Ein Arzt hält ein Stethoskop in der Hand.
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Ein Arzt hält ein Stethoskop in der Hand.
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Behandlungsfehler: Wohin können Patienten sich wenden?

Behandlungsfehler: Wohin können Patienten sich wenden?

Tausende Menschen werden jedes Jahr Opfer eines Behandlungsfehlers, wie aktuelle Zahlen des Medizinischen Dienstes zeigen. Was Betroffene tun können – und wann etwas als Fehler gilt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Vergangenes Jahr haben Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) in 2.825 Fällen festgestellt: Ein Patient erlitt einen gesundheitlichen Schaden, weil das medizinische Personal vermeidbare Fehler begangen hat. Die Zahl der Gutachten, die der MD erstellt hat, lag deutlich höher, bei 12.304. In rund einem von vier Fällen haben die Gutachter also bestätigt, dass eine Patientin oder ein Patient Opfer eines Behandlungsfehlers wurde.

Kriterien für Behandlungsfehler

Damit Gutachter einen Behandlungsfehler bestätigen, müssen vor allem zwei Kriterien erfüllt sein. Es muss allen voran nachweislich ein Fehler vorliegen. Die Behandler müssen also gegen professionelle medizinische Standards verstoßen haben. Dass eine Operation oder eine Behandlung nicht das erhoffte Ergebnis hat, reicht nicht aus.

Wenn ein Fehler dann bestätigt wurde, muss sichergestellt sein, dass der Patient auch einen Schaden erlitten hat. Es gibt Konstellationen, bei denen gegen medizinische Standards verstoßen wurde, doch die Gutachter können nicht den Schaden bestätigen, den ein Patient angegeben hat.

Nachweise gefordert

Wenn Fehler und Schaden bestätigt sind, muss auch belegt sein, dass beide zusammenhängen. Es ist beispielsweise denkbar, dass ein Patient in der Zeit, in der er sich einer bestimmten Behandlung unterzieht, einen Schlaganfall erleidet. Es kann auch sein, dass bei der Behandlung ein Fehler unterlaufen ist. Damit in diesem Beispiel der Schlaganfall als Folge des Behandlungsfehlers bestätigt wird, muss ein Gutachten darlegen, dass es wirklich einen ursächlichen Zusammenhang gibt. Denn es ist auch denkbar, dass der Patient den Schlaganfall unabhängig von der fehlerhaften Behandlung erleidet.

Wenn kein schwerer Fehler vermutet wird, sondern eher ein geringer oder mittlerer Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten, muss der Patient nachweisen, dass bei der Behandlung ein Fehler unterlaufen ist. Wenn es um einen groben Fehler geht, kehrt sich die Beweislast um: Der jeweilige Behandler muss nachweisen, dass er sich an medizinische Standards gehalten hat.

Verschiedene Anlaufstellen

Der Medizinische Dienst erstellt seine Gutachten für gesetzlich Krankenversicherte (externer Link) kostenlos. Der MD betont, die Gutachter arbeiteten unparteiisch. Die Kassen fordern bei bestätigten Behandlungsfehlern allerdings gezahlte Behandlungskosten oft zurück. So haben alleine die AOKs im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben knapp 50 Millionen Euro an Regressforderungen gestellt.

Der Medizinische Dienst (MD) ist seit einer Reform im Jahr 2020 organisatorisch von den Krankenkassen unabhängig und heißt auch nicht mehr "Medizinischer Dienst der Krankenversicherung", abgekürzt MDK.

Neben dem MD bieten auch die Ärztekammern kostenlose Gutachten an. In Bayern können sich Patienten an die Gutachterstelle der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) wenden (externer Link). Die BLÄK erstellt Gutachten auch für Privatversicherte. Die Kammer betont, ebenso wie der MD, ihre Gutachter seien neutral.

Auch über (mithilfe von) Rechtsanwälte lassen sich gegebenenfalls Ansprüche bei vermuteten Behandlungsfehlern durchsetzen. Eine Reihe von Kanzleien hat sich auf Medizinrecht spezialisiert und arbeitet mit medizinischen Gutachtern zusammen. Ohne Rechtsschutzversicherung kann der Gang zum Fachanwalt allerdings beträchtliche Kosten nach sich ziehen.

Breite Spanne bei Entschädigungen

Bei einem bestätigten Behandlungsfehler erhalten Patienten in der Regel Schmerzensgeld von mehrere Tausend Euro von der Haftpflichtversicherung des jeweiligen Krankenhauses oder Arztes. In schweren Fällen kann es auch in die Hunderttausende Euro gehen.

Hohe Zahl von Behandlungen, hohe Dunkelziffer

Ärzteverbände weisen darauf hin, dass man die Zahl von jährlich rund 3.000 bestätigten Behandlungsfehlern vor dem Hintergrund der Gesamtzahl aller Behandlungen sehen müsse: Mehr als 17 Millionen Patienten werden in deutschen Krankenhäusern jedes Jahr stationär behandelt, in Arztpraxen summiert sich die Zahl der Behandlungen auf mehr als 570 Millionen.

Der MD wiederum betont, dass es auch eine beträchtliche Dunkelziffer gebe. Bei weitem nicht alle Fehler, die geschehen, würden bemerkt und gemeldet, stellt der MD-Vorstandsvorsitzende Stefan Gronemeyer fest, die Statistik seiner Organisation sei "ein sehr kleiner Ausschnitt". Tatsächlich würden nach Schätzungen inzwischen einem und fünf Prozent aller Klinik-Behandlungen Fehler unterlaufen, so der MD.

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