Seit etwas mehr als einem Jahr ist das Wirtschafts-Deutsch um einen Begriff reicher: Schokoflation. Das steht für eine Preisexplosion bei Schokolade. Beispiel Milka. Dort hob Hersteller Mondelez den empfohlenen Verkaufspreis von 1,49 auf 1,99 Euro an und schrumpfte gleichzeitig den Packungsinhalt von 100 auf 90 Gramm. Die Folge: Weniger Inhalt zu einem höheren Preis.
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Laut der Organisation Foodwatch summierte sich das zu einer Preiserhöhung um 48 Prozent. Dafür verlieh Foodwatch in diesem Sommer den Negativpreis Goldener Windbeutel für die "dreisteste Werbelüge des Jahres", so die Organisation. Auch andere Hersteller legten bei ihren Preisen deutlich zu und greifen teilweise zu Mogelpackungen.
Kakaopreis weit über dem langjährigen Schnitt
Sie begründen dies unter anderem mit teurem Kakao. Der Preis pro Tonne liegt derzeit bei rund 5.000 bis 6.000 Dollar. Das ist weit über dem langjährigen Durchschnitt. Ein Grund sind schlechte Ernten in wichtigen afrikanischen Erzeugerländern wie Ghana und der Elfenbeinküste.
Dahinter stecken nach Einschätzung von Fachleuten gleich mehrere Faktoren: So habe man in diesen Anbauländern kaum in die Plantagen investiert, viele der dortigen Kakaobäume seien alt und anfällig für Krankheiten. Dazu kommen die Folgen des Klimawandels, die die empfindlichen Pflanzen treffen.
Etwas ausgeglichen wird dies durch bessere Ernten in südamerikanischen Ländern wie Ecuador, Kolumbien und Peru. Mit einer deutlichen Entspannung beim Kakaopreis rechnen allerdings die wenigsten Analysten. Dafür sei die globale Nachfrage zu hoch. Dazu kommen Spekulationen an den internationalen Rohstoffbörsen, die für Preisausschläge sorgen. Auch deswegen sprach der Chef des Herstellers Ritter Sport, Andreas Ronken, zuletzt von einer veritablen Schokoladenkrise.
Rabattschlacht vor Weihnachten
Um zumindest einen Teil des Jahresabsatzes zu retten, setzten Handel und Hersteller in den Wochen vor Weihnachten auf massive Rabatte. Einzelhandelsriesen wie Kaufland, Rewe und Edeka boten Marken wie Milka mit Nachlässen von bis zu 50 Prozent an.
In einem zweiten Schritt zogen mit Aldi und Lidl die beiden größten deutschen Discounter nach und warfen Milka-Schokolade rund 60 Prozent vergünstigt auf den Markt. Lidl bot die Standardtafel für 79 Cent an, was Aldi Nord und Süd mit 77 Cent noch einmal unterboten. Das sind allerdings Sonderaktionen, die nichts am grundsätzlich hohen Preisniveau ändern.
Kostenfaktor Löhne
Deutlich entspannter sieht Andreas Mohrs die Situation. Er betreibt im oberbayerischen Taufkirchen die Firma Chocion. Unter dem Markennamen Wildbach beliefert er außerdem Konditoreien und andere Süßwarenhersteller mit Schokolade. Pro Jahr verarbeitet Mohrs nach eigenen Angaben rund 100 Tonnen Kakao, den er überwiegend von Kleinbauern aus Südamerika bezieht. Dafür habe er schon immer höhere Preise bezahlt als für den Standardkakao, wie er zum Beispiel an der Londoner Börse gehandelt wird.
Die Kostensprünge haben ihn also kaum getroffen. Doch auch er hat im vergangenen Jahr die Preise erhöht. Im Schnitt sei es um acht Prozent nach oben gegangen. Dafür seien aber nicht die Schwankungen am Kakaomarkt verantwortlich, sondern vor allem die Entwicklung der hiesigen Lohnkosten. Grundsätzlich stellt aber auch Mohrs eine Zurückhaltung bei den Kunden fest. Gerade vor Ostern oder jetzt in der Vorweihnachtszeit sei die Nachfrage geringer als in den Jahren zuvor.
Billiger muss nicht schlecht sein
Neben dem Preis ist für viele Verbraucher auch wichtig, unter welchen Umständen Produkte hergestellt wurden. Und da schneiden bei der Schokolade offenbar bekannte Marken nicht unbedingt besser ab als günstige Wettbewerber.
So hat die Verbraucherzentrale Hamburg 19 Vollmilchschokoladen unter Umwelt- und Fair-Trade-Kriterien unter die Lupe genommen. Demnach haben fünf vergleichsweise billige Eigenmarken von Handelskonzernen ein Fairtrade-Siegel für den verwendeten Kakao getragen. Dagegen habe es hier ausgerechnet beim teuersten Produkt, einer Tafel des Schweizer Lindt-Konzerns Defizite gegeben, so die Verbraucherschützer. Diese vergleichsweise hochpreisige Schokolade trage nur das Label eines firmeneigenen Programms.
Grundsätzlich hat die Verbraucherzentrale auf ihren Seiten im Netz (externer Link) zahlreiche Fakten und Tipps rund um das Thema Schokolade gesammelt.
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