Firmenzentrale von Webasto in Stockdorf
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Entlassungen und neue Finanzierung: Wie sich Webasto retten will

Entlassungen und neue Finanzierung: Wie sich Webasto retten will

Monatelang wurde bei Webasto um eine ausreichende Finanzierung gerungen. Der Automobilzulieferer ist hoch verschuldet und muss saniert werden. Nun gibt es eine Lösung – auch die Autobauer wollen aushelfen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Mit einer mehrmonatigen Verzögerung gibt es bei Webasto eine Einigung mit den Gläubigern, Anteilseignern und großen Kunden über die Sanierung des Familienunternehmens. Der Zulieferer braucht dringend frisches Kapital, um weiter machen zu können. Zumindest das ist jetzt gesichert

Finanzierung verschafft Webasto mehr Zeit

Der Autozulieferer erhält zusätzliche Kredite in Höhe von 200 Millionen Euro. Zudem werden die bestehenden Kreditlinien in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro verlängert, bis Ende 2028. Bis dahin sei die Finanzierung gesichert, so Webasto-Chef Jörg Buchheim. Vor Journalisten in der Firmenzentrale in Stockdorf sprach er von einem "guten Tag für Webasto".

Der Hersteller von Autodächern sowie Heiz- und Kühlsystemen steckt mitten in einer Restrukturierung. Der Vorstand hat sich von früheren ambitionierten Wachstumszielen verabschiedet und begründet damit auch seinen Personalabbau.

Webasto streicht dieses Jahr rund 1.000 Stellen

Hierzulande wird die Zahl der Beschäftigten in diesem Jahr verringert, von 3.700 auf 2.700. Natürlich behalte man sich die Flexibilität vor, auf weitere Marktgegebenheiten zu reagieren. Aber im Moment sei dort nichts Aktives geplant, so Buchheim.

Auch im Ausland müssen weitere Beschäftigte gehen. Wie viele Arbeitsplätze es betrifft, soll noch vor Weihnachten bekannt gegeben werden. Webasto schreibt tiefrote Zahlen. Nach vorläufigen, noch nicht testierten Angaben lag der Verlust 2024 netto bei 200 Millionen Euro. Und auch in diesem Jahr wird ein Minus erwartet. Erst 2027 rechnet der Konzern wieder mit einem positiven Nettoergebnis.

Autohersteller helfen bei der Restrukturierung

Wie wichtig Webasto für die Branche ist, lässt sich daran erkennen, dass auch die Kunden bei der Rettung mit an Bord sind. Der Zulieferer gilt als weltweit führend bei der Herstellung von Glas-, Schiebe- und Panoramadächern, mit einem Marktanteil von 45 Prozent.

Nahezu jedes zweite Autodach weltweit kommt also von Webasto. Zu den Kunden gehören die großen deutschen Autobauer VW, BMW und Mercedes, aber auch viele andere. Bei einer Pleite von Webasto hätten wohl viele nicht so schnell auf andere Lieferanten ausweichen können. Der Zulieferer gilt als systemrelevant.

Allerdings war dies offensichtlich keine einfache Lösung: Vor allem VW hatte Zweifel, wie es heißt. Der Wolfsburger Autokonzern hat nach einem deutlichen Gewinneinbruch genug eigene Sorgen und ist auf Sparkurs. Bei Webasto ist die Rede von einem "mittleren dreistelligen Millionenbetrag", mit denen sich die Hersteller in den nächsten Jahren an der Sanierung beteiligen.

Automobilkrise und Managementfehler verursachen Schieflage

Webasto ist ein typisches Familienunternehmen. 1901 von Wilhelm Baier in Esslingen gegründet, stellte die Firma zunächst Fahrradteile und Sämaschinen her. Ein paar Jahre später kam der Umzug nach Stockdorf im Landkreis Starnberg und mit dem Aufschwung der Autoindustrie wurde Webasto zum Zulieferer. 1932 entwickelte Webasto für Mercedes-Benz das erste Faltdach. Mittlerweile hat die Firma weltweit rund 15.300 Beschäftigte und Dutzende Werke in Europa, Asien und den USA.

Seit einiger Zeit befindet sich das Unternehmen in der Krise. Zu den allgemeinen Problemen der Auto- und Zuliefererbranche kamen Managemententscheidungen, die sich im Nachhinein als fatal herausstellten. So setzte Webasto – wie viele Konkurrenten – auf den Trend Elektromobilität, investierte viel Geld in Batterie- und Ladetechnik. Doch die Transformation unter anderem in Deutschland verläuft langsamer als sich das viele gedacht hatten. Hinzu kamen Qualitätsprobleme bei einem Großauftrag in den USA. Es ging um Hardtop-Dächer für den Ford Bronco.

Eigentümerfamilien haben künftig weniger Einfluss

Ende 2024 begann dann die Restrukturierung. Um eine Insolvenz zu verhindern, sind die beiden Eigentümerfamilien Baier und Mey deshalb nun bereit, einen Großteil ihrer Anteile in eine Transfergesellschaft zu übertragen. Dabei geben die Eigentümerfamilien ihre Anteile einem Treuhänder. Die Banken sollen nur mit diesem Konstrukt bereit gewesen sein, die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.

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