest an der Front."

"Aufarbeiten der Karosserie mit Winkelschleifer"

Blogger Roman Aljechin meinte zum Video bitter [externer Link]: "In einer wirklich schlanken Produktion hätten sie längst eine schnelle Umrüstung vorgenommen und ein Fahrzeug für die Front entwickelt, das weder das Aufarbeiten einer PKW-Karosserie mit dem Winkelschleifer, noch zusätzliche, von freiwilligen Bastlern durchgeführte Modernisierungen erfordert." Statt für moderne Ausrüstung zu sorgen, sei lediglich die Bürokratie "beängstigend und deprimierend" ausgeweitet worden.

Der viel zitierte Frontberichterstatter Filatow verwies darauf [externer Link], dass die gezeigten "Schrottkarren" im Nebel immerhin leiser als Panzer seien. Die ukrainische Artillerie schieße nach Gehör, und zwar sehr gut.

Kollege Juri Podoljak (3,1 Millionen Fans) warnte angesichts der Aufnahmen [externer Link]: "Jeder Krieg (und die Spezialoperation bildet da keine Ausnahme) wird immer von der Seite gewonnen (und zwar mit den geringsten Verlusten), die sich selbst am wenigsten belügt. Das war schon immer so, das ist auch heute so und wird (leider) auch in Zukunft so sein."

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