"Ich bin traurig, da ich meine Werkstatt und Atelier schließe", heißt es in der Instagram-Werbung von "Claudias Atelier". Die ältere Frau lächelt warmherzig, während sie mit drei Hunden posiert und bis zu 80 Prozent Rabatt auf handgefertigten Schmuck verspricht.
Die Geschichte klingt rührend: Ein bayerisches Familienunternehmen muss nach Jahren schweren Herzens schließen. Mit dieser Geschichte wirbt der Account seit Monaten auf Instagram und Facebook.
Impressum offenbart Ungereimtheiten
Doch die Realität sieht anders aus: Claudia existiert nicht, ihr Atelier ist eine Erfindung, und die Bilder stammen aus einer KI. Ein genauerer Blick ins Impressum der Website offenbart gleich mehrere Ungereimtheiten: Bis vor kurzem stand dort noch eine chinesische Adresse, mittlerweile wurde eine Münchner Anschrift eingetragen. Doch vor Ort in München ist kein "Claudias Atelier" zu finden. Wichtige Angaben wie die Umsatzsteuer-ID fehlen außerdem komplett. Und die auf der Facebook-Seite angegebene Telefonnummer ist nicht vergeben.
Fake-Shops boomen
"Claudias Atelier" ist also ein Fake-Shop – einer von vielen, die derzeit über Instagram und Facebook ihre vermeintlichen Räumungsverkäufe bewerben. Wer bei so einem Shop bestellt, erhält möglicherweise günstige AliExpress-Ware statt der beworbenen handgefertigten Schmuckstücke – oder auch gar nichts.
Diese betrügerischen Online-Shops machen Schule. Allein die Verbraucherzentrale Bayern verzeichnete 6.900 Fake-Shop-Meldungen im Jahr 2023 – fast sechsmal so viele wie 2020.
🎧 Wie verändert KI unser Leben? Und welche KI-Programme sind in meinem Alltag wirklich wichtig? Antworten auf diese und weitere Fragen diskutieren Gregor Schmalzried, Marie Kilg und Fritz Espenlaub jede Woche in "Der KI-Podcast" – dem Podcast von BR24 und SWR.
So funktioniert die Räumungsverkauf-Falle
Das Prinzip ist immer gleich: Über emotionale Geschichten werden Schnäppchenjäger gelockt. "Seit über 35 Jahren mit viel Herzblut wunderschöne Taschen kreiert" oder ein Ehepaar habe "vor Jahren gemeinsam das Unternehmen gegründet" – solche Formulierungen erwecken den Eindruck eines etablierten Familienbetriebs, der nun schweren Herzens den letzten Ausverkauf startet.
Die Shops nutzen deutsche Domain-Namen und scheinbar lokale Kontaktdaten. Namen wie "hanna-muenchen.de", "modehausmunchen.com" oder "kruger-mode.de" mit dem Zusatz "Krüger Mode München" sollen Vertrauen schaffen.
Die Hamburger Verbraucherzentrale hat bereits über 100 solcher verdächtiger Shops in ihrer öffentlich zugänglichen Fake-Shop-Liste [externer Link] aufgeführt, über die sich Kunden beschwerten.
Wie schütze ich mich?
Prüfen Sie das Impressum genau – fehlen Angaben oder sitzt die Firma im Ausland, sollten Alarmglocken schrillen. Seien Sie misstrauisch bei extremen Rabatten von 80 Prozent oder mehr. Schauen Sie sich Produktbilder genau an – KI-generierte Fotos verraten sich oft durch unnatürliche Details.
Googeln Sie den Shop-Namen plus "Erfahrung" – oft finden sich bereits Warnungen. Auch der kostenlose Fakeshop-Finder der Verbraucherzentralen [externer Link] hilft dabei, dubiose Websites zu entlarven.
Bei der Bezahlung sollten Sie nach Möglichkeit mit Käuferschutz oder auf Rechnung bestellen und keine Vorab-Überweisungen an unbekannte Shops leisten.
Im Zweifel gilt: Lieber beim Händler des Vertrauens bestellen als sich von einer rührenden Instagram-Werbung verführen lassen.
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