Der baden-württembergische Verbraucherschutzminister Peter Hauk (CDU) will dem Preis-Wirrwarr an der Zapfsäule ein Ende bereiten: "Es besteht die Gefahr, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher systematisch hinters Licht geführt werden." Die andauernde Preisänderung mache das Planen gezielter Tankstopps fast unmöglich.
Nun hat Baden-Württemberg eine entsprechende Initiative in den Bundesrat eingebracht. Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, "geeignete Maßnahmen zu prüfen, um die Kraftstoffpreise für Verbraucherinnen und Verbraucher wieder transparenter zu machen." Eine mögliche Idee stammt dabei aus Österreich.
Von vier auf 22 Preisänderungen pro Tag
Hauk bezieht sich dabei insbesondere auf eine Untersuchung des Bundeskartellamts. Die Bonner Behörde hat im Frühjahr eine Untersuchung der Benzinpreise durchgeführt. Ergebnis: Durchschnittlich 22 Preisänderungen führten die Tankstellen täglich durch. In seltenen Fällen zählte das Amt sogar mehr als 50 am Tag. Im Mittel sei der letzte Preis vor einer Preiserhöhung selten länger als 1,5 Stunden gültig, so das Kartellamt. Zum Vergleich: 2014 gab es täglich noch vier bis fünf Änderungen.
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Modell Österreich: Nur eine Preiserhöhung am Mittag
Auch in Österreich herrschte in früheren Jahren ein Preis-Wirrwarr bei den Spritpreisen. Als Reaktion wurde 2011 die Spritpreisverordnung eingeführt. Sie erlaubt nur eine Preiserhöhung pro Tag - und zwar genau um 12.00 Uhr. Den Preis senken dürfen die Tankstellen hingegen jederzeit.
ADAC skeptisch gegenüber österreichischer Regelung
Beim ADAC sieht man die österreichische Regelung kritisch: "Wenn die Konzerne nur einmal am Tag die Preise anheben dürfen, besteht die Gefahr, dass die Erhöhung von vorneherein stärker ausfällt als in einem flexiblen Modell wie bei uns", erklärt ADAC-Kraftstoffmarktexperte Stephan Laberer gegenüber der dpa. Das Prinzip dahinter: Lieber um 12 Uhr hoch ansetzen, um im Tagesverlauf Spielraum zu haben. Eine solche Regel könne demnach letztlich zu höheren Tagesdurchschnittspreisen führen, so Laberer: "Das wäre aus Verbrauchersicht kontraproduktiv"
Beim österreichischen Verkehrsclub "ÖAMTC" dagegen kann man der Verordnung durchaus etwas Positives abgewinnen. Der Verkehrswirtschaftsexperte des Clubs, Martin Grasslober, kritisiert zwar auch wie seine Kollegen vom ADAC, dass die Preise mittags stark erhöht würden, um dann wieder im Laufe des Tages zu sinken. Aber der Vorteil sei, dass man wisse, wann der Zyklus beginne – nämlich um 12.00 Uhr. Deshalb sollte man auf keinen Fall kurz nach diesem Zeitpunkt tanken. Darüber hinaus sei die Regelung verlässlich.
Wenn man zum Beispiel nach der Mittagszeit mit einer App Preise an den Tankstellen vergleiche, könne man sicher sein, dass es – wenn man losfahre – nicht teurer werde, sondern eher günstiger. An deutschen Tankstellen dagegen kann es passieren, dass es an den Zapfsäulen tagsüber auch teurer werden kann.
ÖAMTC will Änderung, Bundeskartellamt denkt an Verfahren
Eigentlich läuft die österreichische Regelung Ende des Jahres aus. Doch Grasslober erwartet, dass sie verlängert wird. Nachdem die arbeitende Bevölkerung knapp vor Mittag, wenn es an den Zapfsäulen am günstigsten ist, kaum tanken kann, spricht er sich allerdings für einen früheren Erhöhungszeitpunkt, nämlich 9.00 Uhr morgens aus.
Beim Bundeskartellamt in Deutschland denkt man aufgrund der vielen Preisänderungen darüber nach, ein Verfahren zu eröffnen. So sieht der Präsident der Bonner Behörde, Andreas Mundt, bei der derzeitigen Ausgestaltung erhebliche wettbewerbliche Risiken. Rund ein Drittel aller Beschwerden bei der "Markttransparenzstelle für Kraftstoffe" drehten sich darum, dass es Verbraucherinnen und Verbrauchern aufgrund der häufigen Preisänderungen nicht möglich sei, zu dem von ihnen gewünschten niedrigen Preis zu tanken. Das Kartellamt empfiehlt deshalb eine stärkere gesetzliche Regulierung von Preisnotierungen.
Preismodell-Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen
Bei seiner Sektoruntersuchung der Mineralölbranche (externer Link) hat sich die Behörde auch Studien zum österreichischen Preismodell angeschaut. Allerdings fielen die Ergebnisse unterschiedlich aus. Eine Studie gebe Hinweise darauf, dass die Einführung des österreichischen Modells zu Preissenkungen geführt haben könnte.
Andere, kritischere Betrachtungen beschrieben die Vermutung, dass beim österreichischen Modell die Preise zu Beginn der Tagesspanne extrem hoch gesetzt würden, um eine Flexibilität bei der Preissetzung zu bewahren. Sie ließen keine belastbare Einschätzung zu, so das Fazit.
Dessen ungeachtet empfehlen die Kartellwächter, die Preisänderungen weiter zu untersuchen und über mögliche regulatorische Schritte nachzudenken. Das müsste allerdings auf politischer Ebene geschehen.
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