Bayerns Kunstminister Markus Blume (l, CSU) und Anton Biebl, Interrimsmäßiger Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen
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Bayerns Kunstminister Markus Blume (l, CSU) und Anton Biebl, Interrimsmäßiger Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen

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Paukenschlag nach Vorwürfen: Blume tauscht Pinakotheken-Chef aus

Paukenschlag nach Vorwürfen: Blume tauscht Pinakotheken-Chef aus

Kunstminister Blume setzt auf einen "Neuanfang" bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen: Generaldirektor Bernhard Maaz räumt den Posten, Interimschef ist ab sofort Anton Biebl. Eine interne Untersuchung soll "Vorwürfe zu Fehlverhalten" aufklären.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Kulturleben am .

Erst am Dienstag übernahm der ehemalige Münchner Kulturreferent Anton Biebl den Posten des Change-Managers für die bayerischen Museen, ab sofort ist er überraschend auch Chef der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen – zumindest vorübergehend. Der bayerische Kunstminister Markus Blume (CSU) sagte in München, Biebl solle als "Mann von außen" versuchen, "dieses Schiff wieder auf Kurs" zu bringen. "Wir ermöglichen einen Neuanfang." Der bisherige Generaldirektor der Staatsgemäldesammlungen, Bernhard Maaz, gibt sein Amt nach zehn Jahren auf und wird laut Blume künftig am Institut für Kunstgeschichte forschen.

Der Minister erläuterte, mit der inneren Verfasstheit der Staatsgemäldesammlungen könne man nicht zufrieden sein. "Es gab und gibt Hinweise und Vorwürfe zu Fehlverhalten und an manchen Stellen auch zu Organisationsversagen." Deswegen habe das Ministerium eine interne Untersuchung gestartet. "Dazu haben wir im Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst eine frühere Staatsanwältin geholt und als Untersuchungsführerin bestimmt, die in den nächsten Wochen dieser Vielzahl von Hinweisen nachgehen wird und versuchen würde, das aufzuarbeiten."

Blume: Vorwürfe betreffen unterschiedliche Bereiche

Laut Blume geht es bei diesen Hinweisen und Vorwürfen vordergründig nicht um Fragen der Rückgabe von NS-Raubkunst, die in den vergangenen Wochen für Wirbel gesorgt hatten. Nähere Angaben machte Blume dazu nicht: "Eine gute Untersuchung zeichnet sich dadurch aus, dass man über die Dinge nicht in der Öffentlichkeit spricht."

Auch ob dabei Vorwürfe seien, die möglicherweise strafrechtlich relevant sind, könne er nicht sagen. "Das wird auch Gegenstand der Untersuchungen sein, herauszufinden, welche Qualität es hat". An manchen Stellen gehe es um Vermutungen, an anderen um Hinweise, wieder an anderen um "sehr starke Hinweise, die zum Teil auch von verschiedenen Seiten kommen und ein ganzes Konvolut von Bereichen betreffen". Daher werde möglicherweise auch die Frage zu klären sein, wie so etwas in einer solchen Organisation passieren konnte. "Es wäre heute falsch, hier irgendwelchen Untersuchungen vorzugreifen. Denn dazu gibt es ja diese Untersuchungen."

Neuanfang "dringend geboten"

Zu den Staatsgemäldesammlungen gehören die drei Pinakotheken in München, das Museum Brandhorst, die Sammlung Schack und zwölf Staatsgalerien. Dem bisherigen Generaldirektor Maaz danke er für seine Verdienste, aber "insbesondere auch dafür, dass er den Weg freigemacht hat für einen Neuanfang hier bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, der aus Sicht wahrscheinlich fast alle Mitarbeiter und Mitarbeiter hier dringend geboten ist".

Die Grünen-Kulturexpertin im Landtag, Sanne Kurz, sagte dem BR, Blumes Personalentscheidungen zeigten die richtige Richtung. "Eine Ex-Staatsanwältin zu beauftragen, zeigt ja: Da gibt es wirklich Probleme. Für mich klingt das wirklich dramatisch."

Blume: Externe Untersuchung zu NS-Raubkunst

In den vergangenen Wochen hatte es schwere Vorwürfe gegen Blume und die Staatsgemäldesammlungen wegen ihres Umgangs mit NS-Raubkunst-Verdachtsfällen gegeben. "Deshalb haben wir die letzten Wochen genutzt, um aufzuklären, um viele Gespräche zu führen, uns ein Bild von der Lage zu machen, richtig auch von falsch zu trennen", sagte der Minister. Gesichert sei heute, dass der Kernvorwurf nicht gestimmt habe: "Unzutreffend war und ist, dass 200 Werke eindeutig als Raubkunst identifiziert waren und zurückgehalten würden." Vielmehr gebe es ausschließlich Verdachtsfälle.

Trotzdem seien viele Fragen offen. "Bayern steht zu seiner historischen Verantwortung und bekennt sich zur Wiedergutmachung von NS-Unrecht", betonte der Minister. Daher werde es auf diesem Feld eine externe Untersuchung unter der Leitung der Kunsthistorikerin Meike Hopp geben, einer der führenden Provenienzforscherinnen. Zudem kündigte Blume einen Runden Tisch mit Experten, Opferverbänden und Interessensgruppen von Kunstsammlungen an.

Biebl will "Vertrauen nach innen und außen wiederherstellen"

Interimsleiter Biebl zeichnet sich laut Blume durch eine "immense Erfahrung als Behördenleiter" aus. Er sei der richtige Mann zur richtigen Zeit.

Laut Biebl lässt sich bezüglich der Staatsgemäldesammlungen von einer "tiefen Vertrauenskrise sprechen". Es gelte, "das Vertrauen nach innen und außen wiederherzustellen, die Arbeitsfähigkeit der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen zu gewährleisten und den Transformationsprozess hin zu einer Neuorganisation vorzubereiten".

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