Der in London lehrende russische Exil-Politologe Wladmir Pastuchow fühlt sich beim Gedanken an ein mögliches Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, ergänzt um die Teilnahme des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, an die russische Variante des Märchens von Pinocchio erinnert [externer Link]. Die wurde von Alexei Tolstoi (1883 - 1945) geschrieben, einem entfernten Verwandten des berühmteren Lew Tolstoi (1828 - 1910).
Darin tritt die ungestüme und emotionale Titelfigur Burattino auf, die schlaue Füchsin Alice und der halb erblindete, lahme und hinterhältige Kater Basilio: "Ich überlasse es dem Leser, in diesem Szenario zu entscheiden, 'wer wer ist'. Kaum jemand zweifelt daran, wem die Rolle des Burattino zusteht, aber wir sollten uns daran erinnern, wie das Märchen endete und wer letztendlich mit leeren Händen dastand."
Fabel von Schwan, Krebs und Hecht
Damit spielt Pastuchow darauf an, dass der impulsive Burattino über die Gerissenheit der Füchsin und die kriminelle Energie des Katers triumphiert. Donald Trump sei bekanntlich immer "leicht entflammbar", ergänzt der Politologe und versucht, sich einen Reim auf das möglicherweise bevorstehende Gipfeltreffen zu machen.
"Entweder machte [Trumps Unterhändler] Whitkoff Putin ein Angebot, das dieser nicht ablehnen konnte (möglicherweise ohne Bezug zu den Militäraktionen in der Ukraine), oder Putin warf Whitkoff einen Rettungsring zu, der Trump einen würdevollen Ausstieg aus dem Spiel ermöglicht (zum Beispiel einen 'Luft-Waffenstillstand')", so Pastuchow: "Tatsächlich läuft die ganze Frage darauf hinaus, ob Trump mit einem 'Ersatzwaffenstillstand' zufrieden sein wird oder nicht."
Politologe Andrei Kalitin fühlte sich an die russische Fabel vom Schwan, dem Hecht und dem Krebs erinnert [externer Link]: Alle Tiere ziehen gemeinsam an einem Karren, aber in unterschiedliche Richtungen (nach oben, unten und rückwärts), so dass er sich keinen Millimeter bewegt. Im Übrigen fehle Europa bei diesen Spekulationen.
Putins Berater Juri Uschakow hatte laut staatlicher russischer Nachrichtenagentur TASS [externer Link] Pläne für ein Gipfeltreffen "auf Vorschlag der amerikanischen Seite" bestätigt, jedoch nicht verraten, wann und wo es stattfinden wird. Putin selbst bezeichnete die Vereinigten Arabischen Emirate als "einen der sehr geeigneten Orte". Außerdem habe er "grundsätzlich" nichts gegen ein Treffen mit Selenskyj, die Voraussetzungen dafür seien jedoch "noch weit entfernt".
"Trump hat Gelegenheit gern ergriffen"
Der kremlkritische Politikwissenschaftler Anatoli Nesmijan schreibt [externer Link]: "Trump könnte einen Waffenstillstand im Austausch für die Anerkennung der Krim und der bisher von Russland besetzten Gebiete anbieten. Der Handel mit noch unbesetzten Gebieten ist für ihn problematisch – er wird Selenskyj kaum so sehr unter Druck setzen können. Diesen zu zwingen, die 'Realitäten vor Ort' zu akzeptieren, ist möglich, aber nicht mehr." Trump sei am "Frieden an sich" interessiert, weniger an dem, was danach komme.
Peter Jungblut
Blogger Oleg Zarow (397.000 Fans) fragt sich [externer Link], wo sich Putin und Trump wohl treffen werden. Die Vereinigten Arabischen Emirate seien eines der wenigen "neutralen" Länder: "Was das Treffen selbst betrifft, so hat Wladimir Putin offenbar nichts über den genauen Zeitpunkt gesagt. Trump hat jedoch die Gelegenheit gerne ergriffen und beeilt sich, es auf den Weg zu bringen."
"Klarer Fahrplan zum Frieden"
Politologe Georgi Bovt gibt sich hoffnungsvoller als seine Kollegen [externer Link]: "Die Ereignisse überschlagen sich. Es ist unwahrscheinlich, dass sich die beiden Präsidenten nur treffen, um einen partiellen 'Luft-Waffenstillstand' zu unterzeichnen. Vielleicht sprechen wir über ein umfassenderes Abkommen. Oder über einen klaren Fahrplan zum Frieden."
Für den als "ausländischer Agent" gebrandmarkten Politologen Wladislaw Inosemtsew zeichnet sich bei allem "diplomatischen Wirbel" keine Trendwende ab, weil das Weiße Haus keine Ukraine-Strategie habe, ganz im Gegensatz zu Putin [externer Link]: "Ich habe nach wie vor keinen Zweifel daran, dass Trumps Friedensmission nie erfüllt werden wird."
Auch Polit-Kommentator Alexei Tschesnakow sprach von einer "instabilen Lage" und mahnte zur Vorsicht: "Der Handlungsspielraum schrumpft."
"Großer Erfolg für den Kreml"
Der Kolumnist des Wirtschaftsblatts "Kommersant", Dmitri Drise, spricht von einem "großen Erfolg" Russlands [externer Link]: "Der Kreml hatte von Anfang an ein Treffen zwischen Putin und Trump angestrebt und es jetzt auch erreicht. Auch die Hauptbedingung Russlands, Selenskyjs Abwesenheit, wurde offenbar erfüllt. Jetzt müssen wir nur noch die USA von der Inkompetenz der Kiewer Behörden überzeugen und versuchen, beispielsweise einen Waffenlieferungsstop, einen NATO-Beitrittsverzicht und die Anerkennung der Krim und des Donbass als russisch durchzusetzen."
Politologe Andrei Nikulin fragte sich, wie Trump reagieren werde, wenn er erfahre, dass sich Putin garantiert nicht mit Selenskyj treffen werde: "Hat Whitkoff ihm das mitgeteilt?" Kollege Alexander Semenjow warnte: "Putin sagte kürzlich, dass alle Enttäuschungen auf überzogenen Erwartungen beruhen. Daran sollte man sich in der Außen- und Innenpolitik orientieren."
Im Video: Kreml bestätigt Treffen mit Trump
Donald Trump und Wladimir Putin
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