Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie beklagen die Störung weltweiter Lieferketten, hohe Energiepreise und gestiegene Arbeitskosten.
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Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie beklagen die Störung weltweiter Lieferketten, hohe Energiepreise und gestiegene Arbeitskosten.

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Umfrage: Miese Stimmung in der Metall- und Elektroindustrie

Umfrage: Miese Stimmung in der Metall- und Elektroindustrie

Die Metall- und Elektroindustrie in Mittel- und Oberfranken geht auf dem Zahnfleisch. Laut einer Umfrage sehen die Unternehmen pessimistisch in die Zukunft. Fachkräftemangel, Bürokratie und hohe Kosten sorgen für Verunsicherung.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Die Stimmung in der mittel- und oberfränkischen Metall- und Elektroindustrie hat sich im vergangenen halben Jahr weiter deutlich eingetrübt. Zu diesem Ergebnis kommt der Bayerische Unternehmensverband Metall und Elektro e. V. (bayme) in seiner Winter-Konjunkturumfrage. Die Erwartungen für die kommenden Monate seien verhalten, es gebe immer weniger Aufträge, heißt es.

Mehrheit der Unternehmen ist pessimistisch

Die schwelende Haushaltskrise, hohe Energiekosten und überbordende Bürokratie verunsichern die Unternehmen, so Jens Böhlke, Verbandsvorstand der Region Nürnberg-Fürth-Erlangen. "Wir brauchen dringend eine verlässliche Standortpolitik, um eine De-Industrialisierung zu verhindern", sagt Böhlke.

Laut der Konjunkturumfrage beurteilen in Mittelfranken nur noch knapp 16 Prozent der Metall- und Elektrounternehmen in Mittelfranken die aktuelle Lage als gut. Die Mehrheit der Unternehmen erwartet demnach auch keine Besserung in den kommenden Monaten.

Bürokratie bremste Unternehmen aus

Auch das Medizintechnikunternehmen "Peter Brehm GmbH" in Weisendorf im Landkreis Erlangen-Höchstadt hadert mit der aktuellen Situation. "Wir haben natürlich mit vielen Belastungen in der Metall- und Elektroindustrie zu kämpfen, weltweite Lieferketten sind gestört, Energiepreise sind hoch und die Arbeitskosten sind in den letzten Jahren enorm gestiegen", sagt Geschäftsführer Oliver Brehm. Dazu kämen steuerliche Belastungen, Fachkräftemangel und bürokratische Hürden.

Rund dreieinhalb Millionen Euro musste das Unternehmen laut Brehm in den vergangenen Jahren investieren, um sämtliche bürokratische Anforderungen zu erfüllen. Geld, das jetzt für Forschung und Entwicklung fehlt, so der Geschäftsführer: "In einem kleinen Unternehmen ist es so, dass Sie sich als Chef auch um die Produkte und um die Kunden kümmern müssen. Idealerweise machen Sie das sogar überwiegend." Doch die Bürokratie verhindere das. "Wir kümmern uns gerade viel mehr um Dokumentation, um die Beachtung von irgendwelchen Richtlinien und Verordnungen, die aus Europa kommen, als um die Innovation per se, also das, was wir eigentlich tun sollten", so die Kritik.

Grundsätzlich herrsche in der Branche das Gefühl, dass die Politik den Unternehmern nicht mehr zuhört. "Sie wollen nicht mehr verstehen, was eigentlich das Problem ist, sie sprechen nicht mehr mit uns und da drückt eigentlich der Schuh", sagt Oliver Brehm.

Standort in Gefahr

Laut bayme ist die Investitionsbereitschaft der Metall- und Elektrobetriebe in Mittel- und Oberfranken derzeit sehr verhalten. Wenn, dann werde das Geld vor allem für Ersatzbeschaffungen ausgegeben. Das sei ein "gefährlicher Mix für unseren Standort", heißt es vom Verband. Laut Umfrage gibt mehr als die Hälfte (55 Prozent) der mittelfränkischen Metall- und Elektrobetriebe an, dass sich die Standortbedingungen in den vergangenen beiden Jahren verschlechtert oder zumindest etwas verschlechtert hätten.

Ein Teil dieser Unternehmen hätte bereits Wertschöpfung ins Ausland verlagert. In ganz Bayern denken immer mehr Firmen über Produktionsverlagerungen nach. Mehr als 60 Prozent der entsprechenden Betriebe in Mittelfranken reduzieren in der Folge ihre Investitionstätigkeiten. Mehr als 30 Prozent setzen sie gar komplett aus. Die schlechte Stimmung in der Branche wirkt sich auch auf die Beschäftigung aus. Für das laufende Jahr rechnet der Verband damit, dass 2.000 Menschen weniger in der mittelfränkischen Metall- und Elektroindustrie beschäftigt sein werden.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich in Oberfranken. Auch hier öffne sich die Schere zu Gunsten der Auslandsstandorte weiter, sagt David Riemenschneider, Vorstandsmitglied des Bayerischen Unternehmensverbands Metall und Elektro in der Region Oberfranken West. Laut der Umfrage geben gut 46 Prozent der oberfränkischen Unternehmen an, dass sich in den letzten 24 Monaten die Standortbedingungen verschlechtert haben. Zwar habe in den vergangenen zwölf Monaten noch keines der befragten Unternehmen seine Tätigkeiten ins Ausland verlagert. Fast 39 Prozent planen dies jedoch, heißt es.

Stellenabbau: Rehau auf Sparkurs

Gleichzeitig sorgt die angespannte Marktlage dafür, dass Unternehmen sparen müssen, auch beim Personal. So baut der Kunststoffspezialist Rehau aus dem Landkreis Hof bundesweit Stellen ab. Davon bleiben auch Standorte in Franken, wie zum Beispiel in Erlangen-Eltersdorf, nicht verschont. Laut Uwe Böhlke, Chef von Rehau Industries, wurden in Deutschland bereits etwa ein Prozent der bisherigen Stellen gestrichen. In allen Fällen hätte das Unternehmen sozialverträgliche Lösungen gefunden. Die notwendigen Vereinbarungen seien bereits im Dezember 2023 geschlossen worden.

Zu den Gründen sagte Böhlke: "Kriege und internationale Konflikte sorgen für Verunsicherungen in den Märkten." Hinzu kämen wirtschaftliche Herausforderungen wie Preissteigerungen, fragile Lieferketten "und eine Investitionszurückhaltung in den meisten Branchen, in denen Rehau Industries vertreten ist", so der Rehau-Chef. Politische Unklarheiten wie beim Heizungsgesetz brächten zusätzliche Verunsicherung.

Fachkräftemangel weiter ein Riesenproblem

Laut den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie zählt die Metall- und Elektroindustrie 63.000 Beschäftigte in Oberfranken. Dabei bleibe eine große Herausforderung der Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel. Fast 80 Prozent der Unternehmen sähen dadurch ihre Produktions- und Geschäftstätigkeit beeinträchtigt.

Auch die "Peter Brehm GmbH" aus Weisendorf ringt um Arbeitskräfte. "Ich habe seit ungefähr einem Jahr acht Stellen in der Fertigung offen für Dreher und Fräser, die ich aktuell nicht besetzt bekomme. Das behindert mich auch in der Produktion, ganz klar", sagt Geschäftsführer Oliver Brehm. Sein Unternehmen habe bereits neue automatisierte Roboteranlagen bestellt, um den Personalmangel zu kompensieren und das Geschäft am Laufen zu halten.

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