Eitan und David Cunio sind Zwillinge: David wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas entführt.
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Eitan und David Cunio sind Zwillinge: David wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas entführt.
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Eitan und David Cunio sind Zwillinge: David wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas entführt.

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Film über Hamas-Geisel: "A Letter to David"

Film über Hamas-Geisel: "A Letter to David"

Eitan Cunio lässt der 7. Oktober 2023 nicht los: An diesem Tag wurde sein Zwillingsbruder David von der Hamas entführt. Der Filmemacher Tom Shoval hat David Cunio den Dokumentarfilm "A Letter to David" gewidmet. Eine Suche nach Nähe und Hoffnung.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Kulturleben am .

Für seinen Trick braucht Eitan Cunio einen Kaugummi und eine Shisha. Einmal kräftig ziehen, um den Kaugummi mit Rauch aufzupusten – so lange, bis er platzt, und eine beeindruckende Wasserdampfwolke freigibt.

Eitan hat diesen Trick von seinem Zwillingsbruder David gelernt. Ob er ihn je wiedersehen wird, ist jedoch ungewiss. Am 7. Oktober 2023 wurde David Cunio mit seiner Frau, seiner Tochter und seinem kleinen Bruder Ariel von der Hamas aus dem Kibbuz Nir Oz nach Gaza verschleppt.

Der israelische Regisseur Tom Shoval hat einen sehr persönlichen Film über diesen Tag gemacht: "A Letter to David" erzählt die Geschichte von David Cunio. Ein Dokumentarfilm auf der Suche nach Nähe, Menschlichkeit und Hoffnung inmitten eines Traumas.

Zwillinge einst gemeinsam vor der Kamera

Die Zwillinge Eitan und David kennt der Regisseur noch aus besseren Zeiten. Vor zehn Jahren hatte er die beiden als Schauspieler für seinen Spielfilm "Youth" gecasted. Ein Film über zwei Brüder, den wir in "A Letter to David" immer wieder in Auszügen sehen.

Das Absurde: In "Youth" spielen die Brüder Eitan und David Cunio zwei Geiselnehmer, die eine junge Frau entführen, um ihre Eltern zu erpressen.

"Als ich das Drehbuch schrieb, dachte ich, ich schreibe eine Fabel", sagt Regisseur Tom Shoval in "A Letter to David". Geiseldramen seien doch eigentlich Geschichten für Filme. Die zeigen würden, wie gute Absichten zu bösen Taten führen. Jetzt aber habe sich die Geschichte von "Youth" verändert, sei "von der Realität entführt" worden.

Trauma-Bewältigung im abgebrannten Haus

Die emotionalsten Szenen in "A Letter to David" sind die Interviews mit Geiselangehörigen wie Eitan Cunio. Der Film verzichtet bewusst auf Gewaltdarstellungen, begleitet Eitan stattdessen ein Jahr nach dem 7. Oktober in sein abgebranntes Haus. Wo er sich nochmal erinnert, wie er sich mit seiner Familie im Sicherheitsraum einschloss. Wie die Terroristen das Haus dann mit Benzin übergossen und anzündeten. Wie Eitan die Tür des Sicherheitsraums plötzlich nicht mehr öffnen konnte – um dann Stunden später doch noch irgendwie herauszukommen.

Am schlimmsten jedoch ist der Gedanke an seinen Zwillingsbruder David, der in Gaza, nur knapp zwei Kilometer von ihrer Heimat entfernt, als Geisel gehalten wird. Davids Frau Sharon Cunio, die mit der Tochter bei einem Geiselabkommen freikommt und ihren Mann in Gaza zurücklassen muss, zeigt "A Letter to David" beim Stöbern in Hochzeitsvideos. Um irgendwie die Hoffnung zu bewahren.

Politik nicht im Vordergrund

"A Letter to David" ist ein emotionaler Dokumentarfilm, der mit seiner Menschlichkeit berührt. Das Politische liest man in diesem Film eher zwischen den Zeilen: Man erfährt nicht, was Eitan Cunio zum Beispiel über die Folgen des 7. Oktobers denkt, über die seit zwei Jahren andauernde Spirale der Gewalt, die vielen weiteren Toten.

Viele Geisel-Angehörige beteiligen sich inzwischen auch an Protesten gegen Netanjahus Krieg in Gaza. In "A Letter to David" wird Gesellschaftskritik wenn nur durch Bilder vermittelt. Da wird ein Kaugummi langsam mit Rauch gefüllt, dehnt sich immer weiter aus, bis er zerplatzt.

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