Jeder kennt so ein Haus. Pünktlich zum Advent erstrahlt es von oben bis unten. Es blinkt und funkelt, Weihnachtmänner winken drollig und neben ihnen grasen Rentiere im Vorgarten. In so einem Haus in Nürnberg wohnt Wolfgang Seidel. Stolz blickt er die Wand des Mehrfamilienhauses empor. "So 20.000 Lichter sind es ungefähr", sagt er. "Nach und nach wurden es immer immer etwas mehr."
Festtagsbeleuchtungen wie bei Wolfgang Seidel nehmen jedoch ab. Laut einer YouGov-Umfrage brennen in Deutschland zurzeit wohl an die 19,75 Milliarden Lichter und Lämpchen. Das sind rund zwei Milliarden weniger als im Vorjahr. Der Strom, der dafür verbraucht wird, könnte aber immer noch circa 30.000 Haushalte in Deutschland ein Jahr lang versorgen. Aber: Der Stromverbrauch sinkt. Dieses Jahr wird sogar 20 Prozent weniger verbraucht als im Vorjahr. Hauptgrund sind die energiesparsameren LED-Weihnachtsleuchten. Sie machen mittlerweile 83 Prozent der Weihnachtsbeleuchtung aus.
Was Licht mit Weihnachten zu tun hat
Durch Wolfgangs Seidels Hinterhof führt ein beleuchteter Gang zur Krippe in die Garage. Zu Ochs und Esel gesellen sich dort blinkende Rentiere, Kranzgebinde und allerlei andere, strahlende Deko-Elemente. Gerade zur Weihnachtszeit scheinen sich viele nach Licht zu sehnen. Claudia Voigt-Grabenstein ist geschäftsführende evangelische Pfarrerin der St. Lorenz in Nürnberg und sagt: "Jedes Licht bringt ein kleines Stück Wärme. Und wenn ich Licht sehe, verbinde ich das auch mit Hoffnung."
Es ist kein Zufall, dass das Weihnachtsfest an die Wintersonnenwende datiert wurde. Schon in der Antike wollte man damit verdeutlichen, dass Christus das "Licht der Welt" sei, das mitten in die Dunkelheit kommt. Im 19. Jahrhundert wurden dann Lichterbräuche immer beliebter - der Adventskranz zum Beispiel. Jede Woche eine Kerze mehr – bis dann an Weihnachten die Kerzen am Christbaum angezündet werden.
Erste Lichterkette leuchtete in Manhatten
1882 leuchtete in der 5th Avenue in Manhattan zum ersten Mal eine elektrische Lichterkette an einem Weihnachtsbaum. Dieser Stand im dem Haus des Vizepräsidenten der Edison Electric Light Company und erstrahlte durch 80 bunte Glühbirnen. In einer Zeit, in der die wenigsten Haushalte überhaupt einen Stromanschluss hatten. Die Glühbirne war erst seit drei Jahren patentiert. Knapp 20 Jahre später kamen die ersten vorverkabelte Sets mit solchen Glühbirnen auf den Markt. In den Jahrzehnten danach wurden elektrische Lichterketten zunehmen populär, auch in Europa. Durch die Einführung von LEDs in den 1990er Jahren verbrauchen sie weniger Strom, halten länger und können für Lichtwechsel und Farbeffekte verwendet werden.
Wenn man Wolfgang Seidel fragt, warum er sein Haus illuminiert, dann antwortet er: "Für die Kinder. Je mehr es leuchtet und blinkt, desto mehr freuen sie sich." Aber wer Seidel so vor seinem Haus stehen sieht, wie er auf seine Fassade schaut und lächelt, der kommt um folgenden Verdacht nicht herum: Vielleicht macht er es auch für das Kind in ihm selbst.
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