Berlin, am Dienstag vergangener Woche: Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas hält eine Rede auf dem Arbeitgebertag. Gleich zu Beginn – Bas spricht gerade über die Stabilisierung der Rentenkasse mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt – quittieren Teile des Publikums die Ausführungen der SPD-Vorsitzenden mit Gelächter. Bas gerät aus dem Konzept und fängt sich erst nach einigen Momenten. Rund eine Viertelstunde später schlägt ihr Ton um. Sie schätze die Sozialpartnerschaft, sagt Bas, ergänzt jedoch sichtlich erregt: "Aber im Gegensatz zu Ihnen habe ich auch immer die andere Seite im Blick." Wieder Gelächter, Protest, Buhrufe. Die Rede endet zwar mit warmem Applaus, doch die Fronten waren klar gezogen.
Auf dem Juso-Kongress in Mannheim knüpfte Bas wenige Tage später an diese Szene an. Dort sprach sie von "Herren im Maßanzug", deren Ablehnung ihr gezeigt habe, "gegen wen wir eigentlich gemeinsam kämpfen müssen". Eine Formulierung, die den Konflikt weiter verschärfte.
"Beispielloses Unternehmer-Bashing"
Fünf Tage nach der Juso-Rede glätten sich die Wogen nur langsam. Nach scharfer Kritik von Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger – "in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellos"– und dem Mittelstandsverbandschef Markus Ahlhaus – "jungsozialistische Folklore und Unternehmer-Bashing"– meldet sich nun auch die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) zu Wort.
Vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt spricht von "mehr als unglücklichen" Äußerungen der Ministerin. Sich "einer gestrigen Klassenkampfrhetorik zu bedienen" nütze niemandem.
In einem Brief an Bas, der dem Bayerischen Rundfunk vorliegt, schreiben Brossardt und vbw-Präsident Wolfram Hatz, viele Unternehmerinnen und Unternehmer fühlten sich von der Ministerin "missverstanden". Sie leisteten Tag für Tag viel für das Land, gingen Risiken ein und schafften Arbeitsplätze – und das in einem zunehmend schwierigen wirtschaftlichen Umfeld. Die Aussage der Ministerin, die Rentenreform belaste die Wirtschaft nicht, sei aus Sicht der vbw nicht zutreffend.
Rückendeckung vom Gewerkschaftsbund
Der DGB Bayern stellt sich hinter die Ministerin. Der respektlose Umgang auf dem Arbeitgebertag bilde den Kontext für Bas’ scharfe Worte, betont Bayern-DGB-Chef Bernhard Stiedl auf BR-Anfrage: "Wenn eine Bundesarbeitsministerin dort öffentlich ausgelacht wird, darf man sich über eine zugespitzte Erwiderung auf einem Juso-Kongress nicht wundern." Die Aufregung im Anschluss sei "überzogen".
Zugleich mahnt Stiedl, ein "verantwortungsvoller Umgangston" sei Aufgabe aller Beteiligten. Kritik an Gewerkschaften oder Politik werde schnell geäußert, die Verantwortung der Arbeitgeber für Investitionen und Innovationsbereitschaft dagegen häufig ausgeblendet. Grundsätzlich teile der DGB jedoch ausdrücklich die Haltung der vbw, dass die Sozialpartnerschaft von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein Erfolgsmodell sei.
vbw lädt Bas zum Dialog
In ihrem Schreiben senden die Arbeitgebervertreter Hatz und Brossardt jedoch auch ein Signal der Entspannung und laden die Ministerin zu einem Gespräch nach München ein. Die bayerische Wirtschaft wolle "weiterhin den Dialog mit Ihnen fortführen", heißt es dort. Ziel sei es, wieder "echte Lösungen" für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu erarbeiten und gemeinsame Konzepte für die anstehenden Herausforderungen zu finden. Auf BR-Anfrage ergänzt Brossardt, er wünsche sich, "dass Bas ihre Haltung überdenkt. Mit Grabenkämpfen verlieren wir nur unnötig Zeit." Die bayerischen Arbeitgeber stünden "kurzfristig für einen konstruktiven Dialog über Lösungen für die drängendsten Probleme in Deutschland bereit".
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