Das langfristig angelegte Projekt des FC Augsburg, das eigene Graue-Maus-Image mit einem Trainer mit Strahlkraft abzulegen, ist früher als erhofft gescheitert: Nach der 0:3-Niederlage gegen die TSG Hoffenheim gehen der Fußball-Bundesligist und Trainer Sandro Wagner ab sofort nach beidseitiger Entscheidung getrennte Wege. Als Interimstrainer übernimmt Manuel Baum bis zur Winterpause. Er hatte die Schwaben bereits von 2016 bis 2019 trainiert.
Historisches Debakel
Ausschlaggebend für die Entscheidung war in erster Linie die sportliche Bilanz des ehemaligen Co-Trainers der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die sich extrem ernüchternd liest. Nach dem 0:6 gegen RB Leipzig, der höchsten Bundesliga-Heimniederlage der Klubgeschichte, folgten das Aus im DFB-Pokal gegen Zweitligist VfL Bochum und weitere Pleiten in der Bundesliga gegen Borussia Dortmund und den VfB Stuttgart. Gegen den Hamburger SV gelang der einzige Sieg aus den letzten sieben Spielen.
Zuletzt gab es eine 0:3-Pleite in Hoffenheim. "In den Gesprächen nach dem Spiel in Hoffenheim haben wir festgestellt, dass der Glaube und die Überzeugung fehlen, in der aktuellen Konstellation den Turnaround zu schaffen", sagte Geschäftsführer Michael Ströll. Wagner, der gemäß Punkteschnitt schwächste Augsburger Coach seit dem Bundesliga-Aufstieg 2011, habe zwar "leidenschaftlichen Einsatz" gezeigt, doch stehe "bei jeder Entscheidung, die wir treffen, immer das Wohl des FCA im Zentrum".
Fan-Frust beim BVB-Spiel und bei Mitgliederversammlung
Gegen den BVB taten Augsburg-Fans ihren Unmut über die aktuelle Situation kund: "Große Worte, keine Taten – wie lange wollt ihr noch warten?", "Niemand ist größer als der Verein" und "Imagewechsel vollbracht: Von der grauen Maus zur Schießbude der Liga" stand auf Bannern, die Anhänger während der Partie entrollten. Auch die Klubführung musste sich Kritik gefallen lassen: "Personenkult und Marketingwahn – das sind nicht unsere Werte", hieß es auf einem weiteren Transparent.
Die Stimmung hielt bis zur Mitgliederversammlung vergangene Woche an. Dort wurden Mannschaft und Trainer unterkühlt begrüßt und verabschiedet. Den Frust machte besonders deutlich der Kontrast, als Geschäftsführer Michael Ströll Wagners Vorgänger Jess Thorup erwähnte und richtiger Applaus aufbrandete.
Wagner-Aus: "Zu dem Entschluss gekommen, dass es nicht mehr passt"
Sandro Wagner
Ernüchternde Bilanz
Aktuell weist der FCA nur zehn Punkte nach zwölf Partien auf. Mit 27 Gegentreffern stellt man zudem die schlechteste Abwehr der Liga. Einen schlechteren Punkteschnitt als Wagner hatte in der Bundesligahistorie des Klubs niemand.
Aber auch Wagners Auftreten bot viel Raum für Kritik und auch Häme. Dabei war die etwas grellere Außendarstellung ja durchaus erwünscht gewesen. Vorgänger Jess Thorup galt vielen im Klub als zu blass. Ihm hatte man nicht mehr zugetraut, der Mannschaft eine neue und attraktivere spielerische Handschrift zu verpassen. Wagner indes schon, der als das genaue Gegenstück des eher zurückhaltenden Dänen galt: jung, frisch, auch mal forsch und mit seiner Ausstrahlung ein Liebling der Medien.
Ein Start mit Euphorie
Erst in der Sommerpause hatte der 37-Jährige mit viel Vorschusslorbeeren seine Stelle bei den Schwaben angetreten. Mit Robin Fellhauer, Cedric Zesiger, Elias Saad oder dem nachverpflichteten Fabian Rieder bekam Wagner sogar einige Transferwünsche erfüllt. Der Start verlief mit dem souveränen Weiterkommen im DFB-Pokal beim Halleschen FC und dem überraschenden 3:1-Auswärtssieg beim SC Freiburg am 1. Bundesliga-Spieltag auch durchaus verheißungsvoll. Doch bereits ab dem 2. Spieltag blieben dann die Ergebnisse aus.
Kritik am Auftreten
Hängengeblieben ist von ihm vor allem ein Satz, der ihm schon bald um die Ohren fliegen sollte: "Ich sehe nicht, dass wir weniger Qualität haben als Bayern. Ich sehe uns auf keiner Position im ganzen Verein von der Qualität her weniger gut aufgestellt." Und auch seine "Bla-bla"-Geste, die er nach dem Heimsieg gegen Wolfsburg etwas trotzig in Richtung Haupttribüne sandte, kam nicht gut an. Nach der jüngsten 0:3-Pleite in Hoffenheim wirkte der sonst so eloquente Fußballlehrer zum ersten Mal ratlos.
Nun trauten die Verantwortlichen ihm und vielleicht auch er sich selbst die Kehrtwende nicht mehr zu.
Sandro Wagner
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