Gastro-Mehrwertsteuer: teures Essen - weniger Kunden?
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Gastro-Mehrwertsteuer: Teureres Essen - weniger Kunden?

Gastro-Mehrwertsteuer: Teureres Essen - weniger Kunden?

Seit 1. Januar gilt in der Gastronomie die alte Mehrwertsteuer von 19 statt sieben Prozent. Viele Betreiber wollen den Aufschlag an ihre Gäste weitergeben. Die Dehoga-Präsidentin warnt zudem vor einer Pleitewelle - ein Ifo-Experte widerspricht.

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Seit Neujahr müssen Gäste beim Essengehen häufig tiefer in den Geldbeutel greifen. Zwölf Prozent Aufschlag und mehr kosten die Speisen jetzt, etwa im Regensburger Spitalgarten. Denn die Wirte geben die Wieder-Anhebung der Mehrwertsteuer an die Gäste weiter.

Schweinebraten durch Mehrwertsteueranhebung teurer

Der Schweinebraten im Spitalgarten kostet jetzt nicht zwölf Prozent, sondern sogar rund 16 Prozent mehr, statt 14,20 Euro 16,50 Euro. Anton Sperger, Wirt im Regensburger Spitalgarten und Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands Oberpfalz, bezeichnet die Entscheidung der Bundesregierung als große Enttäuschung: "Da stehen viele Kollegen mit dem Rücken an der Wand. Und da werden viele das Jahr einfach nicht überleben. Wir haben in Regensburg schon den ersten Fall, der im Vorfeld bereits angekündigt hat, dass er aufhört."

Dehoga warnt vor Pleitewelle durch höhere Mehrwertsteuer

Die Gastwirte haben lange dafür gekämpft, dass die sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen bleiben. Ohne Erfolg. Als Reaktion der Gäste befürchtet Sperger, dass der Pro-Kopf-Umsatz zurückgehen wird. Weil die Gäste dann zum Beispiel auf die Vorspeise verzichten oder nur noch ein Getränk zum Essen bestellen. Für kleinere Betriebe könnte die Mehrwertsteuer-Wiederanhebung aber sogar den Ruin bedeuten, warnt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga).

Angela Inselkammer, Präsidentin der Dehoga Bayern, sieht vor allem kleinere Wirtshäuser auf dem Land durch die Mehrwertsteuer-Erhöhung in der Gastronomie bedroht. Die Umsätze seien längst noch nicht dort, wo sie vor Corona gewesen seien. Die Kostensteigerungen seien enorm, dies mache die Situation für die Gastronomiebetreiber immer schwieriger. Gastronomie sei kein Glücksspiel, so Inselkammer im BR24-Interview.

Im Video: Angela Inselkammer - Mehrwertsteuer-Erhöhung bedroht Gastronomie

Angela Inselkammer, Präsidentin der Dehoga Bayern.
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Angela Inselkammer, Präsidentin der Dehoga Bayern.

Ifo-Experte: Mehrwertsteuer kein Grund für Pleiten

Laut Joachim Ragnitz vom Münchner Ifo-Institut jedoch haben die aktuellen Probleme der Gastwirte eine ganz andere Ursache. Als Beispiele nennt er den Personalmangel. Zudem sei der Mindestlohn im vergangenen Jahr angehoben worden.

Die abgesenkte Mehrwertsteuer sei zur Kompensation von coronabedingten Umsatzausfällen gedacht gewesen. Das sei nun lange vorbei. Ragnitz erklärt: "Solche Probleme haben andere Branchen auch, ohne dass diese auf dauerhafte Subventionen des Staates hoffen können. Mit anderen Worten: Einige Betriebe werden vielleicht schließen müssen, aber der Grund dafür ist dann sicherlich nicht die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer."

Dehoga-Präsidentin widerspricht

Angela Inselkammer räumt ein, dass man in den vergangenen Jahren rund 5.000 Gastronomiebetriebe in Bayern verloren habe. Außerdem seien die Öffnungszeiten eingeschränkt worden, weil es schwierig sei, genügend Personal zu finden.

Der Behauptung einiger Wirtschaftsforscher, dass eine Reduzierung der Mehrwertsteuer nur Wohlhabenden zugutekomme, kann Inselkammer aber nicht zustimmen. Gerade den Wohlhabenderen ist es ihrer Ansicht nach egal, wenn die Preise in der Gastronomie steigen. "Die Menschen, die sich überlegen müssen, ob sie 20 Euro im Monat mehr oder weniger ausgeben können, die trifft es doch."

Gastronomen wollen die höhere Mehrwertsteuer an Gäste weitergeben

Manche Gastronomen haben angekündigt, die Preise staffelweise zu erhöhen, um die Gäste langsam an die neuen Preise auf der Speisekarte zu gewöhnen. Bei einer Dehoga-Umfrage Anfang Dezember gaben 89 Prozent der Befragten an, die Preise anheben zu wollen. Ob und in welchem Umfang die Erhöhung auf die Preise durchschlägt, entscheidet den Angaben zufolge am Ende aber jeder Wirt selbst.

Viele Ökonomen begrüßen dagegen die Verständigung der Regierungsparteien auf eine Rückkehr der Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants und Cafés von sieben auf 19 Prozent. Sie betonen, dass ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie auf die Dauer nicht zulasten der Steuerzahler gehen darf. Wenn es den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent überhaupt nicht gäbe, so Ifo-Experte Ragnitz, hätte der Staat im Jahr 2023 rund 40 Milliarden Euro mehr zur Verfügung gehabt, der Bund davon allein etwa 21 Milliarden Euro.

Die erniedrigte Mehrwertsteuer sei keine "Subventionierung", so Inselkammer von der Dehoga Bayern. Diese sei lediglich gerecht, weil alle Lebensmittel und Lebensmittel zum Mitnehmen mit sieben Prozent besteuert seien. "Wir finden einfach, dass die Erhöhung der Kosten für alle Menschen, die für Menschen da sind, einfach ein Wahnsinn ist, dass das Leben immer teurer wird. Da wird immer über Inflation geklagt, und wir produzieren Inflation künstlich", sagt sie.

Umfrage: Gut zwei Drittel wollen seltener essen gehen

Eine Umfrage im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa kommt zu einer pessimistischen Prognose. Demnach lehnten 69 Prozent der Befragten die Rückkehr zum alten Steuersatz ab. Als Konsequenz wollen viele künftig seltener ins Restaurant gehen oder dort weniger ausgeben. 44 Prozent der Befragten gaben an, ihr Verhalten mit Blick auf Restaurantbesuche ändern zu wollen. Gut zwei Drittel davon wollen seltener essen gehen, ein Viertel sogar ganz auf Restaurantbesuche verzichten. Für die Umfrage hatte das Meinungsforschungsinstitut YouGov in der Woche vor Weihnachten insgesamt 2.042 repräsentativ ausgewählte Bürger in ganz Deutschland befragt.

Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut ist sich sicher: "Die Restaurants werden sicherlich versuchen, die höhere Umsatzsteuer ihren Kunden in Rechnung zu stellen. In der gehobenen Gastronomie wird das sicherlich auch möglich sein. Wer heute für ein gutes Essen 50 Euro ausgibt, wird im Zweifel auch 55 Euro dafür zahlen. Probleme haben dann eher die einfacheren Gaststätten." Umsatzverluste seien in der Tat nicht auszuschließen. Wahrscheinlich, so Ragnitz, gehe das dann aber eher zulasten des Trinkgeldes. Dann seien die Beschäftigten die Leidtragenden.

Im Video: Essengehen wird teurer

Neues Jahr, neue Gesetze: 2024 wird einiges teurer - auch das Essengehen.
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Neues Jahr, neue Gesetze: 2024 wird einiges teurer - auch das Essengehen.

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