Ein Mann versteckt Bargeld unter einer Matratze.
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Letztes Jahr nimmt Bayern 3,29 Milliarden Euro Erbschaft- und Schenkungsteuer ein – doch das ist nur ein Bruchteil der Realität.
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Letztes Jahr nimmt Bayern 3,29 Milliarden Euro Erbschaft- und Schenkungsteuer ein – doch das ist nur ein Bruchteil der Realität.

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Erbschaft und Vermögen: Warum wir die wahren Werte nicht kennen

Erbschaft und Vermögen: Warum wir die wahren Werte nicht kennen

Letztes Jahr nahm Bayern 3,29 Milliarden Euro Erbschaft- und Schenkungsteuer ein – doch das ist nur ein Bruchteil der Realität. Die meisten Übertragungen liegen unter der Steuergrenze. Warum das tatsächliche Ausmaß weitgehend unbekannt bleibt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

3,29 Milliarden Euro Erbschaft- und Schenkungsteuer hat Bayern nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Statistik 2024 eingenommen. Das ist weniger als im Vorjahr: 7,7 Prozent, oder auch 275,1 Millionen Euro. Und das, obwohl es gleichzeitig knapp 10 Prozent mehr Steuerfälle gab, also Schenkungen oder Erbschaften, die tatsächlich steuerpflichtig waren.

Grund dafür war vor allem, dass bei den großen Schenkungen die Steuerlast pro Fall im Durchschnitt sank – möglicherweise, weil Vermögen häufiger an nahe Angehörige übertragen wurde oder steuerliche Vergünstigungen stärker genutzt wurden.

Die Steuereinnahmen basieren auf 17,68 Milliarden Euro an steuerpflichtigen Erbschaften und Schenkungen. Übertragungen ab fünf Millionen Euro machten nur 0,8 Prozent der Fälle aus, brachten aber ein Drittel der Einnahmen.

Grafik: So viel wird steuerpflichtig in Bayern vererbt

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Experte: 90 Prozent der Erbschaften und Schenkungen nicht steuerpflichtig

Wie viel tatsächlich vererbt oder verschenkt wird, lässt sich in Deutschland generell nicht sagen, erklärt Markus Grabka, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Das liege daran, dass nur die Informationen zu steuerpflichtigen Beträgen an die statistischen Ämter weitergegeben werden. Beträge unterhalb der Freibetragsgrenze sind nicht erfasst. Grabka geht davon aus, dass etwa 90 Prozent der Erbschaften und Schenkungen in Deutschland gar nicht steuerpflichtig sind.

In einer Analyse der Daten des sozioökonomischen Panels (SOEP) kommt er zudem gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen zu dem Ergebnis: "Erbschaften und Schenkungen sind ungleich verteilt: Die obersten zehn Prozent der EmpfängerInnen erhalten die Hälfte aller Erbschaften und Schenkungen." Und das hat auch Auswirkungen auf das Vermögen in Deutschland: "Es gibt nur sehr wenige Länder, die eine höhere Vermögensungleichheit haben", sagt Grabka.

Auch Datenquellen zum Vermögen haben Mängel

Etwas einfacher ist es, Aussagen über das Vermögen der Deutschen zu treffen – außer über das der Superreichen, dazu gleich mehr. Generell gibt es drei Quellen, die Auskunft über das Vermögen geben können, sie alle haben ihre eigenen Einschränkungen:

Zum einen gibt es die verteilungsbasierte Vermögensbilanz der privaten Haushalte der Deutschen Bundesbank. Die Bundesbank fasst dafür die Daten aus Befragungen mit den Vermögensbilanzen zusammen, die regelmäßig für die gesamte deutsche Wirtschaft erstellt werden.

Fünf Prozent der Bevölkerung besitzen Hälfte des Vermögens

Das Ergebnis: Allein die reichsten fünf Prozent halten fast die Hälfte (47 Prozent) des gesamten Nettovermögens, also Bruttovermögen abzüglich Verbindlichkeiten. Das entspricht 8,9 Billionen Euro (Stand: 1. Quartal 2025). Die vermögenden zehn Prozent der Deutschen besitzen rund 60 Prozent des gesamten Vermögens und somit 11,4 Billionen Euro.

Pro Kopf heißt das: Die vermögenden zehn Prozent der Bevölkerung verfügen im Schnitt über 1,2 Millionen Euro Nettovermögen. Die unteren 50 Prozent kommen nur auf knapp 12.300 Euro. In dieser Gruppe schmälern häufig Schulden das Nettovermögen.

Grafik: So ist das Nettovermögen in Deutschland verteilt

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Superreiche in Daten unterrepräsentiert

Die Befragungen der Deutschen Bundesbank haben jedoch ähnliche Schwachstellen wie auch die Daten des sozioökonomischen Panels (SOEP), eine weitere Quelle zur Vermögensverteilung. Auch hier sind vor allem die reichsten Haushalte unterrepräsentiert – "weil sie einfach selten vorkommen", sagt Markus Grabka, der selbst am SOEP arbeitet. Außerdem sei diese Gruppe Menschen generell schwer für einen Interviewer zu erreichen. Viele von ihnen hätten zudem keinen genauen Überblick über ihr gesamtes Vermögen.

Immobilien und Unternehmensbeteiligungen machen Vermögen aus

Die Daten der Bundesbank schlüsseln auch auf, aus welchen Bestandteilen sich das Vermögen zusammensetzt. Bankguthaben und Lebensversicherungen sind besonders bei der vermögensärmeren Hälfte der Bevölkerung wichtig. Für die obere Mittelschicht spielen Immobilien eine große Rolle. Bei den reichsten zehn Prozent besteht ein großer Teil des Vermögens dagegen aus Unternehmensbeteiligung und -vermögen – also Geld und Besitz, die in Firmen stecken. Auch das ist ein Grund, warum das Vermögen der Superreichen nicht einfach zu beziffern ist: "Faktisch weiß man den Wert des Unternehmens immer nur in dem Moment, in dem es verkauft wird", erklärt Markus Grabka.

Grafik: Daraus besteht das Vermögen der Deutschen

Als letztes gibt es die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts. Aber: Haushalte ab 18.000 Euro Nettoeinkommen werden dabei nicht erfasst.

Große Vermögensungleichheit in Deutschland

In einer Auswertung aus 2020 haben Grabka und seine Kolleginnen und Kollegen versucht, die Wissenslücke über das Vermögen der Superreichen zu schließen. Grundlage bilden die Daten des SOEP aus dem Jahr 2017, eine Zusatzstichprobe und die Reichenliste des Manager-Magazins. Das Ergebnis: "Die Befunde auf Grundlage dieser neuen Daten zeigen, dass die Vermögenskonzentration in Deutschland höher ausfällt als bisher in den verfügbaren Datenquellen berichtet wurde."

💡 Sophie Menner und Claudia Kohler analysieren für BR24 TV, Radio und hier im Digitalen Daten – mit dem Fokus auf Bayern. Die Recherchen beleuchten datengestützt aktuelle Themen und deren Hintergründe und Zusammenhänge. Eine Kooperation mit der Tageszeitung Main-Post ist preisgekrönt. Haben Sie ein Thema, auf das wir mit der Datenbrille schauen sollen? Schreiben Sie uns: br24.feedback@br.de, Stichwort: Datenthema

Dieser Artikel ist erstmals am 3. Oktober 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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