Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), spricht bei einer Pressekonferenz der Lokführergewerkschaft GDL zum bevorstehenden sechstägigen Streik bei der Deutschen Bahn.
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Er ist erfolgreich und gilt als knallhart: Claus Weselsky herrscht gewissermaßen uneingeschränkt über die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer.

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GDL-Chef Claus Weselsky: Der knallharte Lokführer

GDL-Chef Claus Weselsky: Der knallharte Lokführer

Bei manchen Bahnreisenden wächst mit jedem Streiktag das Unverständnis über die Lokführergewerkschaft GDL und ihren kämpferischen Chef Claus Weselsky. Seit mehr als 15 Jahren leitet der gebürtige Sachse die kleine Spartengewerkschaft. Ein Porträt.

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Sie hält mit ihren Bahnstreiks regelmäßig die ganze Republik in Atem: die GDL, Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer. Das Gesicht der Arbeitnehmervereinigung mit weniger als 40.000 Mitgliedern ist seit 15 Jahren der bald 65-jährige Claus Weselsky. Sein Name ist auch im aktuellen Bahnstreik wieder in aller Munde. Für die einen der Mann der Stunde, für die anderen eine Projektionsfläche für den Unmut, wenn tagelang die Züge im Land stillstehen: Was für ein Typ ist Claus Weselsky und wie hat er die GDL verändert?

GDL streikt immer schneller, immer häufiger, immer länger

In der Ära Weselsky ist die GDL aggressiver geworden, im Arbeitskampf wie im Alltag, mit ständig neuen Tarifforderungen. Es wird immer mehr gestreikt, in immer kürzeren Abständen. Ausnahme war die Corona-Krise, in der sich Deutschlands effektivste Gewerkschaft zurückgehalten hat – auch mit neuen Tarifforderungen. Aber inzwischen sind Warnstreiks schon vor den ersten richtigen Verhandlungen mit der Deutsche Bahn AG wieder an der Tagesordnung. Für Außenstehende wie Bahnkunden könnte der Eindruck entstehen, dass ein Konzern-Vorstand sich von einer straff organisierten GDL, die von Weselsky ganz allein dirigiert wird, vor sich hertreiben lässt.

Claus Weselsky kommt 1959 in Dresden als eines von drei Kindern einer Arbeiterfamilie auf die Welt. Beide Eltern arbeiteten zunächst als sogenannte Neubauern mit staatlich zugewiesenem Agrarland und später als Straßenbahnfahrer und Straßenbahnfahrerin. Ihr jüngster Sohn Claus zeigt Interesse für Naturwissenschaften an der Polytechnischen Oberschule, lernt Schienenfahrzeugschlosser, um 1982 als Lokführer bei der Deutschen Reichsbahn anzufangen.

Die Wiedervereinigung als große Chance

Mit der Staatspartei SED will Weselsky nie etwas zu tun haben, worauf er stolz ist. Seine politische Heimat wird erst sehr viel später, im Jahr 2007, die CDU. Weselsky bezeichnet sich selbst als konservativ.

Nach der deutschen Einheit tritt er in die 1867 gegründete, traditionsreiche Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ein, die in Ostdeutschland wiederbelebt wird und gerade bei Beschäftigten der früheren DDR-Reichsbahn gut ankommt. Noch heute sind viele GDL-Mitglieder wie Weselsky ursprünglich aus Ostdeutschland und wegen ihrer Arbeit als Lokführer nach Westdeutschland gekommen, wo sie verstärkt eingesetzt werden.

Nach dem Aufbau einer Ortsgruppe in Pirna bei Dresden wird Weselsky 1992 halbamtlicher Funktionär, stellvertretender Bezirkschef und Mitglied des GDL-Hauptvorstands für Ost- und Westdeutschland – und das alles in gerade mal zwei Jahren.

Im Jahr 2002, mit 43 Jahren, wird Weselsky von der Deutschen Bahn AG komplett für seine Gewerkschaftstätigkeit freigestellt und wechselt nach Frankfurt als hauptamtlicher Mitarbeiter in die Tarifabteilung des Bundesvorstands. Dort sorgt der "Einheizer aus Sachsen", wie er bald genannt wird, für Furore. Er zeigt, wie man auch als kleine Gewerkschaft einen effektiven Streik der Lokführer organisiert.

Eigenständigkeit in der Nische

Das hatte es so vorher nicht gegeben, Weselsky ist der Mann der Stunde. Er sieht eine Chance für die GDL als David gegenüber dem Goliath: der übermächtigen Konkurrenz durch die DGB-Gewerkschaft Transnet (später EVG) mit fünfmal so vielen Mitgliedern. Mit Weselskys Energie und Verhandlungsgeschick gelingen viele eigenständige Tarifverträge zunächst nur für Lokführer und für Zugbegleiter sowie Fahrdienstleister, später auch noch für einige andere Bahn-Beschäftigte.

Verhandelt wird meist so, dass der allgemeine Tarifvertrag, den die Bahn AG für alle Beschäftigten mit der Transnet- bzw. EVG-Gewerkschaft abschließt, nur eine Grundlage bildet, auf der die GDL dann zusätzliche Forderungen für ihre Mitglieder durchsetzen kann. Eine bessere Mitgliederwerbung bei den Beschäftigten ist kaum vorstellbar. Für all das steht bei vielen in der GDL ein Name: Claus Weselsky.

"Anti-GDL Gesetz" der Bundesregierung

Vergeblich versucht die Deutsche Bahn AG mit juristischer Hilfe und vor Gericht am Prinzip der Einheitsgewerkschaft festzuhalten. Dieses Prinzip besagt, dass es nur einen Tarifvertrag für alle in einem Betrieb gibt und dass dieser Vertrag mit der größten Gewerkschaft geschlossen wird. Die Aufregung vor dem Hintergrund ständiger Lokführerstreiks ist damals groß, auch in der Politik. Der Bundestag beschließt ein Gesetz, das Spartengewerkschaften das Leben schwerer machen soll. Doch der Schuss gegen die GDL geht nach hinten los. Aus der früheren Lokführergewerkschaft wird nun eine, die vermehrt auch Zugbegleiter, Stellwerker und viele andere Eisenbahner vertreten will. Die Streiks werden dadurch nur noch effektiver.

Umgekehrt kommen große Gewerkschaften wie Verdi auf die Idee, ihre Streiks zum Beispiel an Flughäfen nur auf ganz bestimmte Gruppen von Mitarbeitern zu konzentrieren. Es streikt dann beispielsweise nur die Gepäckabfertigung oder eine Handvoll Vorfeldlotsen, um den ganzen Airport lahm zu legen. So macht das Vorbild der GDL unter umgekehrten Vorzeichen Schule bei anderen Gewerkschaften.

Ist Weselsky rücksichtslos?

Weselsky bleibt dabei zunächst im Hintergrund und steigt 2006 als rechte Hand seines Förderers, des GDL-Chefs Manfred Schell, zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden auf. 2008 macht Weselsky endlich auch den letzten Schritt zum neuen Gewerkschaftsboss, mit 90 Prozent Zustimmung. Den Erfolg kann ihm niemand mehr nehmen. Seine Position ist seitdem ungefährdet, ein Nachfolger nicht in Sicht.

Dem stets freundlichen und jovialen Schell wurde der ehrgeizige Sachse bald unheimlich. Schell, der selbst fast 20 Jahre lang Bundesvorsitzender war, wird später zum schärfsten Kritiker seines Nachfolgers. Er wirft Weselsky autoritäres Verhalten und Rücksichtslosigkeit vor, vergleicht seinen Führungsstil mit dem von Diktatoren wie Assad und Mao.

Hartes Vorgehen gegen seinen Förderer

Tatsächlich zeigt Weselsky intern bei der Führung seiner Organisation mindestens dieselbe Härte, die er im Arbeitskampf auch nach außen zeigt: Als Weselskys Vorgänger und Förderer Manfred Schell sein Verhalten kritisiert und seine mangelnde Bereitschaft zu fairen Tarifverhandlungen mit der Deutsche Bahn AG, endet das mit einem kompletten Rauswurf. Schell muss letztlich auch sein Amt als Ehrenvorsitzender abgeben – nach vielen Jahrzehnten bei der Lokführergewerkschaft.

Eine der frühen Amtshandlungen, als Weselsky 2008 Bundesvorsitzender wird, ist die Beseitigung seiner beiden Stellvertreter. Aus eher formalen Gründen werden beide entlassen und durch eigene Gefolgsleute ersetzt.

Kein Nachfolger in Sicht

Aus der früheren Gewerkschaft wird so eine "One-Man-Show", absolute Loyalität zum Vorsitzenden ist fortan Pflicht. Darum ist schwer vorstellbar, wie eine GDL künftig ohne ihren übermächtigen Vorsitzenden Claus Weselsky auskommen soll.

Er hat zwar angekündigt, dass der aktuelle Streik für ihn persönlich sein letzter großer Arbeitskampf sein wird und dass er 2024 mit 65 Jahren nicht mehr für eine Wiederwahl auf dem Gewerkschaftstag kandidieren wird. Aber das hatte er auch schon 2022 angedeutet, um dann doch noch einmal weiterzumachen. So ist es durchaus denkbar, dass sich die Wiederwahl von Weselsky auch in diesem Jahr wiederholen wird.

Im Audio: GDL-Chef Weselsky verteidigt den jüngsten Streik

24.01.2024, Niedersachsen, Papenburg: Eine Anzeigetafel für die Fahrgastinformationen zeigt ·GDL-Streik· an. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat zu einem weiteren mehrtägigen Streik bei der Deutschen Bahn aufgerufen. Es ist der vierte und mit Abstand längste Arbeitskampf im laufenden Tarifstreit bei der Deutschen Bahn. Foto: Lars Penning/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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GDL-Streik bei der Bahn - Papenburg

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