Über dieses Thema berichtet: ARD extra am 17.03.2025 um 20.15 Uhr
Wenn es um Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz, die Cyber-Cloud und Robotik geht, dann schneidet Deutschland im internationalen Vergleich oft nicht allzu gut ab. Staaten wie die USA und Israel gelten hier als Vorreiter. Das habe auch mit einer engen Vernetzung von ziviler und militärischer Forschung zu tun, sagte Michael Schöllhorn, der bei Airbus das Geschäft mit Verteidigung und Raumfahrt leitet, im BR-Interview für das ARD extra "Verteidigung – Wie schützt sich Deutschland?".
In Deutschland müsse es deshalb einen anderen Blick auf das Thema Militärtechnologie geben. Der Manager, der als Präsident auch dem Branchenverband BDLI vorsteht, erhofft sich für die Zukunft, "dass die Verteidigung nicht nur als Kostenfaktor gesehen wird, sondern auch als Investition in Forschung, in Technologie und Innovation."
Mehr Tempo bei der Entwicklung und Beschaffung
Die Bundeswehr hinkt derzeit international bei vielen Zukunftstechnologien zurück. Die Truppe verfügt zum Beispiel kaum über moderne Drohnen. Dabei gelten solche unbemannten Systeme als ein wesentlicher Pfeiler moderner Armeen. Experten verweisen auf den massiven Einsatz von Drohnen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Branchenvertreter kritisieren immer wieder die aufwändigen und langsamen Beschaffungswege in der deutschen Militärbürokratie.
Airbus-Manager Schöllhorn sagt, dies sei ein zentraler Punkt, wolle man die Bundeswehr tatsächlich zügig auf einen zeitgemäßen Stand bringen. "Hier kommen wir vor einer sehr, sehr langfristigen, langsamen Entwicklung. Die war okay, als sich die Technologie noch relativ langsam fortentwickelt hat und man auch nur alle Jubeljahre mal etwas bestellt hat. Das muss jetzt anders werden."
Mehr Europa spart Geld und bringt Effizienz
Als wesentliches Hindernis für eine effiziente europäische Rüstungspolitik gelten seit vielen Jahren die zersplitterte Verteidigungsbranche und regelrechte Kleinstaaterei in der Beschaffung. So lassen die Staaten oft parallel mehrere Waffensysteme entwickeln, die dann nur in kleinen Stückzahlen gebaut werden und vergleichsweise teuer sind.
Das sei nicht effizient, so Schöllhorn. Europa müsse hier mehr konsolidieren, also auf gemeinsame Projekte und Firmen setzen. Man habe zum Beispiel gegenüber den USA nicht nur ein Drittel des Budgets, sondern auch gleichzeitig im Durchschnitt fünfmal so viele verschiedene Waffensysteme im Schnitt. "Wir verdünnen das Geld und versprengen es über zu viele Waffensysteme. Wir müssen zusammenkommen. Wir müssen weniger Systeme haben, auf diese einzelnen Systeme aber mehr Geld projizieren. Dann kommen wir auch in eine Serienfertigung. Dann kommen wir auch in die Skaleneffekte."
Verteidigung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Grundsätzlich ist Michael Schöllhorn der Meinung, dass die Notwendigkeit von Verteidigung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe noch nicht überall angekommen sei. Nicht zuletzt die Politik müsse hier einen Rahmen setzen und auch für eine langfristige Planbarkeit sorgen. Das gelte gerade für komplexe Forschungsprojekte und Waffensysteme, deren Entwicklung in der Regel länger als eine Legislaturperiode dauere. Nur so habe das Militär, aber auch die Rüstungsindustrie eine verlässliche Planbarkeit. Das sei für die Branche die Voraussetzung, um die Produktion hochzufahren.
"Kein Rüstungswettlauf"
Bei der besseren Ausstattung der Bundeswehr gehe es laut Schöllhorn auch nicht darum, einen Rüstungswettlauf zu gewinnen. "Wir wollen aber so viel schaffen, dass die Abschreckung wieder funktioniert, dass ein klares Signal ausgesendet wird: Es lohnt sich nicht, uns anzugreifen." Diese Logik müsse man aber auch der Bevölkerung erklären.
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